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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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Kane's Nordpolexpedition.

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Man hat vielfach, namentlich in England, die angebliche Entdeckung eines
offnen Polarmeeres durch Dr. Kane, den Führer der zweiten Grinellcrpedition
zur Aufsuchung Franklins in Zweifel gezogen. So lange sich die beigebrachten
Beweise auf bloße Zeitungsnachrichten und mangelhafte Auszüge einzelner
Reden, die Vr. Kane vor den wissenschaftlichen Vereinen von Neuyork und
seiner Vaterstadt Philadelphia hielt, beschränkten, ließen sich diese Zweifel in
der That nicht mit entscheidenden Gründen widerlegen. Man mußte warten,
bis der arktische Columbus die Geschichte seines Unternehmens selbst in einer
authentischen Form vor das Publicum gebracht, ehe man sich ein bestimmtes
Urtheil über das Wesen und den Umfang desselben bilden konnte. Dieser
langgehegte Wunsch ist endlich erfüllt worden, or, Kane hat, nach einjähriger
Ruhe und Arbeit, eben die Resultate seiner Reise in dem obigen Werke ver¬
öffentlicht.

Wenn man dasselbe auch blos nach seinem literarischen Eindruck beurtheilt,
so kann man dem Verfasser ein günstiges Zeugniß nicht versagen. Mit einer
seltenen Bescheidenheit des Tones und einer großen Einfachheit des Ausdrucks
geschrieben, besitzt das Werk zugleich eine gewisse Freimüthigkeit und Offenheit
der Darstellung, welche ihm die Sympathie des Lesers gewinnen muß. Diese
Eigenschaften zusammengenommen sind wohlgeeignet, uns in or. Kane einen
Mann von höherer Begabung erkennen zu lassen.

Das Charakteristische an dem Plane "r. Kaltes besteht darin, daß er
die Laubmasse um Norden von Grönland zur Basis seiner Operationen machte,
indem er auf die Analogie der geographischen Formation gestützt, annahm,
daß Grönland eher als eine von dem Nordpol aus sich erstreckende Halb¬
insel, denn als eine durch Eisberge im Innern zusammenhängende Gruppe
einzelner Inseln anzusehen sei. Dieser Hypothese zufolge hatte die Reise von
der Baffinsbai aus nordwärts zu dem am weitesten erreichbaren Punkte, und
von dort in der Richtung des Nordpoles so weit zu gehn, als es mit Booten


Grenzbotw IV. -I8ö6. öl
Kane's Nordpolexpedition.

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Man hat vielfach, namentlich in England, die angebliche Entdeckung eines
offnen Polarmeeres durch Dr. Kane, den Führer der zweiten Grinellcrpedition
zur Aufsuchung Franklins in Zweifel gezogen. So lange sich die beigebrachten
Beweise auf bloße Zeitungsnachrichten und mangelhafte Auszüge einzelner
Reden, die Vr. Kane vor den wissenschaftlichen Vereinen von Neuyork und
seiner Vaterstadt Philadelphia hielt, beschränkten, ließen sich diese Zweifel in
der That nicht mit entscheidenden Gründen widerlegen. Man mußte warten,
bis der arktische Columbus die Geschichte seines Unternehmens selbst in einer
authentischen Form vor das Publicum gebracht, ehe man sich ein bestimmtes
Urtheil über das Wesen und den Umfang desselben bilden konnte. Dieser
langgehegte Wunsch ist endlich erfüllt worden, or, Kane hat, nach einjähriger
Ruhe und Arbeit, eben die Resultate seiner Reise in dem obigen Werke ver¬
öffentlicht.

Wenn man dasselbe auch blos nach seinem literarischen Eindruck beurtheilt,
so kann man dem Verfasser ein günstiges Zeugniß nicht versagen. Mit einer
seltenen Bescheidenheit des Tones und einer großen Einfachheit des Ausdrucks
geschrieben, besitzt das Werk zugleich eine gewisse Freimüthigkeit und Offenheit
der Darstellung, welche ihm die Sympathie des Lesers gewinnen muß. Diese
Eigenschaften zusammengenommen sind wohlgeeignet, uns in or. Kane einen
Mann von höherer Begabung erkennen zu lassen.

Das Charakteristische an dem Plane »r. Kaltes besteht darin, daß er
die Laubmasse um Norden von Grönland zur Basis seiner Operationen machte,
indem er auf die Analogie der geographischen Formation gestützt, annahm,
daß Grönland eher als eine von dem Nordpol aus sich erstreckende Halb¬
insel, denn als eine durch Eisberge im Innern zusammenhängende Gruppe
einzelner Inseln anzusehen sei. Dieser Hypothese zufolge hatte die Reise von
der Baffinsbai aus nordwärts zu dem am weitesten erreichbaren Punkte, und
von dort in der Richtung des Nordpoles so weit zu gehn, als es mit Booten


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[0489] Kane's Nordpolexpedition. ^roUv ExploraUvll«. Sseoint Krinavll Kxpktlition in SesreK ok Sir ^olu ?>it»KIin. IZ7 ISIisIia Xvnl Il»ne. N. l>,> U. 8. 2 vois. 8. ?IUI-uteI- pliiu, Lbilcls H 1'ö^Lrson. Man hat vielfach, namentlich in England, die angebliche Entdeckung eines offnen Polarmeeres durch Dr. Kane, den Führer der zweiten Grinellcrpedition zur Aufsuchung Franklins in Zweifel gezogen. So lange sich die beigebrachten Beweise auf bloße Zeitungsnachrichten und mangelhafte Auszüge einzelner Reden, die Vr. Kane vor den wissenschaftlichen Vereinen von Neuyork und seiner Vaterstadt Philadelphia hielt, beschränkten, ließen sich diese Zweifel in der That nicht mit entscheidenden Gründen widerlegen. Man mußte warten, bis der arktische Columbus die Geschichte seines Unternehmens selbst in einer authentischen Form vor das Publicum gebracht, ehe man sich ein bestimmtes Urtheil über das Wesen und den Umfang desselben bilden konnte. Dieser langgehegte Wunsch ist endlich erfüllt worden, or, Kane hat, nach einjähriger Ruhe und Arbeit, eben die Resultate seiner Reise in dem obigen Werke ver¬ öffentlicht. Wenn man dasselbe auch blos nach seinem literarischen Eindruck beurtheilt, so kann man dem Verfasser ein günstiges Zeugniß nicht versagen. Mit einer seltenen Bescheidenheit des Tones und einer großen Einfachheit des Ausdrucks geschrieben, besitzt das Werk zugleich eine gewisse Freimüthigkeit und Offenheit der Darstellung, welche ihm die Sympathie des Lesers gewinnen muß. Diese Eigenschaften zusammengenommen sind wohlgeeignet, uns in or. Kane einen Mann von höherer Begabung erkennen zu lassen. Das Charakteristische an dem Plane »r. Kaltes besteht darin, daß er die Laubmasse um Norden von Grönland zur Basis seiner Operationen machte, indem er auf die Analogie der geographischen Formation gestützt, annahm, daß Grönland eher als eine von dem Nordpol aus sich erstreckende Halb¬ insel, denn als eine durch Eisberge im Innern zusammenhängende Gruppe einzelner Inseln anzusehen sei. Dieser Hypothese zufolge hatte die Reise von der Baffinsbai aus nordwärts zu dem am weitesten erreichbaren Punkte, und von dort in der Richtung des Nordpoles so weit zu gehn, als es mit Booten Grenzbotw IV. -I8ö6. öl

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/489>, abgerufen am 03.07.2024.