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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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Ein besonderes statistisches^Bureau wurde aber erst von Stein eingerichtet
und durch die Verordnung vom 27. October 1810 über die veränderte Ver¬
fassung aller obersten Staatsbehörden dem Ministerium des Innern unter¬
geordnet. Später kam es unter -die unmittelbare Leitung des Staatskanzlers,
da, heißt es in der Cabinetsordre vom 24. April 1812, "allgemeine Uebersicht
und Controle vorzüglich zu Ihrem (des Staatskanzlers) Amte gehören". Als im
Jahr 1844- ein besonderes Handelsamt in Berlin errichtet wurde, ward es dem
Präsidenten desselben untergeordnet. Im §. 10 der Allerhöchsten Verordnung vom
7. Juni 1844 heißt es: "Die Bestimmung des statistischen Bureaus bleibt
übrigens unverändert, und soll dasselbe den allgemeinen statistischen Zwecken
auch ferner in der bisherigen Ausdehnung dienen. Der Präsident hat aber
dahin zu wirken, daß die bei diesem Bureau gesammelten Materialien für die
Kenntniß der Handels- und Gewerbeverhältnisse nutzbar werden." Später
wurde (Gesetz vom 10. Juli 1847) das statistische Bureau dem Ministerium
des Innern wieder untergeordnet. Die Bezirksregierungen und einzelnen
Ministerien liefern das statistische Material über alle Staats- und Volks¬
verhältnisse. Die Veröffentlichungen deS statistischen Bureaus und die Schriften
Otto Hübners, der in Berlin ein eignes Centralarchiv für Statistik errichtet
hat, sind von dem allseitigsten Interesse. Zu einer eignen Statistik hat der
Zollverein (ähnlich wie früher die alte Hansa) Veranlassung gegeben.

In Oestreich hat man sich seit Joseph II. vielfach mit Statistik beschäftigt.
Der Antrieb, den dieser unermüdlich thätige Kaiser der ganzen Verwaltung
gab, dehnte sich auch namentlich auf die statistischen Arbeiten aus. Joseph
ging bekanntlich von dem sehr vernünftigen Grundsatze aus, daß man ein
Land, bevor man es regieren wolle, erst kennen müsse, und wenn er auch
nicht wie der römische Kaiser Hadrian zu Fuß sein ganzes Reich durchreiste,
so durchwanderte er doch am Gedankenstabe die weitläufigen statistischen Ta¬
bellen. Als im Jahr 1829 ein besonderes statistisches Bureau in Wien ein¬
gerichtet ward, fand es daher schon recht tüchtige Vorarbeiten vor. Leider
wurde den Arbeiten dieses Bureaus lange Zeit nicht die wünschenswerthe
Oeffentlichkeit gegeben, und die gewonnenen Resultate nur unter besonderer
Aufsicht der Regierung veröffentlicht. Freilich bestand etwas Aehnliches in
Preußen, wo durch das Gesetz vom 16. Januar 1816 eine eigne Censur für
statistische Werke und Karten eingeführt wurde. Im Jahr 184.0 wurde daS
statistische Bureau eine Ministerialabtheilung (seit 1848 beim Ministerium für
Handel).

In Baiern ward schon 1801 ein statistisches Bureau errichtet, das im
Jahr 1816 unter das Kriegsministerium kam, woraus man schon schließen
kann, was seine eigentliche Bestimmung war. In neuerer Zeit ist es jedoch
angemessenerweise dem Handelsministerium untergeordnet worden.


Ein besonderes statistisches^Bureau wurde aber erst von Stein eingerichtet
und durch die Verordnung vom 27. October 1810 über die veränderte Ver¬
fassung aller obersten Staatsbehörden dem Ministerium des Innern unter¬
geordnet. Später kam es unter -die unmittelbare Leitung des Staatskanzlers,
da, heißt es in der Cabinetsordre vom 24. April 1812, „allgemeine Uebersicht
und Controle vorzüglich zu Ihrem (des Staatskanzlers) Amte gehören". Als im
Jahr 1844- ein besonderes Handelsamt in Berlin errichtet wurde, ward es dem
Präsidenten desselben untergeordnet. Im §. 10 der Allerhöchsten Verordnung vom
7. Juni 1844 heißt es: „Die Bestimmung des statistischen Bureaus bleibt
übrigens unverändert, und soll dasselbe den allgemeinen statistischen Zwecken
auch ferner in der bisherigen Ausdehnung dienen. Der Präsident hat aber
dahin zu wirken, daß die bei diesem Bureau gesammelten Materialien für die
Kenntniß der Handels- und Gewerbeverhältnisse nutzbar werden." Später
wurde (Gesetz vom 10. Juli 1847) das statistische Bureau dem Ministerium
des Innern wieder untergeordnet. Die Bezirksregierungen und einzelnen
Ministerien liefern das statistische Material über alle Staats- und Volks¬
verhältnisse. Die Veröffentlichungen deS statistischen Bureaus und die Schriften
Otto Hübners, der in Berlin ein eignes Centralarchiv für Statistik errichtet
hat, sind von dem allseitigsten Interesse. Zu einer eignen Statistik hat der
Zollverein (ähnlich wie früher die alte Hansa) Veranlassung gegeben.

In Oestreich hat man sich seit Joseph II. vielfach mit Statistik beschäftigt.
Der Antrieb, den dieser unermüdlich thätige Kaiser der ganzen Verwaltung
gab, dehnte sich auch namentlich auf die statistischen Arbeiten aus. Joseph
ging bekanntlich von dem sehr vernünftigen Grundsatze aus, daß man ein
Land, bevor man es regieren wolle, erst kennen müsse, und wenn er auch
nicht wie der römische Kaiser Hadrian zu Fuß sein ganzes Reich durchreiste,
so durchwanderte er doch am Gedankenstabe die weitläufigen statistischen Ta¬
bellen. Als im Jahr 1829 ein besonderes statistisches Bureau in Wien ein¬
gerichtet ward, fand es daher schon recht tüchtige Vorarbeiten vor. Leider
wurde den Arbeiten dieses Bureaus lange Zeit nicht die wünschenswerthe
Oeffentlichkeit gegeben, und die gewonnenen Resultate nur unter besonderer
Aufsicht der Regierung veröffentlicht. Freilich bestand etwas Aehnliches in
Preußen, wo durch das Gesetz vom 16. Januar 1816 eine eigne Censur für
statistische Werke und Karten eingeführt wurde. Im Jahr 184.0 wurde daS
statistische Bureau eine Ministerialabtheilung (seit 1848 beim Ministerium für
Handel).

In Baiern ward schon 1801 ein statistisches Bureau errichtet, das im
Jahr 1816 unter das Kriegsministerium kam, woraus man schon schließen
kann, was seine eigentliche Bestimmung war. In neuerer Zeit ist es jedoch
angemessenerweise dem Handelsministerium untergeordnet worden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/64>, abgerufen am 23.07.2024.