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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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welche mit Zwergverpachtung ebenso wie mit der eigentlichen Zwergwirthschaft
verbunden sind. Denn diese Erscheinung ist mehr noch Symptom als Ur¬
sache eines sinkenden Volkslebens und so lange dieses nicht gehoben ist, wird
gegen jenes vergebens operirt werden. --

Fast ebenso hartnäckig, aber bis jetzt erfolglos waren die Versuche der
Rechten, die Legislaturperiode der Kammern zu verlängern, und die Wiederkehr
der Sitzungen seltner zu machen; auch bei dem Angriff auf Art. 4 (Gleichheit
aller Preußen vor dem Gesetz; Aushebung der Standesvorrechte) hat sie eine
völlige Niederlage erlitten. Bei dieser Gelegenheit kam die oben schon er¬
wähnte Definition von der "wahren Gleichheit vor, welche der Erklärung von
dem Wesen "echter Toleranz" ebenbürtig zur Seite steht und ganz wie diese
an die geschmeidige Proteusnatur Stabköcher Logik erinnert. Daß durch Art. i-
keine sociale Nivellirung beabsichtigt ist, daß selbst einige Besonderheiten in
dem Privatrecht des hohen Adels, in der rechtlichen Stellung des Militärs,
der Beamten und namentlich der Richter sich damit vertragen, ist klar. Zweifel¬
haft ist bis jetzt fast nur, ob auch das Verbot des Landrechts gegen die Ehe
von Adligen mit Personen des niedern Bürgerstandes mit zu den aufgehobenen
Standesvorrechten gehört. Bei einem kürzlich in Ostpreußen vorgekommenen
Fall war eS der überzeugenden Beredtsamkeit des Appellationsgerichtsraths
Simson gelungen, das königsberger Obergericht zur Bejahung dieser Frage zu
veranlassen, während das Obertribunal bis jetzt daran festgehalten hat, daß
eine Beschränkung nicht als Standesvorrecht angesehen werden könnte.

Durch die Anstrengungen des Ministeriums ist Art. 103 und die daran
sich knüpfende Gemeindeordnung vom 1-1. März 1850 aus dem preußischen
Staatsrecht geschafft worden. Der genannte Artikel hatte, ausgehend von
der Ueberzeugung, daß eine solide und heilsame Freiheit ohne communale
Selbstständigkeit nicht denkbar sei, den Provinzen, Kreisen und Gemeinden
corporative Verfassung und Selbstregierung in ihren innern Angelegenheiten
verhießen, die Gemeindeordnung hatte diese Verheißungen erfüllt. Daß eS
nicht durchweg in der zweckmäßigsten Weise geschehen war, ist selbst von solchen
zugegeben worden, die dem Princip der Gemeindeordnung anhingen. Aber
die Mängel der Ausführung konnten kein Recht geben, über das ganze
Princip den Stab zu brechen, und am allerwenigsten, ein andres an seine
Stelle zu setzen, welches dem der Staatsverfassung, widerspricht. Das ist durch
die Reaciivirung der alten Kreis- und Provinzialstände geschehen, welche nach
Sistirung der noch gar nicht beendigten Einführung der Gemeindeordnung
und schon vor Aushebung derselben wie des Art. 103 durch die Kammern
(24. Mai 1833) von dem Minister des Innern den Oberpräsidenten sammt^
licher Provinzen (Circularerlaß vom A8. Mai 1831) befohlen worden war.
Es war dieses die bedeutungsvollste Maßregel, durch welche das Ministerium


welche mit Zwergverpachtung ebenso wie mit der eigentlichen Zwergwirthschaft
verbunden sind. Denn diese Erscheinung ist mehr noch Symptom als Ur¬
sache eines sinkenden Volkslebens und so lange dieses nicht gehoben ist, wird
gegen jenes vergebens operirt werden. —

Fast ebenso hartnäckig, aber bis jetzt erfolglos waren die Versuche der
Rechten, die Legislaturperiode der Kammern zu verlängern, und die Wiederkehr
der Sitzungen seltner zu machen; auch bei dem Angriff auf Art. 4 (Gleichheit
aller Preußen vor dem Gesetz; Aushebung der Standesvorrechte) hat sie eine
völlige Niederlage erlitten. Bei dieser Gelegenheit kam die oben schon er¬
wähnte Definition von der „wahren Gleichheit vor, welche der Erklärung von
dem Wesen „echter Toleranz" ebenbürtig zur Seite steht und ganz wie diese
an die geschmeidige Proteusnatur Stabköcher Logik erinnert. Daß durch Art. i-
keine sociale Nivellirung beabsichtigt ist, daß selbst einige Besonderheiten in
dem Privatrecht des hohen Adels, in der rechtlichen Stellung des Militärs,
der Beamten und namentlich der Richter sich damit vertragen, ist klar. Zweifel¬
haft ist bis jetzt fast nur, ob auch das Verbot des Landrechts gegen die Ehe
von Adligen mit Personen des niedern Bürgerstandes mit zu den aufgehobenen
Standesvorrechten gehört. Bei einem kürzlich in Ostpreußen vorgekommenen
Fall war eS der überzeugenden Beredtsamkeit des Appellationsgerichtsraths
Simson gelungen, das königsberger Obergericht zur Bejahung dieser Frage zu
veranlassen, während das Obertribunal bis jetzt daran festgehalten hat, daß
eine Beschränkung nicht als Standesvorrecht angesehen werden könnte.

Durch die Anstrengungen des Ministeriums ist Art. 103 und die daran
sich knüpfende Gemeindeordnung vom 1-1. März 1850 aus dem preußischen
Staatsrecht geschafft worden. Der genannte Artikel hatte, ausgehend von
der Ueberzeugung, daß eine solide und heilsame Freiheit ohne communale
Selbstständigkeit nicht denkbar sei, den Provinzen, Kreisen und Gemeinden
corporative Verfassung und Selbstregierung in ihren innern Angelegenheiten
verhießen, die Gemeindeordnung hatte diese Verheißungen erfüllt. Daß eS
nicht durchweg in der zweckmäßigsten Weise geschehen war, ist selbst von solchen
zugegeben worden, die dem Princip der Gemeindeordnung anhingen. Aber
die Mängel der Ausführung konnten kein Recht geben, über das ganze
Princip den Stab zu brechen, und am allerwenigsten, ein andres an seine
Stelle zu setzen, welches dem der Staatsverfassung, widerspricht. Das ist durch
die Reaciivirung der alten Kreis- und Provinzialstände geschehen, welche nach
Sistirung der noch gar nicht beendigten Einführung der Gemeindeordnung
und schon vor Aushebung derselben wie des Art. 103 durch die Kammern
(24. Mai 1833) von dem Minister des Innern den Oberpräsidenten sammt^
licher Provinzen (Circularerlaß vom A8. Mai 1831) befohlen worden war.
Es war dieses die bedeutungsvollste Maßregel, durch welche das Ministerium


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/510>, abgerufen am 22.12.2024.