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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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kriecht unter die Bank und läßt sich allda mit Füßen treten und hat ein
großes Geschrei, darzu dann das Volk haufenweis hinzuläuft; so fanget auch
der Herr von Mailand an sein Büchslein Herfürzuthun und läßt sich merken,
was ihm angelegen sei, nämlich mit seiner köstlichen Waar jedermann zu
dienen, daß man nicht so viel Geld heim trage, als man dahingebracht hat,

Bisweilen kommt auch ein Magister Leo mit seinen Macalepballen auf¬
gezogen, von deren Invention und Nutzbarkeit er ein paar Stunden tapfer
lügt und discurrirt, bis die Bauern anfangen den Seckel aufzuziehen, hat wol
etliche bestellt, die kommen und ihm abkaufen, geben für, sie seien ihm weit
nachgereiset, bis sie das Glück gehabt, daß sie ihn allda angetroffen, rühmen
die Waar hoch und köstlich, als welche sie richtig gefunden und oft probirt
haben. Welches Glücks dann andere auch in Acht nehmen, sind desto williger
zu kaufen, und ist der gute Herr noch so liberal, daß er einem jeden, so ihm
abkauft, noch ein Dütlein mit Wurmsamen verehrt, für seine Kinder: oder
hat sonsten etwas, so er für das Fieber, oder für das Zahnweh, oder für das
Sausen in den Ohren oder für einen andern Zufall zugibt, welches des Gelds
wol allein werth ist, ja es gäbe mancher wol viel darum, daß er es nur sehen
möchte.

Andere haben Affen, Meerkatzen, Murmelthiere, Kameele, oder andere
dergleichen fremde Thiere bei sich, oder auf ihren Bänken, daß sich das när¬
rische und fürwitzige Volks sammele, dieselbige zu sehen: etliche halten Trom-
men und Pfeifen, etliche Trommeten, und lassen bisweilen mit großem Feld¬
geschrei zusammenblasen, etliche haben andere Kurzweil, als daß sie Eier auf
einem ausgekenneltcn Stecken auf- und ablaufen lassen, mit allerhand Verän¬
derungen, darüber die Bauern Maul und Nasen aufsperren, und waS der¬
gleichen Gaukelei mehr mag sein, damit sie nur das Volk zusammenbringen
und sich eine Audienz verschaffen. Dieses aber sind nur gemeine Storger
und Landfahrer, welche auch oft seltsam anlaufen, und wenn sie allen ihren
Fleiß gethan haben, werden sie bisweilen mit Dreck von dem Platz getrieben,
oder müssen es ein ander Mal besser lernen anzustellen.

Die aber, so sich des Geschlechts Se. Pauli rühmen, kommen mit
größerem Ansehen aufgezogen, nämlich mit einer großen fliegenden Fahne,
darauf steht an der einen Seite Se. Paulus mit seinem Schwert, auf
der andern aber ein Haufen Schlangen, welche also gemalet sind, daß man sich
auch allda fürchtet, von ihnen gebissen zu werden. Da fängt man an den
Ursprung ihres Geschlechts zu erzählen, welcher Maßen Se. Paulus in der
Insel Malta von einer Otter gebissen worden, aber ohne Schaden, und wie
dieselbige Gnade hernach auf seine Nachkommen sei fortgepflanzet worden; da
hat man allerhand Proben gethan, da hat man auch allerhand Anfechtung
gehabt, aber allzeit die Oberhand behalten, da hat man Siegel und Brief


kriecht unter die Bank und läßt sich allda mit Füßen treten und hat ein
großes Geschrei, darzu dann das Volk haufenweis hinzuläuft; so fanget auch
der Herr von Mailand an sein Büchslein Herfürzuthun und läßt sich merken,
was ihm angelegen sei, nämlich mit seiner köstlichen Waar jedermann zu
dienen, daß man nicht so viel Geld heim trage, als man dahingebracht hat,

Bisweilen kommt auch ein Magister Leo mit seinen Macalepballen auf¬
gezogen, von deren Invention und Nutzbarkeit er ein paar Stunden tapfer
lügt und discurrirt, bis die Bauern anfangen den Seckel aufzuziehen, hat wol
etliche bestellt, die kommen und ihm abkaufen, geben für, sie seien ihm weit
nachgereiset, bis sie das Glück gehabt, daß sie ihn allda angetroffen, rühmen
die Waar hoch und köstlich, als welche sie richtig gefunden und oft probirt
haben. Welches Glücks dann andere auch in Acht nehmen, sind desto williger
zu kaufen, und ist der gute Herr noch so liberal, daß er einem jeden, so ihm
abkauft, noch ein Dütlein mit Wurmsamen verehrt, für seine Kinder: oder
hat sonsten etwas, so er für das Fieber, oder für das Zahnweh, oder für das
Sausen in den Ohren oder für einen andern Zufall zugibt, welches des Gelds
wol allein werth ist, ja es gäbe mancher wol viel darum, daß er es nur sehen
möchte.

Andere haben Affen, Meerkatzen, Murmelthiere, Kameele, oder andere
dergleichen fremde Thiere bei sich, oder auf ihren Bänken, daß sich das när¬
rische und fürwitzige Volks sammele, dieselbige zu sehen: etliche halten Trom-
men und Pfeifen, etliche Trommeten, und lassen bisweilen mit großem Feld¬
geschrei zusammenblasen, etliche haben andere Kurzweil, als daß sie Eier auf
einem ausgekenneltcn Stecken auf- und ablaufen lassen, mit allerhand Verän¬
derungen, darüber die Bauern Maul und Nasen aufsperren, und waS der¬
gleichen Gaukelei mehr mag sein, damit sie nur das Volk zusammenbringen
und sich eine Audienz verschaffen. Dieses aber sind nur gemeine Storger
und Landfahrer, welche auch oft seltsam anlaufen, und wenn sie allen ihren
Fleiß gethan haben, werden sie bisweilen mit Dreck von dem Platz getrieben,
oder müssen es ein ander Mal besser lernen anzustellen.

Die aber, so sich des Geschlechts Se. Pauli rühmen, kommen mit
größerem Ansehen aufgezogen, nämlich mit einer großen fliegenden Fahne,
darauf steht an der einen Seite Se. Paulus mit seinem Schwert, auf
der andern aber ein Haufen Schlangen, welche also gemalet sind, daß man sich
auch allda fürchtet, von ihnen gebissen zu werden. Da fängt man an den
Ursprung ihres Geschlechts zu erzählen, welcher Maßen Se. Paulus in der
Insel Malta von einer Otter gebissen worden, aber ohne Schaden, und wie
dieselbige Gnade hernach auf seine Nachkommen sei fortgepflanzet worden; da
hat man allerhand Proben gethan, da hat man auch allerhand Anfechtung
gehabt, aber allzeit die Oberhand behalten, da hat man Siegel und Brief


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/525>, abgerufen am 23.07.2024.