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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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angesehen, ahnt nicht, daß unmittelbar dahinter die Wissenschaft ihren stillen
und behaglichen Wohnsitz aufgeschlagen hat. Wir meinen die Commerz¬
bibliothek, eine durch Auswahl und Reichhaltigkeit außerordentlich werthvolle
Büchersammlung. Die neuere allgemeine und Specialgeschichte, die verschiedenen
Zweige der Staatswissenschaft und der Volkswirthschaft, die Geographie und
die Reisen sind hier in einer seltenen Vollzähligkeit vertreten. Diese Bibliothek,
welche etwa 40,000 Bände zählt, gehört dem hamburgischen Kausmannsstande
unter Leitung der Commerzdeputation, und werden alljährlich zur Vervollstän¬
digung und Weiterführung nicht unbedeutende Summen darauf verwandt, die
Benutzung steht kostenfrei jedem Hiesigen und durch deren Vermittlung auch
Auswärtigen offen; sie bleibt indeß weit unter dem, was sie sein sollte. Der
Kaufmann aber, dem es darum zu thun ist, für seine Hanvlungsunternehmungen
nach nahen oder entfernten Gegenden sich Auskunft zu verschaffen, oder wer
sonst aus dem Gebiete des modernen Staats- und Culturlebens nach Belehrung
sucht, wird sich selten vergeblich an diese Bibliothek gewandt haben.




Die schwedische Kirche.

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I. II. Ilion-Mllor (gegenwärtig Bischof von Lund) 0in Lvenslii, l^illius voll 81a-
lulis "nxelü^oiilte^r. 8".oeKImIi>i

Die schwedische Kirche ist Staatskirche: ihr Oberhaupt ist der König,
der mit dem Reichstage die oberst? kirchliche Gewalt ausübt. Eine Abänderung
der bestehenden Kirchenverfassung und Kirchenlehre kann nur dann erfolgen,
wenn dieselbe vom König bei dem Reichstage beantragt, von dem Reichstage
berathen und angenommen und von dem Könige sanctionirt ist. Ohne Er¬
laubniß des Königs darf in den Neligionsbüchern, in dem Katechismus, in
der Liturgie nichts geändert werden.

An der Spitze der schwedischen Geistlichkeit stehen der Erzbischof von Up-
sala und elf Bischöfe. Der Erzbischof hat keine Macht über die übrigen Bi¬
schöfe, er ist primus inter pares und verwaltet nur seinen Sprengel von Up-
sala. Der einzige Vorzug, den die Verfassung ihm verleiht, ist der Vorsitz,
den er in der geistlichen Kammer, einer der vier Kammern des Reichstags,
führt. Dem Herkommen gemäß salbt er den König und vollzieht die Taufen,
Heirathen und Begräbnisse in der königlichen Familie. Vermöge seines Ein¬
flusses in der geistlichen Kammer ist er mehr eine politische als eine geistliche
Person; bei seiner Ernennung handelt es sich vor allem darum, ob er befähigt


angesehen, ahnt nicht, daß unmittelbar dahinter die Wissenschaft ihren stillen
und behaglichen Wohnsitz aufgeschlagen hat. Wir meinen die Commerz¬
bibliothek, eine durch Auswahl und Reichhaltigkeit außerordentlich werthvolle
Büchersammlung. Die neuere allgemeine und Specialgeschichte, die verschiedenen
Zweige der Staatswissenschaft und der Volkswirthschaft, die Geographie und
die Reisen sind hier in einer seltenen Vollzähligkeit vertreten. Diese Bibliothek,
welche etwa 40,000 Bände zählt, gehört dem hamburgischen Kausmannsstande
unter Leitung der Commerzdeputation, und werden alljährlich zur Vervollstän¬
digung und Weiterführung nicht unbedeutende Summen darauf verwandt, die
Benutzung steht kostenfrei jedem Hiesigen und durch deren Vermittlung auch
Auswärtigen offen; sie bleibt indeß weit unter dem, was sie sein sollte. Der
Kaufmann aber, dem es darum zu thun ist, für seine Hanvlungsunternehmungen
nach nahen oder entfernten Gegenden sich Auskunft zu verschaffen, oder wer
sonst aus dem Gebiete des modernen Staats- und Culturlebens nach Belehrung
sucht, wird sich selten vergeblich an diese Bibliothek gewandt haben.




Die schwedische Kirche.

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Die schwedische Kirche ist Staatskirche: ihr Oberhaupt ist der König,
der mit dem Reichstage die oberst? kirchliche Gewalt ausübt. Eine Abänderung
der bestehenden Kirchenverfassung und Kirchenlehre kann nur dann erfolgen,
wenn dieselbe vom König bei dem Reichstage beantragt, von dem Reichstage
berathen und angenommen und von dem Könige sanctionirt ist. Ohne Er¬
laubniß des Königs darf in den Neligionsbüchern, in dem Katechismus, in
der Liturgie nichts geändert werden.

An der Spitze der schwedischen Geistlichkeit stehen der Erzbischof von Up-
sala und elf Bischöfe. Der Erzbischof hat keine Macht über die übrigen Bi¬
schöfe, er ist primus inter pares und verwaltet nur seinen Sprengel von Up-
sala. Der einzige Vorzug, den die Verfassung ihm verleiht, ist der Vorsitz,
den er in der geistlichen Kammer, einer der vier Kammern des Reichstags,
führt. Dem Herkommen gemäß salbt er den König und vollzieht die Taufen,
Heirathen und Begräbnisse in der königlichen Familie. Vermöge seines Ein¬
flusses in der geistlichen Kammer ist er mehr eine politische als eine geistliche
Person; bei seiner Ernennung handelt es sich vor allem darum, ob er befähigt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/157>, abgerufen am 27.07.2024.