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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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um die Vorfälle zu constatiren, stellt unter andern folgende Thatsachen als
erwiesen dar:

1) Daß bis zur Aushebung des Missouricompromisses die Bewohner des
angrenzenden Sklavenstaates Missouri sich ganz ruhig und gleichgültig verhielten,
indem sie die Nichteinführung der Sklaverei in Kansas als eine sich von selbst
verstehende Sache betrachteten; daß sie aber gleich auf die Nachricht von der
Beseitigung des Compromisses in die größte Aufregung geriethen; daß sogleich
angesehene Sklavenhalter aus Missouri über die Grenzen nach Kansas gingen,
dort mit denjenigen Ansiedlern, welche die Sklaverei wünschten, Berathungen
hielten und unter andern beschlossen, keinem Ansiedler, der ein Gegner der
Sklaverei sei, Unterstützung oder Schutz zu gewähren, -- auch die Sklaverei
als bereits von Rechtswegen in Kansas bestehend zu betrachten, da kein Verbot
derselben eristire, und die südlichen Sklavenhalter einzuladen, so schnell als
möglich mit ihren Sklaven einzuwandern.

2) Daß diese Einmischung von Missouri aus fortwährend bei jeder wich¬
tigen Veranlassung, namentlich bei allen Wahlen stattfand, so daß alle
Beamten des Territoriums von dem Constabler bis zum Gesetzgeber, (mit Aus¬
nahme der vom Präsidenten ernannten) nicht durch die wirklichen Ansiedler,
sondern durch freche, meist bewaffnete Eindringlinge erwählt worden, die nach
der Wahl sogleich wieder nach Missouri zurückkehrten.

3) Daß namentlich, im November 1854, die Wahl des Territoricildelegaten
zum Kongreß (Whitfield) auf diese Weise geschah, -- wobei die Unver¬
schämtheit der Eindringlinge aus Missouri so weit ging, daß z. B. in einem
Wahldistricte, wo nur ö3 wirkliche Ansiedler wohnten, dennoch 604 Stimmen
gegeben wurden. Im Ganzen wurden bei dieser Wahl 1144 gesetzliche und
1729 ungesetzliche Stimmen abgegeben.

4) Daß bei der Wahl eines gesetzgebenden Körpers für das Terri¬
torium, am 30. März 18S3, dieselbe Einmischung, aber auf eine noch aus-
. gedehntere und gewaltsamere Weise stattfand, indem in allen 18 Wahl-
districten von Kansas, mit Ausnahme eines einzigen, zahlreiche bewaffnete
Haufen aus Missouri sich einfanden, und durch unbefugte Stimmgebung und
Gewaltthätigkeiten aller Art die Wahl zu Gunsten des Sklaveninteresses ent¬
schieden. Es wurden 1410 gesetzliche und 4908 ungesetzliche Stimmen gegeben!
Auch erklärt die Commission, daß nach allen Zeugnissen und Berechnungen,
ohne jene unbefugte und in der Geschichte der Vereinigten Staaten ganz un¬
erhörten Einmischung, die Wahl für beide Kammern der Territorialgesetzgebung
(Senat oder Council und Repräsentantenhaus) sehr wahrscheinlich den Frei-
bodenmännern eine bedeutende Majorität würde gegeben --ferner, daß
die Vorwände zu dieser Invasion--(als habe nämlich ein Verein in Boston eine
große Anzahl von Männern, ohne Frauen, Kinder und Gepäck, nach Kansas


um die Vorfälle zu constatiren, stellt unter andern folgende Thatsachen als
erwiesen dar:

1) Daß bis zur Aushebung des Missouricompromisses die Bewohner des
angrenzenden Sklavenstaates Missouri sich ganz ruhig und gleichgültig verhielten,
indem sie die Nichteinführung der Sklaverei in Kansas als eine sich von selbst
verstehende Sache betrachteten; daß sie aber gleich auf die Nachricht von der
Beseitigung des Compromisses in die größte Aufregung geriethen; daß sogleich
angesehene Sklavenhalter aus Missouri über die Grenzen nach Kansas gingen,
dort mit denjenigen Ansiedlern, welche die Sklaverei wünschten, Berathungen
hielten und unter andern beschlossen, keinem Ansiedler, der ein Gegner der
Sklaverei sei, Unterstützung oder Schutz zu gewähren, — auch die Sklaverei
als bereits von Rechtswegen in Kansas bestehend zu betrachten, da kein Verbot
derselben eristire, und die südlichen Sklavenhalter einzuladen, so schnell als
möglich mit ihren Sklaven einzuwandern.

2) Daß diese Einmischung von Missouri aus fortwährend bei jeder wich¬
tigen Veranlassung, namentlich bei allen Wahlen stattfand, so daß alle
Beamten des Territoriums von dem Constabler bis zum Gesetzgeber, (mit Aus¬
nahme der vom Präsidenten ernannten) nicht durch die wirklichen Ansiedler,
sondern durch freche, meist bewaffnete Eindringlinge erwählt worden, die nach
der Wahl sogleich wieder nach Missouri zurückkehrten.

3) Daß namentlich, im November 1854, die Wahl des Territoricildelegaten
zum Kongreß (Whitfield) auf diese Weise geschah, — wobei die Unver¬
schämtheit der Eindringlinge aus Missouri so weit ging, daß z. B. in einem
Wahldistricte, wo nur ö3 wirkliche Ansiedler wohnten, dennoch 604 Stimmen
gegeben wurden. Im Ganzen wurden bei dieser Wahl 1144 gesetzliche und
1729 ungesetzliche Stimmen abgegeben.

4) Daß bei der Wahl eines gesetzgebenden Körpers für das Terri¬
torium, am 30. März 18S3, dieselbe Einmischung, aber auf eine noch aus-
. gedehntere und gewaltsamere Weise stattfand, indem in allen 18 Wahl-
districten von Kansas, mit Ausnahme eines einzigen, zahlreiche bewaffnete
Haufen aus Missouri sich einfanden, und durch unbefugte Stimmgebung und
Gewaltthätigkeiten aller Art die Wahl zu Gunsten des Sklaveninteresses ent¬
schieden. Es wurden 1410 gesetzliche und 4908 ungesetzliche Stimmen gegeben!
Auch erklärt die Commission, daß nach allen Zeugnissen und Berechnungen,
ohne jene unbefugte und in der Geschichte der Vereinigten Staaten ganz un¬
erhörten Einmischung, die Wahl für beide Kammern der Territorialgesetzgebung
(Senat oder Council und Repräsentantenhaus) sehr wahrscheinlich den Frei-
bodenmännern eine bedeutende Majorität würde gegeben —ferner, daß
die Vorwände zu dieser Invasion—(als habe nämlich ein Verein in Boston eine
große Anzahl von Männern, ohne Frauen, Kinder und Gepäck, nach Kansas


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[0420] um die Vorfälle zu constatiren, stellt unter andern folgende Thatsachen als erwiesen dar: 1) Daß bis zur Aushebung des Missouricompromisses die Bewohner des angrenzenden Sklavenstaates Missouri sich ganz ruhig und gleichgültig verhielten, indem sie die Nichteinführung der Sklaverei in Kansas als eine sich von selbst verstehende Sache betrachteten; daß sie aber gleich auf die Nachricht von der Beseitigung des Compromisses in die größte Aufregung geriethen; daß sogleich angesehene Sklavenhalter aus Missouri über die Grenzen nach Kansas gingen, dort mit denjenigen Ansiedlern, welche die Sklaverei wünschten, Berathungen hielten und unter andern beschlossen, keinem Ansiedler, der ein Gegner der Sklaverei sei, Unterstützung oder Schutz zu gewähren, — auch die Sklaverei als bereits von Rechtswegen in Kansas bestehend zu betrachten, da kein Verbot derselben eristire, und die südlichen Sklavenhalter einzuladen, so schnell als möglich mit ihren Sklaven einzuwandern. 2) Daß diese Einmischung von Missouri aus fortwährend bei jeder wich¬ tigen Veranlassung, namentlich bei allen Wahlen stattfand, so daß alle Beamten des Territoriums von dem Constabler bis zum Gesetzgeber, (mit Aus¬ nahme der vom Präsidenten ernannten) nicht durch die wirklichen Ansiedler, sondern durch freche, meist bewaffnete Eindringlinge erwählt worden, die nach der Wahl sogleich wieder nach Missouri zurückkehrten. 3) Daß namentlich, im November 1854, die Wahl des Territoricildelegaten zum Kongreß (Whitfield) auf diese Weise geschah, — wobei die Unver¬ schämtheit der Eindringlinge aus Missouri so weit ging, daß z. B. in einem Wahldistricte, wo nur ö3 wirkliche Ansiedler wohnten, dennoch 604 Stimmen gegeben wurden. Im Ganzen wurden bei dieser Wahl 1144 gesetzliche und 1729 ungesetzliche Stimmen abgegeben. 4) Daß bei der Wahl eines gesetzgebenden Körpers für das Terri¬ torium, am 30. März 18S3, dieselbe Einmischung, aber auf eine noch aus- . gedehntere und gewaltsamere Weise stattfand, indem in allen 18 Wahl- districten von Kansas, mit Ausnahme eines einzigen, zahlreiche bewaffnete Haufen aus Missouri sich einfanden, und durch unbefugte Stimmgebung und Gewaltthätigkeiten aller Art die Wahl zu Gunsten des Sklaveninteresses ent¬ schieden. Es wurden 1410 gesetzliche und 4908 ungesetzliche Stimmen gegeben! Auch erklärt die Commission, daß nach allen Zeugnissen und Berechnungen, ohne jene unbefugte und in der Geschichte der Vereinigten Staaten ganz un¬ erhörten Einmischung, die Wahl für beide Kammern der Territorialgesetzgebung (Senat oder Council und Repräsentantenhaus) sehr wahrscheinlich den Frei- bodenmännern eine bedeutende Majorität würde gegeben —ferner, daß die Vorwände zu dieser Invasion—(als habe nämlich ein Verein in Boston eine große Anzahl von Männern, ohne Frauen, Kinder und Gepäck, nach Kansas

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/420>, abgerufen am 23.07.2024.