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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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Stimmung beider Hauser und die Genehmigung des Präsidenten. Später
machte das Repräsentantenhaus nochmals einen Versuch, die Sache der Frei¬
heit in Kansas zu fördern, indem es bei der Bewilligung des Militärbudgets
die Bedingung beifügte, daß keine Militärmacht zur Förderung der Sklaverei
in Kansas verwendet werden dürfe. Aber auch dieser Beschluß scheiterte an
der Beharrlichkeit deS Senats, und nach langem Kampfe gab das Haus der
Repräsentanten nach, weil ohne ein Militärbudget die ganze Armee hätte ent¬
lassen werden müssen. Doch blieb der Bericht der Untersuchungscommission
nicht ganz wirkungslos. Der Congreß hob durch einen gemeinsamen Beschluß
die früher erwähnten greulichen Strafgesetze aus und ordnete neue Wahlen für
die Legislatur von Kansas an, so wie die Absendung von Wahlcommissären
mit ausgedehnten Befugnissen, um diese Wahlen zu leiten. Der Präsident
seinerseits ernannte .einen neuen Gouverneur in der Person des Col. Geary,
der den Ruf eines energischen und unparteiischen Mannes genoß und der mit
der Vollmacht ausgerüstet wurde, so viel Militärmacht nach Kansas zu be¬
rufen, als ihm zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung und zur Siche¬
rung freier und regelmäßiger Wahlen nöthig scheinen würde. Dieser Gouver¬
neur erließ nun eine Proklamation ' an die Bewohner von Kansas, wodurch
er sie zur Ruhe ermahnte, die Friedenstörer mit den strengsten Maßregeln be¬
drohte und die Einführung einer gesetzlichen, dem Willen der Mehrzahl und
den Principien der Nebraskabill entsprechenden Ordnung der Dinge vermittelst
neuer und ungestörter Wahlen in Aussicht stellte. -- Diese Wahlen fanden
am 7. October 1856 statt, sielen aber leider, nach vorläufigen Zeitungs¬
berichten, abermals zu Gunsten der Sklavenpartei aus.

Unter diesen Umständen muß man sich zu der schmerzlichen Anerkennung
bequemen, daß für Kansas wenig Hoffnung mehr vorzuliegen scheint, sich von
dem Uebel der Sklaverei frei zu erhalten, falls die Nebraskabill fort¬
besteht. Zwar ist die erste, durch gewaltsame Einmischung der Missourier zu
Stande gebrachte Abstimmung zu Gunsten der Sklaverei (die Wahl vom
30. März 18so) wieder aufgehoben worden, aber die Resultate dieser Wahl
it. h. die Behörden, die daraus hervorgingen und die Gesetze und Anordnun¬
gen, die sie erließen) wirkten factisch zu Gunsten der Sklavenpartei, wenn
ihnen auch die innere Nechtsgiltigkeit fehlte; denn es liegt nur zu sehr in der
Natur der Sache, daß ihr Einfluß während der anderthalb Jahre, die seitdem
verflossen sind, die Einwanderung von Anhängern der Sklavenpartei seFr ge¬
fördert, die der Freibodenmänner hingegen abgeschreckt, ja manche der letztern aus
dem Lande verscheucht haben muß. Nimmt man hierzu, daß nach dem Berichte
der Untersuchungscommission schon zur Zeit der ersten Wahl eine bedeutende
Anzahl der wirklichen Ansiedler -- wenn auch eine Minorität -- der Sklaven-


Stimmung beider Hauser und die Genehmigung des Präsidenten. Später
machte das Repräsentantenhaus nochmals einen Versuch, die Sache der Frei¬
heit in Kansas zu fördern, indem es bei der Bewilligung des Militärbudgets
die Bedingung beifügte, daß keine Militärmacht zur Förderung der Sklaverei
in Kansas verwendet werden dürfe. Aber auch dieser Beschluß scheiterte an
der Beharrlichkeit deS Senats, und nach langem Kampfe gab das Haus der
Repräsentanten nach, weil ohne ein Militärbudget die ganze Armee hätte ent¬
lassen werden müssen. Doch blieb der Bericht der Untersuchungscommission
nicht ganz wirkungslos. Der Congreß hob durch einen gemeinsamen Beschluß
die früher erwähnten greulichen Strafgesetze aus und ordnete neue Wahlen für
die Legislatur von Kansas an, so wie die Absendung von Wahlcommissären
mit ausgedehnten Befugnissen, um diese Wahlen zu leiten. Der Präsident
seinerseits ernannte .einen neuen Gouverneur in der Person des Col. Geary,
der den Ruf eines energischen und unparteiischen Mannes genoß und der mit
der Vollmacht ausgerüstet wurde, so viel Militärmacht nach Kansas zu be¬
rufen, als ihm zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung und zur Siche¬
rung freier und regelmäßiger Wahlen nöthig scheinen würde. Dieser Gouver¬
neur erließ nun eine Proklamation ' an die Bewohner von Kansas, wodurch
er sie zur Ruhe ermahnte, die Friedenstörer mit den strengsten Maßregeln be¬
drohte und die Einführung einer gesetzlichen, dem Willen der Mehrzahl und
den Principien der Nebraskabill entsprechenden Ordnung der Dinge vermittelst
neuer und ungestörter Wahlen in Aussicht stellte. — Diese Wahlen fanden
am 7. October 1856 statt, sielen aber leider, nach vorläufigen Zeitungs¬
berichten, abermals zu Gunsten der Sklavenpartei aus.

Unter diesen Umständen muß man sich zu der schmerzlichen Anerkennung
bequemen, daß für Kansas wenig Hoffnung mehr vorzuliegen scheint, sich von
dem Uebel der Sklaverei frei zu erhalten, falls die Nebraskabill fort¬
besteht. Zwar ist die erste, durch gewaltsame Einmischung der Missourier zu
Stande gebrachte Abstimmung zu Gunsten der Sklaverei (die Wahl vom
30. März 18so) wieder aufgehoben worden, aber die Resultate dieser Wahl
it. h. die Behörden, die daraus hervorgingen und die Gesetze und Anordnun¬
gen, die sie erließen) wirkten factisch zu Gunsten der Sklavenpartei, wenn
ihnen auch die innere Nechtsgiltigkeit fehlte; denn es liegt nur zu sehr in der
Natur der Sache, daß ihr Einfluß während der anderthalb Jahre, die seitdem
verflossen sind, die Einwanderung von Anhängern der Sklavenpartei seFr ge¬
fördert, die der Freibodenmänner hingegen abgeschreckt, ja manche der letztern aus
dem Lande verscheucht haben muß. Nimmt man hierzu, daß nach dem Berichte
der Untersuchungscommission schon zur Zeit der ersten Wahl eine bedeutende
Anzahl der wirklichen Ansiedler — wenn auch eine Minorität — der Sklaven-


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[0424] Stimmung beider Hauser und die Genehmigung des Präsidenten. Später machte das Repräsentantenhaus nochmals einen Versuch, die Sache der Frei¬ heit in Kansas zu fördern, indem es bei der Bewilligung des Militärbudgets die Bedingung beifügte, daß keine Militärmacht zur Förderung der Sklaverei in Kansas verwendet werden dürfe. Aber auch dieser Beschluß scheiterte an der Beharrlichkeit deS Senats, und nach langem Kampfe gab das Haus der Repräsentanten nach, weil ohne ein Militärbudget die ganze Armee hätte ent¬ lassen werden müssen. Doch blieb der Bericht der Untersuchungscommission nicht ganz wirkungslos. Der Congreß hob durch einen gemeinsamen Beschluß die früher erwähnten greulichen Strafgesetze aus und ordnete neue Wahlen für die Legislatur von Kansas an, so wie die Absendung von Wahlcommissären mit ausgedehnten Befugnissen, um diese Wahlen zu leiten. Der Präsident seinerseits ernannte .einen neuen Gouverneur in der Person des Col. Geary, der den Ruf eines energischen und unparteiischen Mannes genoß und der mit der Vollmacht ausgerüstet wurde, so viel Militärmacht nach Kansas zu be¬ rufen, als ihm zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung und zur Siche¬ rung freier und regelmäßiger Wahlen nöthig scheinen würde. Dieser Gouver¬ neur erließ nun eine Proklamation ' an die Bewohner von Kansas, wodurch er sie zur Ruhe ermahnte, die Friedenstörer mit den strengsten Maßregeln be¬ drohte und die Einführung einer gesetzlichen, dem Willen der Mehrzahl und den Principien der Nebraskabill entsprechenden Ordnung der Dinge vermittelst neuer und ungestörter Wahlen in Aussicht stellte. — Diese Wahlen fanden am 7. October 1856 statt, sielen aber leider, nach vorläufigen Zeitungs¬ berichten, abermals zu Gunsten der Sklavenpartei aus. Unter diesen Umständen muß man sich zu der schmerzlichen Anerkennung bequemen, daß für Kansas wenig Hoffnung mehr vorzuliegen scheint, sich von dem Uebel der Sklaverei frei zu erhalten, falls die Nebraskabill fort¬ besteht. Zwar ist die erste, durch gewaltsame Einmischung der Missourier zu Stande gebrachte Abstimmung zu Gunsten der Sklaverei (die Wahl vom 30. März 18so) wieder aufgehoben worden, aber die Resultate dieser Wahl it. h. die Behörden, die daraus hervorgingen und die Gesetze und Anordnun¬ gen, die sie erließen) wirkten factisch zu Gunsten der Sklavenpartei, wenn ihnen auch die innere Nechtsgiltigkeit fehlte; denn es liegt nur zu sehr in der Natur der Sache, daß ihr Einfluß während der anderthalb Jahre, die seitdem verflossen sind, die Einwanderung von Anhängern der Sklavenpartei seFr ge¬ fördert, die der Freibodenmänner hingegen abgeschreckt, ja manche der letztern aus dem Lande verscheucht haben muß. Nimmt man hierzu, daß nach dem Berichte der Untersuchungscommission schon zur Zeit der ersten Wahl eine bedeutende Anzahl der wirklichen Ansiedler — wenn auch eine Minorität — der Sklaven-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/424>, abgerufen am 23.07.2024.