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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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innern Werth des Buchs wesentlich, daß den praktischen Bedürfnissen so weit
Rechnung getragen wurde, als es geschehen konnte, ohne höhern Zwecken zu
schaden. Das Praktische eines wissenschaftlichen Werkes liegt nur darin, daß
der Zugang einer bestimmten Bildungsschicht so viel als möglich erleichtert
wird. Eine solche Rücksicht auf den Leser, über welche mitunter der deutsche
Gelehrtenstolz mitleidig die Achseln zuckte, erhöht stets den Werth eines histo¬
rischen Werks, denn das Buch ist nicht ein Monolog des Verfassers, sondern
ein Vortrag, der also wissen muß, zu wem er spricht. In dieser Beziehung
nun bestehen die Verbesserungen der zweiten Auflage in Folgendem. Zunächst
sind einzelne Partien der Geschichte, auf die früher nur hingewiesen war,
dies Mal ausführlicher behandelt, und die Anspielung ist durch die wirkliche
Erzählung ersetzt. Durch eine ausführliche Inhaltsangabe an den Seiten ist
es dem Leser leicht gemacht, sich zu orientiren, was früher in der That ziem¬
lich schwer war und was nicht unwesentlich ist, denn das Buch ist nicht blos
zur Lectüre, sondern ebenso zum Nachschlagen bestimmt. In Bezug auf
Münze, Maß und Zeitbestimmung hat der Verfasser den Vergleich mit den
modernen Begriffen erleichtert. Mit besonderer Befriedigung begrüßen wir
die chronologische Reform, und wenn in der zweiten Ausgabe die Jahreszahlen
der christlichen Aera noch in möglichst kleiner bescheidener Form an der Seite
stehen, so hoffen wir sie in der dritten Ausgabe im Tert zu finden, denn die
Jahreszahlen haben den Zweck, den Abstand der Zeiten und die Gleichzeitigkeit
zu versinnlichen, was beides durch die doppelte Rechnung nach Jahren Roms
und nach Olympiaden unmöglich wird.

Daß Mommsen bei seinen Verbesserungen auch auf den Stil Rücksicht
genommen hat, wird manchen Wunder nehmen, dem die Begriffe Stil und
Gelehrsamkeit so weit auseinanderliegen, wie Himmel und Erde. Indeß hat
sich diese Geringschätzung der Gelehrten gegen die Muttersprache mehr und
mehr gemildert; die Zahl der lateinisch geschriebenen Wörter wird kleiner, und
wenn man sich der deutschen Sprache bedient, so wird man sich wol bemühen
müssen, sie so gut zu schreiben als möglich. Uns Deutschen fällt das viel
schwerer, als den Engländern und Franzosen. Bei den Franzosen ist eS den
Gelehrten viel wichtiger, Zutritt zur ^Lsäömie tranyaiss zu finden, als zur
^okckvwik als insoriptians, mit andern Worten, viel wichtiger, in Beziehung
auf den Stil anerkannt zu werden, als auf das Wissen. Unsere Nachbarn
treiben es freilich darin viel zu weit, aber auch hier läßt sich eine richtige
Mittelstraße für Deutschland sowol denken als wünschen, denn die Verwil¬
derung unsers Stils ist ebenso von unsern Gelehrten, Philologen, Philosophen,
Juristen u. s. w. ausgegangen, als von den Dichtern; und von einem guten
Stil hängt doch noch mehr ab, als das grammatische Interesse. Mommsen
hat sehr richtig herausgefühlt, daß der Erfolg seines Werks mehr dem Künst-


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innern Werth des Buchs wesentlich, daß den praktischen Bedürfnissen so weit
Rechnung getragen wurde, als es geschehen konnte, ohne höhern Zwecken zu
schaden. Das Praktische eines wissenschaftlichen Werkes liegt nur darin, daß
der Zugang einer bestimmten Bildungsschicht so viel als möglich erleichtert
wird. Eine solche Rücksicht auf den Leser, über welche mitunter der deutsche
Gelehrtenstolz mitleidig die Achseln zuckte, erhöht stets den Werth eines histo¬
rischen Werks, denn das Buch ist nicht ein Monolog des Verfassers, sondern
ein Vortrag, der also wissen muß, zu wem er spricht. In dieser Beziehung
nun bestehen die Verbesserungen der zweiten Auflage in Folgendem. Zunächst
sind einzelne Partien der Geschichte, auf die früher nur hingewiesen war,
dies Mal ausführlicher behandelt, und die Anspielung ist durch die wirkliche
Erzählung ersetzt. Durch eine ausführliche Inhaltsangabe an den Seiten ist
es dem Leser leicht gemacht, sich zu orientiren, was früher in der That ziem¬
lich schwer war und was nicht unwesentlich ist, denn das Buch ist nicht blos
zur Lectüre, sondern ebenso zum Nachschlagen bestimmt. In Bezug auf
Münze, Maß und Zeitbestimmung hat der Verfasser den Vergleich mit den
modernen Begriffen erleichtert. Mit besonderer Befriedigung begrüßen wir
die chronologische Reform, und wenn in der zweiten Ausgabe die Jahreszahlen
der christlichen Aera noch in möglichst kleiner bescheidener Form an der Seite
stehen, so hoffen wir sie in der dritten Ausgabe im Tert zu finden, denn die
Jahreszahlen haben den Zweck, den Abstand der Zeiten und die Gleichzeitigkeit
zu versinnlichen, was beides durch die doppelte Rechnung nach Jahren Roms
und nach Olympiaden unmöglich wird.

Daß Mommsen bei seinen Verbesserungen auch auf den Stil Rücksicht
genommen hat, wird manchen Wunder nehmen, dem die Begriffe Stil und
Gelehrsamkeit so weit auseinanderliegen, wie Himmel und Erde. Indeß hat
sich diese Geringschätzung der Gelehrten gegen die Muttersprache mehr und
mehr gemildert; die Zahl der lateinisch geschriebenen Wörter wird kleiner, und
wenn man sich der deutschen Sprache bedient, so wird man sich wol bemühen
müssen, sie so gut zu schreiben als möglich. Uns Deutschen fällt das viel
schwerer, als den Engländern und Franzosen. Bei den Franzosen ist eS den
Gelehrten viel wichtiger, Zutritt zur ^Lsäömie tranyaiss zu finden, als zur
^okckvwik als insoriptians, mit andern Worten, viel wichtiger, in Beziehung
auf den Stil anerkannt zu werden, als auf das Wissen. Unsere Nachbarn
treiben es freilich darin viel zu weit, aber auch hier läßt sich eine richtige
Mittelstraße für Deutschland sowol denken als wünschen, denn die Verwil¬
derung unsers Stils ist ebenso von unsern Gelehrten, Philologen, Philosophen,
Juristen u. s. w. ausgegangen, als von den Dichtern; und von einem guten
Stil hängt doch noch mehr ab, als das grammatische Interesse. Mommsen
hat sehr richtig herausgefühlt, daß der Erfolg seines Werks mehr dem Künst-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/499>, abgerufen am 22.12.2024.