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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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im Hinterschiff. Es findet daher, abgesehen von dem Vorhandensein einer be¬
wegenden Maschinerie, welche indeß nicht im mindesten den sonstigen
Gebrauch der Segel einschränkt, zwischen dem Schrauben- und dem ge¬
wöhnlichen Segelschiff kein Unterschied statt im Arrangement der beiderseitigen
Bewaffnung und in ihrem Verholten beim Einzel- und Massengesecht. Der
Schrauber führt seine Hauptartillerie wie die SegelkriegSfahrzeugc auf den
Flanken, und kann nichts desto weniger in demselben Maße Spiegel und Bug
armiren- Seine für den Angriff und die Vertheidigung bestimmten Frontlinien
sind die Langseiten, und eben weil hier die Hauptmacht linear entwickelt ist,
wird er wie das Segelschiff bemüht sein, sie gegen ein enfilirendeS Feuer zu
schützen, was dadurch geschieht, daß er Vorder- und Hintertheil (Bug und
Spiegel) dem Gegner entzieht. So bestehen keine Schwierigkeiten, ein
Schraubenschiff mit anderen nur vom Winde abhängigen KriegS-
fahrzeugen in eine Schlachtlinie zu stellen. Im Gegentheil wird es
ihm leichter als jedem anderen Schiffe werden, diese Ordnung innezuhalten
und allen vorgeschriebenen Evolutionen zu folgen, indem eS, außer dem Hilfs¬
mittel deS Segels, noch das zweite, der vom Dampf bewegten Schraube, zur
Verfügung hat.

Um die Mitte der vierziger Jahre, wo die Schraubenmaschinen noch nicht
in demselben Maße, wie heute, vervollkommnet waren, machte man, namentlich
in Frankreich, geltend, die Hauptdifferenz zwischen dem Schrauber und Rad¬
dampfer sei, daß bei jenem die Dampfmaschinen nur als Aushilfe der
Segel und bei diesem umgekehrt die Segel nur als Aushilfe der
Dampfmaschinen dienen. Allein diese Unterscheidung hat sich in neuerer
Zeit so wenig festhalten lassen, als das von der französischen Marinecomission
im Jahre 1866 aufgestellte Princip, wonach man für den Dienst, der beson¬
dere Schnelligkeit verlangt, Radschiffe, und für den, der eine bedeutende
Artilleriekraft erheischt, Schraubenschiffe anwenden solle. Die ersteren segeln
nämlich heutzutage nicht schneller, als die letzteren.

Etwa vom Jahre ab werden auf den Werften Englands und Frank¬
reichs keine für das Gefecht bestimmte Fahrzeuge des RadsystemS mehr erbaut,
wenn auch kleinere Mariner das noch spater gethan haben. Heute steht
der Grundsatz fest, daß ein Kriegsdampfschiff nur ein Schrauben¬
schiff sein kann, und es läßt sich nicht absehen, daß er jemals er¬
schüttert werden könnte.

Wenn ich nach dieser Einleitung auf die Veränderungen übergehe, welche
durch den Sieg der Schraube in den größeren Kriegsmarinen Europas hervor¬
gerufen wurden, wollen Sie mir gestatten, zuvor aus den Zustand einzugehen,
in welchem die Neuerung das Flottenmaterial der Großmächte deS Oceans
vorfand. Dies ist nicht ohne einen Blick auf die Geschichte der Marine möglich.


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im Hinterschiff. Es findet daher, abgesehen von dem Vorhandensein einer be¬
wegenden Maschinerie, welche indeß nicht im mindesten den sonstigen
Gebrauch der Segel einschränkt, zwischen dem Schrauben- und dem ge¬
wöhnlichen Segelschiff kein Unterschied statt im Arrangement der beiderseitigen
Bewaffnung und in ihrem Verholten beim Einzel- und Massengesecht. Der
Schrauber führt seine Hauptartillerie wie die SegelkriegSfahrzeugc auf den
Flanken, und kann nichts desto weniger in demselben Maße Spiegel und Bug
armiren- Seine für den Angriff und die Vertheidigung bestimmten Frontlinien
sind die Langseiten, und eben weil hier die Hauptmacht linear entwickelt ist,
wird er wie das Segelschiff bemüht sein, sie gegen ein enfilirendeS Feuer zu
schützen, was dadurch geschieht, daß er Vorder- und Hintertheil (Bug und
Spiegel) dem Gegner entzieht. So bestehen keine Schwierigkeiten, ein
Schraubenschiff mit anderen nur vom Winde abhängigen KriegS-
fahrzeugen in eine Schlachtlinie zu stellen. Im Gegentheil wird es
ihm leichter als jedem anderen Schiffe werden, diese Ordnung innezuhalten
und allen vorgeschriebenen Evolutionen zu folgen, indem eS, außer dem Hilfs¬
mittel deS Segels, noch das zweite, der vom Dampf bewegten Schraube, zur
Verfügung hat.

Um die Mitte der vierziger Jahre, wo die Schraubenmaschinen noch nicht
in demselben Maße, wie heute, vervollkommnet waren, machte man, namentlich
in Frankreich, geltend, die Hauptdifferenz zwischen dem Schrauber und Rad¬
dampfer sei, daß bei jenem die Dampfmaschinen nur als Aushilfe der
Segel und bei diesem umgekehrt die Segel nur als Aushilfe der
Dampfmaschinen dienen. Allein diese Unterscheidung hat sich in neuerer
Zeit so wenig festhalten lassen, als das von der französischen Marinecomission
im Jahre 1866 aufgestellte Princip, wonach man für den Dienst, der beson¬
dere Schnelligkeit verlangt, Radschiffe, und für den, der eine bedeutende
Artilleriekraft erheischt, Schraubenschiffe anwenden solle. Die ersteren segeln
nämlich heutzutage nicht schneller, als die letzteren.

Etwa vom Jahre ab werden auf den Werften Englands und Frank¬
reichs keine für das Gefecht bestimmte Fahrzeuge des RadsystemS mehr erbaut,
wenn auch kleinere Mariner das noch spater gethan haben. Heute steht
der Grundsatz fest, daß ein Kriegsdampfschiff nur ein Schrauben¬
schiff sein kann, und es läßt sich nicht absehen, daß er jemals er¬
schüttert werden könnte.

Wenn ich nach dieser Einleitung auf die Veränderungen übergehe, welche
durch den Sieg der Schraube in den größeren Kriegsmarinen Europas hervor¬
gerufen wurden, wollen Sie mir gestatten, zuvor aus den Zustand einzugehen,
in welchem die Neuerung das Flottenmaterial der Großmächte deS Oceans
vorfand. Dies ist nicht ohne einen Blick auf die Geschichte der Marine möglich.


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[0483] im Hinterschiff. Es findet daher, abgesehen von dem Vorhandensein einer be¬ wegenden Maschinerie, welche indeß nicht im mindesten den sonstigen Gebrauch der Segel einschränkt, zwischen dem Schrauben- und dem ge¬ wöhnlichen Segelschiff kein Unterschied statt im Arrangement der beiderseitigen Bewaffnung und in ihrem Verholten beim Einzel- und Massengesecht. Der Schrauber führt seine Hauptartillerie wie die SegelkriegSfahrzeugc auf den Flanken, und kann nichts desto weniger in demselben Maße Spiegel und Bug armiren- Seine für den Angriff und die Vertheidigung bestimmten Frontlinien sind die Langseiten, und eben weil hier die Hauptmacht linear entwickelt ist, wird er wie das Segelschiff bemüht sein, sie gegen ein enfilirendeS Feuer zu schützen, was dadurch geschieht, daß er Vorder- und Hintertheil (Bug und Spiegel) dem Gegner entzieht. So bestehen keine Schwierigkeiten, ein Schraubenschiff mit anderen nur vom Winde abhängigen KriegS- fahrzeugen in eine Schlachtlinie zu stellen. Im Gegentheil wird es ihm leichter als jedem anderen Schiffe werden, diese Ordnung innezuhalten und allen vorgeschriebenen Evolutionen zu folgen, indem eS, außer dem Hilfs¬ mittel deS Segels, noch das zweite, der vom Dampf bewegten Schraube, zur Verfügung hat. Um die Mitte der vierziger Jahre, wo die Schraubenmaschinen noch nicht in demselben Maße, wie heute, vervollkommnet waren, machte man, namentlich in Frankreich, geltend, die Hauptdifferenz zwischen dem Schrauber und Rad¬ dampfer sei, daß bei jenem die Dampfmaschinen nur als Aushilfe der Segel und bei diesem umgekehrt die Segel nur als Aushilfe der Dampfmaschinen dienen. Allein diese Unterscheidung hat sich in neuerer Zeit so wenig festhalten lassen, als das von der französischen Marinecomission im Jahre 1866 aufgestellte Princip, wonach man für den Dienst, der beson¬ dere Schnelligkeit verlangt, Radschiffe, und für den, der eine bedeutende Artilleriekraft erheischt, Schraubenschiffe anwenden solle. Die ersteren segeln nämlich heutzutage nicht schneller, als die letzteren. Etwa vom Jahre ab werden auf den Werften Englands und Frank¬ reichs keine für das Gefecht bestimmte Fahrzeuge des RadsystemS mehr erbaut, wenn auch kleinere Mariner das noch spater gethan haben. Heute steht der Grundsatz fest, daß ein Kriegsdampfschiff nur ein Schrauben¬ schiff sein kann, und es läßt sich nicht absehen, daß er jemals er¬ schüttert werden könnte. Wenn ich nach dieser Einleitung auf die Veränderungen übergehe, welche durch den Sieg der Schraube in den größeren Kriegsmarinen Europas hervor¬ gerufen wurden, wollen Sie mir gestatten, zuvor aus den Zustand einzugehen, in welchem die Neuerung das Flottenmaterial der Großmächte deS Oceans vorfand. Dies ist nicht ohne einen Blick auf die Geschichte der Marine möglich. 60 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/483>, abgerufen am 22.12.2024.