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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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kann nicht blockirt werden, wie dies in Hinsicht auf Kronstäbe un¬
möglich ist. Dieser Unterschied zwischen einer blockirbaren und unblockirbarcn
Insel ist sehr wichtig in militärischer Beziehung und hat nicht selten politisch
entschieden. Sicilien ist, wegen der besonderen Beschaffung der Meer¬
enge von Messtna eine blockirbare Insel, und die französische Herrschaft hat
aus diesem Grunde während der napoleonischen Epoche nie hinüber zu greifen
vermocht. Um indeß die Bedeutung an einem näher gelegenen Beispiel zu
erörtern führe ich Seeland und Fünen an. Die dänische Insel Fünen ist
unblockirbar, weil der kleine Belt, von beiden Ufern her, wirksam unter Feuer
genommen werden kann. Seeland dagegen kann blockirt werden, und hat sich
zu mehren Malen in dieser Lage befunden. Läge Kopenhagen aus Fünen,
so würden , die Engländer im Jahre 1807 nicht die Auslieferung der dänischen
Flotte haben erzwingen können, denn, um ihren Gewaltmitteln zu begegnen,
wäre eS für Napoleon I. ein Leichtes gewesen, ein Armeecorps über die Meer¬
enge zu werfen. Allein auf Seeland gelegen war die Hauptstadt in isolirter
Stellung. Während die Hauptflotte der Briten im Sunde ankerte, hielten
Fregatten das Eiland umstellt; ein Succurs war unmöglich. Es kann
für die Zukunft füglich der Erörterung unterworfen werden, ob Seeland auch
von Schweden abzusperren ist, da der Sund von beiden Ufern her durch gemein¬
sames Feuer zu beherrschen ist. Aber bis jetzt beruht noch aus der traditionell
gewordenen Blockirbarkeit Seelands die Abhängigkeit, in welcher das dänische
Cabinet sich vom britischen befindet. Vier britische nach dem großen Belt
beorderte Linienschiffe heben den Zusammenhang der von Kopenhagen aus
regierten Monarchie auf, und diese Verhältnisse werden für alle Zeiten blei¬
bende sein.

Rügen, wie gesagt, gehört zu den auch von der stärksten Seemacht nicht
zu blöckirenden Inseln, oder mit anderen Worten: sein Zusammenhang mit
dem Festland ist ein durch das preußische Geschütz gesicherter. Wäre dem
nicht so, so müßte das Vorhaben, hier den ersten Kriegshafen des Reichs
anzulegen von Grund aus getadelt werden. Aber aus der insularen Lage des
zu errichtenden SeeetablissementS entspringen immerhin Schwierigkeiten genug.
Zunächst ist zu berücksichtigen, daß die nothwendige Ueberschiffung jeden Trans¬
port vom Festlande zum Hafen hin, oder von diesem zu jenem zurück, aus¬
nehmend erschwert. Sodann findet eine feindliche Landung zum Behuf der
Ueberwältigung eines Kriegshafens auf einer Insel einen so zu sagen durch
die Natur vorbereiteten Abschnitt vor. Sie ist auf einer Insel leichter aus¬
zuführen, als wenn jener Hafen auf dem Festland gelegen wäre, indem der
Feind hier Aussicht hat, sich des Eilands zu bemächtigen, ehe die Verthei¬
digung eine erdrückende Uebermacht hinüber zu werfen vermag. Die Schwierig¬
keiten, welche die Vertheidigung der Krim unh Sebastopols für Rußland hatten,


kann nicht blockirt werden, wie dies in Hinsicht auf Kronstäbe un¬
möglich ist. Dieser Unterschied zwischen einer blockirbaren und unblockirbarcn
Insel ist sehr wichtig in militärischer Beziehung und hat nicht selten politisch
entschieden. Sicilien ist, wegen der besonderen Beschaffung der Meer¬
enge von Messtna eine blockirbare Insel, und die französische Herrschaft hat
aus diesem Grunde während der napoleonischen Epoche nie hinüber zu greifen
vermocht. Um indeß die Bedeutung an einem näher gelegenen Beispiel zu
erörtern führe ich Seeland und Fünen an. Die dänische Insel Fünen ist
unblockirbar, weil der kleine Belt, von beiden Ufern her, wirksam unter Feuer
genommen werden kann. Seeland dagegen kann blockirt werden, und hat sich
zu mehren Malen in dieser Lage befunden. Läge Kopenhagen aus Fünen,
so würden , die Engländer im Jahre 1807 nicht die Auslieferung der dänischen
Flotte haben erzwingen können, denn, um ihren Gewaltmitteln zu begegnen,
wäre eS für Napoleon I. ein Leichtes gewesen, ein Armeecorps über die Meer¬
enge zu werfen. Allein auf Seeland gelegen war die Hauptstadt in isolirter
Stellung. Während die Hauptflotte der Briten im Sunde ankerte, hielten
Fregatten das Eiland umstellt; ein Succurs war unmöglich. Es kann
für die Zukunft füglich der Erörterung unterworfen werden, ob Seeland auch
von Schweden abzusperren ist, da der Sund von beiden Ufern her durch gemein¬
sames Feuer zu beherrschen ist. Aber bis jetzt beruht noch aus der traditionell
gewordenen Blockirbarkeit Seelands die Abhängigkeit, in welcher das dänische
Cabinet sich vom britischen befindet. Vier britische nach dem großen Belt
beorderte Linienschiffe heben den Zusammenhang der von Kopenhagen aus
regierten Monarchie auf, und diese Verhältnisse werden für alle Zeiten blei¬
bende sein.

Rügen, wie gesagt, gehört zu den auch von der stärksten Seemacht nicht
zu blöckirenden Inseln, oder mit anderen Worten: sein Zusammenhang mit
dem Festland ist ein durch das preußische Geschütz gesicherter. Wäre dem
nicht so, so müßte das Vorhaben, hier den ersten Kriegshafen des Reichs
anzulegen von Grund aus getadelt werden. Aber aus der insularen Lage des
zu errichtenden SeeetablissementS entspringen immerhin Schwierigkeiten genug.
Zunächst ist zu berücksichtigen, daß die nothwendige Ueberschiffung jeden Trans¬
port vom Festlande zum Hafen hin, oder von diesem zu jenem zurück, aus¬
nehmend erschwert. Sodann findet eine feindliche Landung zum Behuf der
Ueberwältigung eines Kriegshafens auf einer Insel einen so zu sagen durch
die Natur vorbereiteten Abschnitt vor. Sie ist auf einer Insel leichter aus¬
zuführen, als wenn jener Hafen auf dem Festland gelegen wäre, indem der
Feind hier Aussicht hat, sich des Eilands zu bemächtigen, ehe die Verthei¬
digung eine erdrückende Uebermacht hinüber zu werfen vermag. Die Schwierig¬
keiten, welche die Vertheidigung der Krim unh Sebastopols für Rußland hatten,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/100>, abgerufen am 28.07.2024.