Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.Vorrede zu dieser Uebersetzung. Petron wird für einen Liebling der soldatische" Für den Verfasser dieses merkwürdigen Buchs hat lange Zeit ein Titus Daß das unter dem Namen des Petron erhaltene Satyrikon nicht das Das größte der Bruchstücke, die von dem Satyrikon sich erhalten haben, Vorrede zu dieser Uebersetzung. Petron wird für einen Liebling der soldatische» Für den Verfasser dieses merkwürdigen Buchs hat lange Zeit ein Titus Daß das unter dem Namen des Petron erhaltene Satyrikon nicht das Das größte der Bruchstücke, die von dem Satyrikon sich erhalten haben, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103524"/> <p xml:id="ID_1383" prev="#ID_1382"> Vorrede zu dieser Uebersetzung. Petron wird für einen Liebling der soldatische»<lb/> Grazien erklärt und die triefäugigen, weinerlichen, „Dudeldunianer", die das<lb/> nicht einsehn, in dem renvmmiftischen Ton des damaligen jungen Deutschland<lb/> mit souveräner Verachtung abgefertigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1384"> Für den Verfasser dieses merkwürdigen Buchs hat lange Zeit ein Titus<lb/> Peironius gegolten, der im Jahr 66 bei Nero verdächtigt, durch Selbstmord<lb/> der Hinrichtung zuvorkam. Er gehörte zu den in der Geschichte nicht seltenen<lb/> Männern, die, nachdem sie ihre staatsmännische Begabung hinlänglich docu-<lb/> mentirt, sich mit Ostentation der Liederlichkeit ergeben, und den höchsten Ruhm<lb/> darein setzen, elegante Rou^s zu sein. Diesen Ruhm erreichte PetroniuS in<lb/> einem so hohem Grade, daß er an Neros Hofe für die erste Autorität in allem<lb/> galt, was das Raffinement des Lebensgenusses betraf, und von dem Kaiser<lb/> selbst als arbitsr elk^antiaruM stets um Rath befragt wurde. Seine bevor¬<lb/> zugte Stellung zog ihm jedoch den Neid anderer Höflinge zu, und ihre Intri¬<lb/> guen trieben ihn zu dem Entschluß, sich die Adern zu öffnen. Auch im Tode<lb/> bewies er dieselbe nachlässige Jmperturbavilität, die man im Leben so sehr an<lb/> ihm bewundert hatte. Er verzögerte sein Ende durch Anlegung' von Verbänden,<lb/> und füllte seine letzten Stunden mir Mahlzeit, Schlaf und Lectüre galanter<lb/> Gedichte. Sein Testament enthielt eine ciluciriicius seancla1en8e des Kaisers,<lb/> er sandte es Nero versiegelt zu, und zerbrach dann den Siegelring, damit er<lb/> niemanden in Gefahr brächte. So erzählt Tacitus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1385"> Daß das unter dem Namen des Petron erhaltene Satyrikon nicht das<lb/> hier beschriebene Testament sein kann, davon hat man sich schon längst über¬<lb/> zeugt. Ebensowenig ist die Identität des Verfassers mit dem von Tacitus ge¬<lb/> schilderten Petron zu erweisen: ja es ist möglich, daß der Name nur symbolisch<lb/> zur Bezeichnung des Inhalts gewählt worden ist, wie ein Kochbuch den Namen<lb/> des berühmten Schlemmers Apicius, eine Sammlung von moralischen Sprüchen<lb/> den Namen Cato führt. Dagegen darf nach der neuesten wissenschaftlichen<lb/> Untersuchung als erwiesen gelten, daß das Satyrikon ungefähr in der nero-<lb/> nischen Zeit geschrieben ist, und sicherlich -rührt es von einem den gebildeten<lb/> Ständen angehörigen Manne her. Wir dürfen es also unbedenklich bei Schil¬<lb/> derungen der damaligen Zustände als Quelle benutzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1386" next="#ID_1387"> Das größte der Bruchstücke, die von dem Satyrikon sich erhalten haben,<lb/> ist am spätesten (1662) zu Trau entdeckt worden; eS ist daS interessanteste,<lb/> eignet sich mit geringen Auslassungen zur Mittheilung, und hat eine gewisse<lb/> Abgeschlossenheit. Sein Gegenstand ist das Gastmahl eines Freigelassenen,<lb/> Trimalchio, der sich aus tiefster Niedrigkeit zum Besitz von Millionen auf¬<lb/> geschwungen hat, und nun in einer kleinern Stadt sich durch lächerliche und<lb/> geschmacklose Prahlerei mit seinem Reichthum prostituirt. Der Name Trimalchio,<lb/> der ungefähr so viel bedeutet als Erzzärtling, ist in der Absicht gewählt, den</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
Vorrede zu dieser Uebersetzung. Petron wird für einen Liebling der soldatische»
Grazien erklärt und die triefäugigen, weinerlichen, „Dudeldunianer", die das
nicht einsehn, in dem renvmmiftischen Ton des damaligen jungen Deutschland
mit souveräner Verachtung abgefertigt.
Für den Verfasser dieses merkwürdigen Buchs hat lange Zeit ein Titus
Peironius gegolten, der im Jahr 66 bei Nero verdächtigt, durch Selbstmord
der Hinrichtung zuvorkam. Er gehörte zu den in der Geschichte nicht seltenen
Männern, die, nachdem sie ihre staatsmännische Begabung hinlänglich docu-
mentirt, sich mit Ostentation der Liederlichkeit ergeben, und den höchsten Ruhm
darein setzen, elegante Rou^s zu sein. Diesen Ruhm erreichte PetroniuS in
einem so hohem Grade, daß er an Neros Hofe für die erste Autorität in allem
galt, was das Raffinement des Lebensgenusses betraf, und von dem Kaiser
selbst als arbitsr elk^antiaruM stets um Rath befragt wurde. Seine bevor¬
zugte Stellung zog ihm jedoch den Neid anderer Höflinge zu, und ihre Intri¬
guen trieben ihn zu dem Entschluß, sich die Adern zu öffnen. Auch im Tode
bewies er dieselbe nachlässige Jmperturbavilität, die man im Leben so sehr an
ihm bewundert hatte. Er verzögerte sein Ende durch Anlegung' von Verbänden,
und füllte seine letzten Stunden mir Mahlzeit, Schlaf und Lectüre galanter
Gedichte. Sein Testament enthielt eine ciluciriicius seancla1en8e des Kaisers,
er sandte es Nero versiegelt zu, und zerbrach dann den Siegelring, damit er
niemanden in Gefahr brächte. So erzählt Tacitus.
Daß das unter dem Namen des Petron erhaltene Satyrikon nicht das
hier beschriebene Testament sein kann, davon hat man sich schon längst über¬
zeugt. Ebensowenig ist die Identität des Verfassers mit dem von Tacitus ge¬
schilderten Petron zu erweisen: ja es ist möglich, daß der Name nur symbolisch
zur Bezeichnung des Inhalts gewählt worden ist, wie ein Kochbuch den Namen
des berühmten Schlemmers Apicius, eine Sammlung von moralischen Sprüchen
den Namen Cato führt. Dagegen darf nach der neuesten wissenschaftlichen
Untersuchung als erwiesen gelten, daß das Satyrikon ungefähr in der nero-
nischen Zeit geschrieben ist, und sicherlich -rührt es von einem den gebildeten
Ständen angehörigen Manne her. Wir dürfen es also unbedenklich bei Schil¬
derungen der damaligen Zustände als Quelle benutzen.
Das größte der Bruchstücke, die von dem Satyrikon sich erhalten haben,
ist am spätesten (1662) zu Trau entdeckt worden; eS ist daS interessanteste,
eignet sich mit geringen Auslassungen zur Mittheilung, und hat eine gewisse
Abgeschlossenheit. Sein Gegenstand ist das Gastmahl eines Freigelassenen,
Trimalchio, der sich aus tiefster Niedrigkeit zum Besitz von Millionen auf¬
geschwungen hat, und nun in einer kleinern Stadt sich durch lächerliche und
geschmacklose Prahlerei mit seinem Reichthum prostituirt. Der Name Trimalchio,
der ungefähr so viel bedeutet als Erzzärtling, ist in der Absicht gewählt, den
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