Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.ließ Sie Sich mit all der frommen Ergebung, an der Ihr Gemüth so reich Die Königin sah den Herzog nicht wieder, nahm dagegen einen weh¬ Am 3. Juni -1809, in der Frühe des Morgens, reiste die Königliche Es würde mir unmöglich sein, die Gefühle zu beschreiben, welche die un¬ 14*
ließ Sie Sich mit all der frommen Ergebung, an der Ihr Gemüth so reich Die Königin sah den Herzog nicht wieder, nahm dagegen einen weh¬ Am 3. Juni -1809, in der Frühe des Morgens, reiste die Königliche Es würde mir unmöglich sein, die Gefühle zu beschreiben, welche die un¬ 14*
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ließ Sie Sich mit all der frommen Ergebung, an der Ihr Gemüth so reich
war. Diesen Gottessinn flößte Sie Ihren Kindern ein, und füllte Ihre Tage
mit Ausbildung dieser zarten Gemüther aus. Dabei stand der Entschluß,
alles aufzubieten, um die Haft des Königlichen Gemahls zu theilen, fest in
Ihr. Daß dieser Wunsch erfüllt ward, verdankte Sie hauptsächlich der Ver¬
mittlung der Herzogin von Südermanland, die, nachdem Sie gesucht hatte,
die Königin von diesem Vorhaben abzubringen, Sich Ihrem Willen fügte,
als Sie sah, daß derselbe unerschütterlich war. Der Herzog wollte im An¬
fang nicht einwilligen, besonders als Er sah, daß die unglückliche Königin
einen großen Trost in der Wiedervereinigung mit Ihrem Gemahl zu finden
hoffe. Sein schwarzes Herz, unfähig der Menschenliebe und Theilnahme und
leer an allen edlen Gefühlen, fand nur Befriedigung in den Mitteln, die un¬
glückliche Königsfamilie so tief als möglich zu kränken. Als Er eine Menge
Einwendungen erschöpft hatte, um die Königin ,von der Unausführbarkeit
Ihres Vorhabens zu überzeugen, erklärte Er, Sie könne die Reise nach Grips¬
holm nur bei Nacht machen, da am Tage Ihr und Ihrer Kinder Leben ge¬
fährdet sei, auch solle es zu Wasser geschehen, um Sie gegen den Angriff des
empörten Volkes zu schützen. Die Königin entgegnete, daß Sie von den
treuen Gesinnungen des Volkes gegen Sie und die Ihrigen so überzeugt sei,
daß Sie Sich anheischig mache, zu Fuß mit Ihren Kindern nach Stockholm
zu gehen, ohne einer Gefahr von Seiten des Volks zu begegnen. Der Her¬
zog, welcher der wiederholten Anliegen und Bitten müde sein mochte, bestimmte
endlich die Abreise der Königin und Ihrer Kinder für Anfang Juni.
Die Königin sah den Herzog nicht wieder, nahm dagegen einen weh¬
müthigen Abschied von der Herzogin, der Sie Ihr und der Ihrigen Schick¬
sal sür die Zukunft empfahl.
Am 3. Juni -1809, in der Frühe des Morgens, reiste die Königliche
Familie nach Drotningholm ab, unter Begleitung derjenigen Personen, die
dus damalige Gouvernement dafür bestimmt hatte. In Drotningholm erwar¬
tete eine Jacht die hohen Reisenden, auf der sie sogleich eingeschifft wurden.
In der Frühe des andern Morgens erreichte die Königliche Familie Ihren Be¬
stimmungsort. Die Jacht warf ihre Anker an Gripsholms öden Mauern.
Die Sonne schien hell und klar, die Garnison stand unter Waffen, und schwei¬
gend führte der Commandant die Königliche Mutter mit Ihren Kindern in die
Ihnen bestimmten Gemächer. Dort unterrichtete er Ihre Majestät, der König
schlafe noch, und dürfe wol nicht geweckt werden, worauf Höchstdiesclbe er¬
wiederte: Sie dürfe mit Recht erwarten, daß Ihrem Gemahl das Wiedersehen
Seiner Familie wohlthuender sein werbe als einige Stunden Schlaf.
Es würde mir unmöglich sein, die Gefühle zu beschreiben, welche die un¬
glückliche Königsfamilie erfüllten, als Sie Sich wieder vereinigt sah. — Das
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