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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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zeichst". Seite des schnaaseschen Werks und diejenige, die sich zunächst dem
Blick aufdrängt, so würde man doch höchst ungerecht sein, wenn man seine
Aufmerksamkeit darauf beschränken wollte. Es ist vielmehr namentlich in die¬
sen spätern Bänden das eigentlich künstlerische Moment, wie sich gebührt, mit
dem wärmsten Fleiße behandelt worden. Fast bei jedem einzelnen der großen
Gebäude, welche der fünfte Band bespricht, erregt die warme, lebendige Theil¬
nahme Bewunderung, mit der das kleinste Detail auf die leitende Idee bezo¬
gen, in seinen innern Gründen erforscht und nach dem festen künstlerischen
Maßstab beurtheilt wird. Der Geschichtschreiber geht durchaus objectiv zu
Werke d. h. er sucht jedes Mal den Sinn des Zeitalters zu erfassen und aus
ihm heraus den Grund der einzelnen Unternehmungen, so wie die Ausführung
zu begründen; aber diese Objektivität geht nicht so weit, die Idee des Scho¬
llen als. ein bloßes Schlingengewächs zu betrachten, welches von dem Stamm
des Zeitgeistes zehrt, nur an ihm sein Leben hat. Die Idee modificirt sich in
ihrer-äußern Gestalt, sie bleibt aber in ihrem innern Gesetz dieselbe.

Möchte es dem Verfasser bald verstattet fein, von seinem schönen Werk,
welches wir als. eins der ehrenvollsten Zeugnisse deutscher Bildung betrachten,
die Fortsetzung zu geben und die frühern Bände, die durch neuere Forschungen
in mancher Beziehung überholt sind, einer. gründlichen Revision zu unterwer¬
fen. Auch auf die verwandten, Gebiete der Culturgeschichte wird das Studium
desselben den günstigsten Einfluß ausüben.




GrosDeutsche Politiker.

Studien zur deutschen Geschichte und Politik. Die Ursachen des Verfalls
und Untergangs des deutschen Reiches. Die Gründung des preußischen
Staats. DropscuS Geschichte der preußischen Politik. PrcuszcnS Beruf.
Der preußisch-östreichische Antagonismus. Die Bundesrcsoriu. Von K. Jür¬
gens. Bremen, H. Strack. --
'"'''

,
Das Buch enthält zunächst eine fortlaufende Kritik der Geschichte der
preußischen, Politik von Droysen, nebenbei' aber die bekannten Ausfälle auf
alle möglichen Parteien und Richtungen, die irgendwie für Preußen günstig
sind, ohne Unterschied des Standes und der Personen, von der Kreuzzeitung
an bis zur Nationalzeitung oder zum Urwähler. Übrigens verspricht Herr
Jürgens in dem Nachwort, sich den Gegnern gegenüber ein sittliches Maß
auflegen zu wollen. Er wolle z.B. nicht die Behauptung aufstellen,
daß Droysen darum jenes Buch geschrieben habe, um alö Pro¬
fessor ,in Preußen angestellt zu werden. Eingedenk dieser edelmüthigen


zeichst«. Seite des schnaaseschen Werks und diejenige, die sich zunächst dem
Blick aufdrängt, so würde man doch höchst ungerecht sein, wenn man seine
Aufmerksamkeit darauf beschränken wollte. Es ist vielmehr namentlich in die¬
sen spätern Bänden das eigentlich künstlerische Moment, wie sich gebührt, mit
dem wärmsten Fleiße behandelt worden. Fast bei jedem einzelnen der großen
Gebäude, welche der fünfte Band bespricht, erregt die warme, lebendige Theil¬
nahme Bewunderung, mit der das kleinste Detail auf die leitende Idee bezo¬
gen, in seinen innern Gründen erforscht und nach dem festen künstlerischen
Maßstab beurtheilt wird. Der Geschichtschreiber geht durchaus objectiv zu
Werke d. h. er sucht jedes Mal den Sinn des Zeitalters zu erfassen und aus
ihm heraus den Grund der einzelnen Unternehmungen, so wie die Ausführung
zu begründen; aber diese Objektivität geht nicht so weit, die Idee des Scho¬
llen als. ein bloßes Schlingengewächs zu betrachten, welches von dem Stamm
des Zeitgeistes zehrt, nur an ihm sein Leben hat. Die Idee modificirt sich in
ihrer-äußern Gestalt, sie bleibt aber in ihrem innern Gesetz dieselbe.

Möchte es dem Verfasser bald verstattet fein, von seinem schönen Werk,
welches wir als. eins der ehrenvollsten Zeugnisse deutscher Bildung betrachten,
die Fortsetzung zu geben und die frühern Bände, die durch neuere Forschungen
in mancher Beziehung überholt sind, einer. gründlichen Revision zu unterwer¬
fen. Auch auf die verwandten, Gebiete der Culturgeschichte wird das Studium
desselben den günstigsten Einfluß ausüben.




GrosDeutsche Politiker.

Studien zur deutschen Geschichte und Politik. Die Ursachen des Verfalls
und Untergangs des deutschen Reiches. Die Gründung des preußischen
Staats. DropscuS Geschichte der preußischen Politik. PrcuszcnS Beruf.
Der preußisch-östreichische Antagonismus. Die Bundesrcsoriu. Von K. Jür¬
gens. Bremen, H. Strack. —
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,
Das Buch enthält zunächst eine fortlaufende Kritik der Geschichte der
preußischen, Politik von Droysen, nebenbei' aber die bekannten Ausfälle auf
alle möglichen Parteien und Richtungen, die irgendwie für Preußen günstig
sind, ohne Unterschied des Standes und der Personen, von der Kreuzzeitung
an bis zur Nationalzeitung oder zum Urwähler. Übrigens verspricht Herr
Jürgens in dem Nachwort, sich den Gegnern gegenüber ein sittliches Maß
auflegen zu wollen. Er wolle z.B. nicht die Behauptung aufstellen,
daß Droysen darum jenes Buch geschrieben habe, um alö Pro¬
fessor ,in Preußen angestellt zu werden. Eingedenk dieser edelmüthigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/218>, abgerufen am 23.07.2024.