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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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rie schoß, als gälte es alle Gewitterwolken zu zerstreuen, und Abends ließ
der König beim großen Gallaempfang einige Worte fallen, die de,in östreichi¬
schen Gesandten die letzten Falten von der Stirn scheuchten.

An diesem nämlichen Tage grollte in Palermo der Donner der Geschütze,
wurde die Mannschaft deS Statthalters Malo und des Marschalls Vial durch
Steinwürfe, Flintenschüsse und Messerstiche den Schrecken eines Straßenkam-
PfeS Preis gegeben, floß das erste Blut, welches der Losreißung Siciliens
vom Hause der Bourbonen geweiht war.

Den Telegraphen hatten die Insurgenten zerstört. Die vorhandenen 8000
Mann Truppen vertheilte man an die haltbarsten Punkte der amphitheatrali-
schen Stadt, darunter namentlich der sarazenische Palazzo reale des Königs
Roger, in der Mitte zweier Bastionen gelegen, wohin sich die Beamtenwelt
mit ihren Familien und der Statthalter selbst zurückgezogen hatten. Das
Castell am Meere hielt der Schweizeroberst Groß.

Nachdem wunderbarerweise die Bewegung am -12. Januar nicht unter¬
drückt worden war, bildete sich am 13. eine provisorische Regierung, deren Lei¬
tung die ersten Edelleute Palermos übernahmen. Zuzüge aus der Umgegend,
namentlich unter Salvatore Miceli ti Monrealcö Leitung, unterstützten den
Kampf.

Am 13. Abends langte mit dem Dampfboot Vesuvio die Nachricht von
Palermos Erhebung in Neapel an. Sofort wurden der Prinz Luigi und
Marschall Desauget mit 8 Bataillonen Linie und 2 Feldbatterien an,f i> Dampf¬
fregatten nach Palermo abgesandt. Sie sollten das Fort Termini besetzen und
verproviantiren, Palermo beruhigen, mobile Colonnen ins Innere schicken,
"ein Schrecke" den Bösen, ein Schild den Guten" sein, das Eigenthumsrecht
respectiren. In der Nacht des 13. Januar landeten sie unter dem Schutz der
Kanonen des Molo und des Castello und nahmen bei Guattroventi Stellung;
zu ihnen gesellten sich die Generale Nicoletti und del Gindice mit dem 9. und
10. der Linie, it> Gendarmen und Dragonern und i Stück Bergartillerie.
Prinz Luigi kehrte nach Neapel zurück und brachte die ersten Rapporte des
Generals Desauget, dahin lautend, die Lage der Dinge sei schlimmer als im
Jahre 1820 und keine Hoffnung mit Gewalt die Revolution zu unterdrücken.

Zur selben Zeit begann der Schweizercommandant des Castells am
Meere, Palermo in Zwischenräumen von ü Minuten, auf erhaltenen Befehl,
zu ^bombardiren und fuhr mit der Einäscherung 40 Stunden fort, wo dann
der Protest der fremden Gesandten in Neapel einen Gegenbefehl erwirkte.

Am 18. Januar entschloß steh die Negierung, den Weg der Zugeständnisse
zu betre.ten. Einige municipale Reformen und eine Erweiterung der Consulta
befugnisse diesseits des Färö; jenseits deS Färö d. h. in Sicilien eine selbst¬
ständige Administration; für beide Theile endlich eine Veränderung der Censur


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rie schoß, als gälte es alle Gewitterwolken zu zerstreuen, und Abends ließ
der König beim großen Gallaempfang einige Worte fallen, die de,in östreichi¬
schen Gesandten die letzten Falten von der Stirn scheuchten.

An diesem nämlichen Tage grollte in Palermo der Donner der Geschütze,
wurde die Mannschaft deS Statthalters Malo und des Marschalls Vial durch
Steinwürfe, Flintenschüsse und Messerstiche den Schrecken eines Straßenkam-
PfeS Preis gegeben, floß das erste Blut, welches der Losreißung Siciliens
vom Hause der Bourbonen geweiht war.

Den Telegraphen hatten die Insurgenten zerstört. Die vorhandenen 8000
Mann Truppen vertheilte man an die haltbarsten Punkte der amphitheatrali-
schen Stadt, darunter namentlich der sarazenische Palazzo reale des Königs
Roger, in der Mitte zweier Bastionen gelegen, wohin sich die Beamtenwelt
mit ihren Familien und der Statthalter selbst zurückgezogen hatten. Das
Castell am Meere hielt der Schweizeroberst Groß.

Nachdem wunderbarerweise die Bewegung am -12. Januar nicht unter¬
drückt worden war, bildete sich am 13. eine provisorische Regierung, deren Lei¬
tung die ersten Edelleute Palermos übernahmen. Zuzüge aus der Umgegend,
namentlich unter Salvatore Miceli ti Monrealcö Leitung, unterstützten den
Kampf.

Am 13. Abends langte mit dem Dampfboot Vesuvio die Nachricht von
Palermos Erhebung in Neapel an. Sofort wurden der Prinz Luigi und
Marschall Desauget mit 8 Bataillonen Linie und 2 Feldbatterien an,f i> Dampf¬
fregatten nach Palermo abgesandt. Sie sollten das Fort Termini besetzen und
verproviantiren, Palermo beruhigen, mobile Colonnen ins Innere schicken,
„ein Schrecke» den Bösen, ein Schild den Guten" sein, das Eigenthumsrecht
respectiren. In der Nacht des 13. Januar landeten sie unter dem Schutz der
Kanonen des Molo und des Castello und nahmen bei Guattroventi Stellung;
zu ihnen gesellten sich die Generale Nicoletti und del Gindice mit dem 9. und
10. der Linie, it> Gendarmen und Dragonern und i Stück Bergartillerie.
Prinz Luigi kehrte nach Neapel zurück und brachte die ersten Rapporte des
Generals Desauget, dahin lautend, die Lage der Dinge sei schlimmer als im
Jahre 1820 und keine Hoffnung mit Gewalt die Revolution zu unterdrücken.

Zur selben Zeit begann der Schweizercommandant des Castells am
Meere, Palermo in Zwischenräumen von ü Minuten, auf erhaltenen Befehl,
zu ^bombardiren und fuhr mit der Einäscherung 40 Stunden fort, wo dann
der Protest der fremden Gesandten in Neapel einen Gegenbefehl erwirkte.

Am 18. Januar entschloß steh die Negierung, den Weg der Zugeständnisse
zu betre.ten. Einige municipale Reformen und eine Erweiterung der Consulta
befugnisse diesseits des Färö; jenseits deS Färö d. h. in Sicilien eine selbst¬
ständige Administration; für beide Theile endlich eine Veränderung der Censur


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/283>, abgerufen am 23.07.2024.