Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

entsprangen besonders aus der Halbinselnatur deS Terrains. Es kommt
Preußen bei seinem Projekt allerdings zu statten, daß ein so bedeutender
Waffenplatz wie Stralsund unmittelbar am Gellen sich schon vorfindet. Um
indeß allen Eventualitäten gewachsen zu sein, wird man nicht unterlassen
dürfen, einen ähnlichen auf Rügen selbst, im dichtesten Gegenüber, zu errichten.
Die im Jahre 185i bei Altfähr aufgeworfenen leichten Schanzen sind nur als
Nothbehelf anzusehen und entsprechen durchaus nicht ausreichend ihrem Zweck.

Es ist auffallend, daß unter den Oertlichkeiten, welche rücksichtlich der
Anlage eines KriegShafens auf Rügen in Betracht gezogen wurden, deS jas-
munder Boddens ziemlich spät gedacht wurde. Lange Zeit schienen die Blicke
der Regierung lediglich auf die Halbinsel Mönchguth gerichtet zu sein- Der
sogenannte Sellinersee d. h. ein Meerbusen, der durch einen Seearm, "die
Having", mit dem rügener Bodden und durch diesen mit dem Meere commu-
nicirt, sollte zum Kriegshafen eingerichtet werden. Zu dem Ende wollte man
den Isthmus, welcher ihn vom freien Meere trennt, durchstechen, und sich
dadurch eine neue und unmittelbare Ausfahrt zu diesem eröffnen. Da nun
die Küste auf eine Ausdehnung von einer Viertelmeile an der betreffenden
Stelle sehr seicht ist, so würde der Durchstich zugleich Ausbaggerungen und
Molenbauten erfordert haben, die sehr beträchtliche Kosten erheischt hätten, ganz
abgesehen von denen, welche die Durchgrabung selber beanspruchen mußte.
Denn der hier in Rede stehende Isthmus ist nicht flach, sondern eS streicht
ein turmartiger Höhenzug nach dem Meere gewendet über ihn hin, dessen
Kamm sich mehr als hundert Fuß über dem Seespiegel erhebt. -- Man dachte,
wenn wir in diesem Punkte gut unterrichtet sind, sodann an den kleinen
jasmunder Bodden. Derselbe nimmt den äußersten Hintergrund des vorer¬
wähnten großen, tief ins Innere der Insel einschneidenden Meerbusens ein,
und wird, ähnlich wie der Sellinersee, durch eine Landenge, welche "schmale
Herde" heißt, vom prorer Wiek, (einem offenen Seebusen), geschieden. Dieser
Landenge liegt nach dem Meere hin ein breites Riff vor, welches, wie in
dem ersteren Falle, ein nUr mit großen Kosten zu überwindendes Hinderniß
gebildet haben würde. Außerdem würden im jaSmunder Bodden bedeutende
Baggerungen haben ausgeführt werden müssen, indem die für große Schiffe
nothwendige Tiefe ihm an den meisten Stellen mangelt. Der Gedanke? war
nur wenig glücklicher wie der, den Sellinersee zum Kriegsbasstn umzuschaffen,
und wenn die Negierung ihn wirklich gehegt, muß man ihr auch hier Glück
wünschen, daß sie ihn so schnell wieder fallen lassen.

Der große jasmunder Bodden hat eine ähnliche Lage wie der kleine.
Nur eine schmale Landenge, die Schaabe, trennt ihn vom tromper Wiek,
einem Busen der offenen See. Der Boden hat hier Riffe und das Meer
hat Sandbänke zusammengespült. Das letztere tritt mit einer bedeutenden


entsprangen besonders aus der Halbinselnatur deS Terrains. Es kommt
Preußen bei seinem Projekt allerdings zu statten, daß ein so bedeutender
Waffenplatz wie Stralsund unmittelbar am Gellen sich schon vorfindet. Um
indeß allen Eventualitäten gewachsen zu sein, wird man nicht unterlassen
dürfen, einen ähnlichen auf Rügen selbst, im dichtesten Gegenüber, zu errichten.
Die im Jahre 185i bei Altfähr aufgeworfenen leichten Schanzen sind nur als
Nothbehelf anzusehen und entsprechen durchaus nicht ausreichend ihrem Zweck.

Es ist auffallend, daß unter den Oertlichkeiten, welche rücksichtlich der
Anlage eines KriegShafens auf Rügen in Betracht gezogen wurden, deS jas-
munder Boddens ziemlich spät gedacht wurde. Lange Zeit schienen die Blicke
der Regierung lediglich auf die Halbinsel Mönchguth gerichtet zu sein- Der
sogenannte Sellinersee d. h. ein Meerbusen, der durch einen Seearm, „die
Having", mit dem rügener Bodden und durch diesen mit dem Meere commu-
nicirt, sollte zum Kriegshafen eingerichtet werden. Zu dem Ende wollte man
den Isthmus, welcher ihn vom freien Meere trennt, durchstechen, und sich
dadurch eine neue und unmittelbare Ausfahrt zu diesem eröffnen. Da nun
die Küste auf eine Ausdehnung von einer Viertelmeile an der betreffenden
Stelle sehr seicht ist, so würde der Durchstich zugleich Ausbaggerungen und
Molenbauten erfordert haben, die sehr beträchtliche Kosten erheischt hätten, ganz
abgesehen von denen, welche die Durchgrabung selber beanspruchen mußte.
Denn der hier in Rede stehende Isthmus ist nicht flach, sondern eS streicht
ein turmartiger Höhenzug nach dem Meere gewendet über ihn hin, dessen
Kamm sich mehr als hundert Fuß über dem Seespiegel erhebt. — Man dachte,
wenn wir in diesem Punkte gut unterrichtet sind, sodann an den kleinen
jasmunder Bodden. Derselbe nimmt den äußersten Hintergrund des vorer¬
wähnten großen, tief ins Innere der Insel einschneidenden Meerbusens ein,
und wird, ähnlich wie der Sellinersee, durch eine Landenge, welche „schmale
Herde" heißt, vom prorer Wiek, (einem offenen Seebusen), geschieden. Dieser
Landenge liegt nach dem Meere hin ein breites Riff vor, welches, wie in
dem ersteren Falle, ein nUr mit großen Kosten zu überwindendes Hinderniß
gebildet haben würde. Außerdem würden im jaSmunder Bodden bedeutende
Baggerungen haben ausgeführt werden müssen, indem die für große Schiffe
nothwendige Tiefe ihm an den meisten Stellen mangelt. Der Gedanke? war
nur wenig glücklicher wie der, den Sellinersee zum Kriegsbasstn umzuschaffen,
und wenn die Negierung ihn wirklich gehegt, muß man ihr auch hier Glück
wünschen, daß sie ihn so schnell wieder fallen lassen.

Der große jasmunder Bodden hat eine ähnliche Lage wie der kleine.
Nur eine schmale Landenge, die Schaabe, trennt ihn vom tromper Wiek,
einem Busen der offenen See. Der Boden hat hier Riffe und das Meer
hat Sandbänke zusammengespült. Das letztere tritt mit einer bedeutenden


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0101" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103768"/>
          <p xml:id="ID_300" prev="#ID_299"> entsprangen besonders aus der Halbinselnatur deS Terrains. Es kommt<lb/>
Preußen bei seinem Projekt allerdings zu statten, daß ein so bedeutender<lb/>
Waffenplatz wie Stralsund unmittelbar am Gellen sich schon vorfindet. Um<lb/>
indeß allen Eventualitäten gewachsen zu sein, wird man nicht unterlassen<lb/>
dürfen, einen ähnlichen auf Rügen selbst, im dichtesten Gegenüber, zu errichten.<lb/>
Die im Jahre 185i bei Altfähr aufgeworfenen leichten Schanzen sind nur als<lb/>
Nothbehelf anzusehen und entsprechen durchaus nicht ausreichend ihrem Zweck.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_301"> Es ist auffallend, daß unter den Oertlichkeiten, welche rücksichtlich der<lb/>
Anlage eines KriegShafens auf Rügen in Betracht gezogen wurden, deS jas-<lb/>
munder Boddens ziemlich spät gedacht wurde. Lange Zeit schienen die Blicke<lb/>
der Regierung lediglich auf die Halbinsel Mönchguth gerichtet zu sein- Der<lb/>
sogenannte Sellinersee d. h. ein Meerbusen, der durch einen Seearm, &#x201E;die<lb/>
Having", mit dem rügener Bodden und durch diesen mit dem Meere commu-<lb/>
nicirt, sollte zum Kriegshafen eingerichtet werden. Zu dem Ende wollte man<lb/>
den Isthmus, welcher ihn vom freien Meere trennt, durchstechen, und sich<lb/>
dadurch eine neue und unmittelbare Ausfahrt zu diesem eröffnen. Da nun<lb/>
die Küste auf eine Ausdehnung von einer Viertelmeile an der betreffenden<lb/>
Stelle sehr seicht ist, so würde der Durchstich zugleich Ausbaggerungen und<lb/>
Molenbauten erfordert haben, die sehr beträchtliche Kosten erheischt hätten, ganz<lb/>
abgesehen von denen, welche die Durchgrabung selber beanspruchen mußte.<lb/>
Denn der hier in Rede stehende Isthmus ist nicht flach, sondern eS streicht<lb/>
ein turmartiger Höhenzug nach dem Meere gewendet über ihn hin, dessen<lb/>
Kamm sich mehr als hundert Fuß über dem Seespiegel erhebt. &#x2014; Man dachte,<lb/>
wenn wir in diesem Punkte gut unterrichtet sind, sodann an den kleinen<lb/>
jasmunder Bodden. Derselbe nimmt den äußersten Hintergrund des vorer¬<lb/>
wähnten großen, tief ins Innere der Insel einschneidenden Meerbusens ein,<lb/>
und wird, ähnlich wie der Sellinersee, durch eine Landenge, welche &#x201E;schmale<lb/>
Herde" heißt, vom prorer Wiek, (einem offenen Seebusen), geschieden. Dieser<lb/>
Landenge liegt nach dem Meere hin ein breites Riff vor, welches, wie in<lb/>
dem ersteren Falle, ein nUr mit großen Kosten zu überwindendes Hinderniß<lb/>
gebildet haben würde. Außerdem würden im jaSmunder Bodden bedeutende<lb/>
Baggerungen haben ausgeführt werden müssen, indem die für große Schiffe<lb/>
nothwendige Tiefe ihm an den meisten Stellen mangelt. Der Gedanke? war<lb/>
nur wenig glücklicher wie der, den Sellinersee zum Kriegsbasstn umzuschaffen,<lb/>
und wenn die Negierung ihn wirklich gehegt, muß man ihr auch hier Glück<lb/>
wünschen, daß sie ihn so schnell wieder fallen lassen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_302" next="#ID_303"> Der große jasmunder Bodden hat eine ähnliche Lage wie der kleine.<lb/>
Nur eine schmale Landenge, die Schaabe, trennt ihn vom tromper Wiek,<lb/>
einem Busen der offenen See. Der Boden hat hier Riffe und das Meer<lb/>
hat Sandbänke zusammengespült.  Das letztere tritt mit einer bedeutenden</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0101] entsprangen besonders aus der Halbinselnatur deS Terrains. Es kommt Preußen bei seinem Projekt allerdings zu statten, daß ein so bedeutender Waffenplatz wie Stralsund unmittelbar am Gellen sich schon vorfindet. Um indeß allen Eventualitäten gewachsen zu sein, wird man nicht unterlassen dürfen, einen ähnlichen auf Rügen selbst, im dichtesten Gegenüber, zu errichten. Die im Jahre 185i bei Altfähr aufgeworfenen leichten Schanzen sind nur als Nothbehelf anzusehen und entsprechen durchaus nicht ausreichend ihrem Zweck. Es ist auffallend, daß unter den Oertlichkeiten, welche rücksichtlich der Anlage eines KriegShafens auf Rügen in Betracht gezogen wurden, deS jas- munder Boddens ziemlich spät gedacht wurde. Lange Zeit schienen die Blicke der Regierung lediglich auf die Halbinsel Mönchguth gerichtet zu sein- Der sogenannte Sellinersee d. h. ein Meerbusen, der durch einen Seearm, „die Having", mit dem rügener Bodden und durch diesen mit dem Meere commu- nicirt, sollte zum Kriegshafen eingerichtet werden. Zu dem Ende wollte man den Isthmus, welcher ihn vom freien Meere trennt, durchstechen, und sich dadurch eine neue und unmittelbare Ausfahrt zu diesem eröffnen. Da nun die Küste auf eine Ausdehnung von einer Viertelmeile an der betreffenden Stelle sehr seicht ist, so würde der Durchstich zugleich Ausbaggerungen und Molenbauten erfordert haben, die sehr beträchtliche Kosten erheischt hätten, ganz abgesehen von denen, welche die Durchgrabung selber beanspruchen mußte. Denn der hier in Rede stehende Isthmus ist nicht flach, sondern eS streicht ein turmartiger Höhenzug nach dem Meere gewendet über ihn hin, dessen Kamm sich mehr als hundert Fuß über dem Seespiegel erhebt. — Man dachte, wenn wir in diesem Punkte gut unterrichtet sind, sodann an den kleinen jasmunder Bodden. Derselbe nimmt den äußersten Hintergrund des vorer¬ wähnten großen, tief ins Innere der Insel einschneidenden Meerbusens ein, und wird, ähnlich wie der Sellinersee, durch eine Landenge, welche „schmale Herde" heißt, vom prorer Wiek, (einem offenen Seebusen), geschieden. Dieser Landenge liegt nach dem Meere hin ein breites Riff vor, welches, wie in dem ersteren Falle, ein nUr mit großen Kosten zu überwindendes Hinderniß gebildet haben würde. Außerdem würden im jaSmunder Bodden bedeutende Baggerungen haben ausgeführt werden müssen, indem die für große Schiffe nothwendige Tiefe ihm an den meisten Stellen mangelt. Der Gedanke? war nur wenig glücklicher wie der, den Sellinersee zum Kriegsbasstn umzuschaffen, und wenn die Negierung ihn wirklich gehegt, muß man ihr auch hier Glück wünschen, daß sie ihn so schnell wieder fallen lassen. Der große jasmunder Bodden hat eine ähnliche Lage wie der kleine. Nur eine schmale Landenge, die Schaabe, trennt ihn vom tromper Wiek, einem Busen der offenen See. Der Boden hat hier Riffe und das Meer hat Sandbänke zusammengespült. Das letztere tritt mit einer bedeutenden

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/101
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/101>, abgerufen am 28.07.2024.