Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.Sünden zu Hilfe zu kommen, daß aber, was sie nicht zu verzehren vermag, Freilich hätten bessere Einrichtungen in Starik eine-- immerhin vorüber¬ Aber eS steht eine Garnison in Okna; -- was thun die tapfern Krieger Zwölf ewig lange Tage dauerte der Regen; das Gebirgswasser stieg zu Sünden zu Hilfe zu kommen, daß aber, was sie nicht zu verzehren vermag, Freilich hätten bessere Einrichtungen in Starik eine— immerhin vorüber¬ Aber eS steht eine Garnison in Okna; — was thun die tapfern Krieger Zwölf ewig lange Tage dauerte der Regen; das Gebirgswasser stieg zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103291"/> <p xml:id="ID_517" prev="#ID_516"> Sünden zu Hilfe zu kommen, daß aber, was sie nicht zu verzehren vermag,<lb/> recht passend zum Wohl der leidenden Menschheit -'verwendet' werden könnte.<lb/> Und sagen Dir, der Wahrheit gemäß, Deine Verwalter, es sei schon viel,<lb/> viel Gutes geschehen, — so erwiedere darauf: Nur immer noch mehr, die<lb/> Moldau hat noch viel Raum für gute Werke. Dies ist meine Bitte, heiliger<lb/> Spiridon, erhöre mich!" — Und eS rauschte in der Lust wie Zeitungsblätter,<lb/> die meine Fürbitte wiederholten.</p><lb/> <p xml:id="ID_518"> Freilich hätten bessere Einrichtungen in Starik eine— immerhin vorüber¬<lb/> gehende— Unannehmlichkeit; sie würden sich schwerlich ganz ohne Blutvergießen<lb/> durchsetzen lassen. Ein Weg führt, wie gesagt, vom Bade nicht weiter, aber<lb/> ein halsbrechender Fußsteg läuft über Felsmassen und schwindelerregende<lb/> Abgründe bis an die nahe Grenze von Siebenbürgen. Dieser Fußweg wird<lb/> von den Schleichhändlern benutzt, die mit ihren GebirgSpferden, welche an den<lb/> steilsten Abhängen wie Ziegen auf- und abklettern, in die Moldau steigen,<lb/> um statt des theuern östreichischen wohlfeiles moldauisches Salz zu lausen.<lb/> Aber diese Gesellen, die man auch während der Badesaison am hellen Tage<lb/> in den abenteuerlichsten Trachten vorüberziehen sieht, begnügen sich nicht mit<lb/> der Salzspeculation allein. Kaum sind die Badegäste fort — und die Kranken<lb/> machen sich deshalb aus Furcht alle zusammen mit Sack und Pack auf —<lb/> so kommen diese rüstigen Ausländer und brechen alles Eisenwerk von Thüren<lb/> und Fenstern, ja sie nehmen sogar ganze Thüren mit, und besonders die Fenster,<lb/> die ihrer Scheiben wegen als Seltenheit im Gebirge sehr geschätzt sind. Mancher<lb/> blutige Kampf hat deshalb schon hier stattgefunden, wo wir jetzt friedlich<lb/> unser Mineralwasser trinken; ein früherer Aufseher der Anstalt, ein Grieche,<lb/> der immer in der Fustanella und vollständig bewaffnet umherging und auf<lb/> den die Schleichhändler eS besonders abgesehn hatten, wurde vor wenigen<lb/> Jahren buchstäblich in Stücke gehauen, so daß sein Nachsolger, der von den<lb/> unwillkommenen Gästen überrascht ward, ehe er Zeit gehabt hatte, alles in<lb/> Sicherheit zu bringen, selbst die Zange herbeischaffte, damit bei dem Heraus¬<lb/> reißen der Klammern und Haken nicht auch das Holzwerk vollständig zu Grunde<lb/> gerichtet werden möchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_519"> Aber eS steht eine Garnison in Okna; — was thun die tapfern Krieger<lb/> in dem langweiligen Ort? Warum liegt nicht den Winter über eine Ab¬<lb/> theilung von etwa 23 Mann in Starik, wodurch den Schleichhändlern gewiß<lb/> die Freude benommen würde, sich auf unsere Kosten zu möbliren? Wo auf<lb/> eine Frage keine Antwort erfolgt, wird sie zum Selbstgespräch, und ein solches<lb/> kann in einsamen Stunden dem Menschen recht tröstlich sein, hilft aber sonst<lb/> zu gar nichts.</p><lb/> <p xml:id="ID_520" next="#ID_521"> Zwölf ewig lange Tage dauerte der Regen; das Gebirgswasser stieg zu<lb/> solcher Höhe, daß alle Verbindung mit der Stadt Okna vollständig unmöglich</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
Sünden zu Hilfe zu kommen, daß aber, was sie nicht zu verzehren vermag,
recht passend zum Wohl der leidenden Menschheit -'verwendet' werden könnte.
Und sagen Dir, der Wahrheit gemäß, Deine Verwalter, es sei schon viel,
viel Gutes geschehen, — so erwiedere darauf: Nur immer noch mehr, die
Moldau hat noch viel Raum für gute Werke. Dies ist meine Bitte, heiliger
Spiridon, erhöre mich!" — Und eS rauschte in der Lust wie Zeitungsblätter,
die meine Fürbitte wiederholten.
Freilich hätten bessere Einrichtungen in Starik eine— immerhin vorüber¬
gehende— Unannehmlichkeit; sie würden sich schwerlich ganz ohne Blutvergießen
durchsetzen lassen. Ein Weg führt, wie gesagt, vom Bade nicht weiter, aber
ein halsbrechender Fußsteg läuft über Felsmassen und schwindelerregende
Abgründe bis an die nahe Grenze von Siebenbürgen. Dieser Fußweg wird
von den Schleichhändlern benutzt, die mit ihren GebirgSpferden, welche an den
steilsten Abhängen wie Ziegen auf- und abklettern, in die Moldau steigen,
um statt des theuern östreichischen wohlfeiles moldauisches Salz zu lausen.
Aber diese Gesellen, die man auch während der Badesaison am hellen Tage
in den abenteuerlichsten Trachten vorüberziehen sieht, begnügen sich nicht mit
der Salzspeculation allein. Kaum sind die Badegäste fort — und die Kranken
machen sich deshalb aus Furcht alle zusammen mit Sack und Pack auf —
so kommen diese rüstigen Ausländer und brechen alles Eisenwerk von Thüren
und Fenstern, ja sie nehmen sogar ganze Thüren mit, und besonders die Fenster,
die ihrer Scheiben wegen als Seltenheit im Gebirge sehr geschätzt sind. Mancher
blutige Kampf hat deshalb schon hier stattgefunden, wo wir jetzt friedlich
unser Mineralwasser trinken; ein früherer Aufseher der Anstalt, ein Grieche,
der immer in der Fustanella und vollständig bewaffnet umherging und auf
den die Schleichhändler eS besonders abgesehn hatten, wurde vor wenigen
Jahren buchstäblich in Stücke gehauen, so daß sein Nachsolger, der von den
unwillkommenen Gästen überrascht ward, ehe er Zeit gehabt hatte, alles in
Sicherheit zu bringen, selbst die Zange herbeischaffte, damit bei dem Heraus¬
reißen der Klammern und Haken nicht auch das Holzwerk vollständig zu Grunde
gerichtet werden möchte.
Aber eS steht eine Garnison in Okna; — was thun die tapfern Krieger
in dem langweiligen Ort? Warum liegt nicht den Winter über eine Ab¬
theilung von etwa 23 Mann in Starik, wodurch den Schleichhändlern gewiß
die Freude benommen würde, sich auf unsere Kosten zu möbliren? Wo auf
eine Frage keine Antwort erfolgt, wird sie zum Selbstgespräch, und ein solches
kann in einsamen Stunden dem Menschen recht tröstlich sein, hilft aber sonst
zu gar nichts.
Zwölf ewig lange Tage dauerte der Regen; das Gebirgswasser stieg zu
solcher Höhe, daß alle Verbindung mit der Stadt Okna vollständig unmöglich
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