Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.ihr ist, sich betrunken und mit Studenten Händel angefangen haben, worauf Darauf antwortet Goethe: Ich bin noch derselben Meinung, die ich neulich äußerte, daß wegen des Wegen der Burgsdorf suspendire ich mein Judicium; vorerst halte ich Da die verschiedenen Schauspieler zum neuen Jahr immer bei mir ange¬ Wie streng er darauf hielt, daß die Schauspieler ihre Pflicht thaten, und Aetna, Weimar, 10 Juni -I80S. In Gemäßheit ertheilten Auftrages wurde der Hofschauspielerin Silie ihr ist, sich betrunken und mit Studenten Händel angefangen haben, worauf Darauf antwortet Goethe: Ich bin noch derselben Meinung, die ich neulich äußerte, daß wegen des Wegen der Burgsdorf suspendire ich mein Judicium; vorerst halte ich Da die verschiedenen Schauspieler zum neuen Jahr immer bei mir ange¬ Wie streng er darauf hielt, daß die Schauspieler ihre Pflicht thaten, und Aetna, Weimar, 10 Juni -I80S. In Gemäßheit ertheilten Auftrages wurde der Hofschauspielerin Silie <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0132" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103265"/> <p xml:id="ID_409" prev="#ID_408"> ihr ist, sich betrunken und mit Studenten Händel angefangen haben, worauf<lb/> der eine, welcher geschimpft hat, auf die Hauptwache gebracht, des andern<lb/> Morgens aber wieder losgelassen worden ist. Unsere Schauspieler sind von<lb/> der Burgsdorfschen Begebenheit zum Theil Augenzeugen gewesen und schämen<lb/> sich, daß sie Schauspielerin heißt. Herr Eordemann, rechtlicher Mann, will<lb/> ihre üble Aufführung bezeugen. Sollte man ihn nicht vernehmen lassen?<lb/> Dann wird es am besten sein, man zahlt ihr eine gewisse Anzahl von Gagen<lb/> mit einem Mal aus, und setzt ihr eine kurze Zeit Weimar zu verlassen. Sie mag<lb/> sie dann in Eisenach bei ihren Gönnern oder wo sie will verzehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_410"> Darauf antwortet Goethe:</p><lb/> <p xml:id="ID_411"> Ich bin noch derselben Meinung, die ich neulich äußerte, daß wegen des<lb/> starken Trinkens auf der Redoute irgend woher eine Warnung ergehen sollte;<lb/> ich will Gelegenheit nehmen Durchlaucht dem Herzog heute etwas davon zu<lb/> sagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_412"> Wegen der Burgsdorf suspendire ich mein Judicium; vorerst halte ich<lb/> dafür, daß es besser sei, man läßt sie das Maß vollmachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_413"> Da die verschiedenen Schauspieler zum neuen Jahr immer bei mir ange¬<lb/> fragt haben und ich nicht daraus eingerichtet war sie anzunehmen, so will ich<lb/> morgen um 10 Uhr bereit sein, sie zu empfangen und ihnen ein kleines Früh¬<lb/> stück geben; ich habe es Weckern als Wöchner bekannt gemacht.</p><lb/> <p xml:id="ID_414"> Wie streng er darauf hielt, daß die Schauspieler ihre Pflicht thaten, und<lb/> wie unnachsichtlich er sie wegen Pflichtversäumung strafen ließ, geht aus vielen<lb/> Beispielen hervor; eS mögen aber die nachstehenden aus einem Jahre<lb/> gnügen:</p><lb/> <p xml:id="ID_415"> Aetna, Weimar, 10 Juni -I80S.</p><lb/> <p xml:id="ID_416" next="#ID_417"> In Gemäßheit ertheilten Auftrages wurde der Hofschauspielerin Silie<lb/> aufgegeben, sich darüber, warum sie am vergangene» Sonnabend bei Auf¬<lb/> führung des Othello, wo sich alle Mitglieder des Theaters aus Ehrgefühl und<lb/> aus Achtung gegen den Verfasser gemeinschaftlich ein schönes Ganze vorzustellen<lb/> rühmlichst beeifert haben, mit einem dem ganzen Auditvrio auffallenden Bestreben<lb/> die ihr zugetheilte Rolle verdorben, undeutlich hergesagt, ihr Gesicht desfalls<lb/> absichtlich mit dem Schleier zu verhülle», und am Ende ein Lachen über ihr<lb/> Benehmen zu erregen sich angelegen sein zu lassen, statthaft zu vertheidigen.<lb/> Dieselbe, daß sie die ihr in Othello zugetheilte Rolle verderben würde und<lb/> müßte, habe sie gleich anfangs erklärt, denn da dieselbe ganz wider ihren<lb/> Charakter sei, so habe sie vorausgesehn, daß sie sie schlecht spielen würde und<lb/> diese Ueberzeugung habe sie furchtsam und unfähig gemacht, diese Rolle besser<lb/> zu spielen als sie gethan. Wenn sie undeutlich gesprochen hätte, so wäre jene<lb/> Furchtsamkeit daran Schuld gewesen, sie sei es sich nicht mehr bewußt und<lb/> habe es noch viel weniger absichtlich gethan. Ebensowenig sei es mit Vorsatz</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0132]
ihr ist, sich betrunken und mit Studenten Händel angefangen haben, worauf
der eine, welcher geschimpft hat, auf die Hauptwache gebracht, des andern
Morgens aber wieder losgelassen worden ist. Unsere Schauspieler sind von
der Burgsdorfschen Begebenheit zum Theil Augenzeugen gewesen und schämen
sich, daß sie Schauspielerin heißt. Herr Eordemann, rechtlicher Mann, will
ihre üble Aufführung bezeugen. Sollte man ihn nicht vernehmen lassen?
Dann wird es am besten sein, man zahlt ihr eine gewisse Anzahl von Gagen
mit einem Mal aus, und setzt ihr eine kurze Zeit Weimar zu verlassen. Sie mag
sie dann in Eisenach bei ihren Gönnern oder wo sie will verzehren.
Darauf antwortet Goethe:
Ich bin noch derselben Meinung, die ich neulich äußerte, daß wegen des
starken Trinkens auf der Redoute irgend woher eine Warnung ergehen sollte;
ich will Gelegenheit nehmen Durchlaucht dem Herzog heute etwas davon zu
sagen.
Wegen der Burgsdorf suspendire ich mein Judicium; vorerst halte ich
dafür, daß es besser sei, man läßt sie das Maß vollmachen.
Da die verschiedenen Schauspieler zum neuen Jahr immer bei mir ange¬
fragt haben und ich nicht daraus eingerichtet war sie anzunehmen, so will ich
morgen um 10 Uhr bereit sein, sie zu empfangen und ihnen ein kleines Früh¬
stück geben; ich habe es Weckern als Wöchner bekannt gemacht.
Wie streng er darauf hielt, daß die Schauspieler ihre Pflicht thaten, und
wie unnachsichtlich er sie wegen Pflichtversäumung strafen ließ, geht aus vielen
Beispielen hervor; eS mögen aber die nachstehenden aus einem Jahre
gnügen:
Aetna, Weimar, 10 Juni -I80S.
In Gemäßheit ertheilten Auftrages wurde der Hofschauspielerin Silie
aufgegeben, sich darüber, warum sie am vergangene» Sonnabend bei Auf¬
führung des Othello, wo sich alle Mitglieder des Theaters aus Ehrgefühl und
aus Achtung gegen den Verfasser gemeinschaftlich ein schönes Ganze vorzustellen
rühmlichst beeifert haben, mit einem dem ganzen Auditvrio auffallenden Bestreben
die ihr zugetheilte Rolle verdorben, undeutlich hergesagt, ihr Gesicht desfalls
absichtlich mit dem Schleier zu verhülle», und am Ende ein Lachen über ihr
Benehmen zu erregen sich angelegen sein zu lassen, statthaft zu vertheidigen.
Dieselbe, daß sie die ihr in Othello zugetheilte Rolle verderben würde und
müßte, habe sie gleich anfangs erklärt, denn da dieselbe ganz wider ihren
Charakter sei, so habe sie vorausgesehn, daß sie sie schlecht spielen würde und
diese Ueberzeugung habe sie furchtsam und unfähig gemacht, diese Rolle besser
zu spielen als sie gethan. Wenn sie undeutlich gesprochen hätte, so wäre jene
Furchtsamkeit daran Schuld gewesen, sie sei es sich nicht mehr bewußt und
habe es noch viel weniger absichtlich gethan. Ebensowenig sei es mit Vorsatz
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