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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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machen; die Division L. soll ihn verstärken. -- Ueberhaupt habe ich auch in
anderer, Beziehung sagen gehört, daß die Einbildungskraft dem Kaiser oft
Dinge vorspiegelt, die nicht bestehen; das soll ein Erbstück vom Kaiser
Paul sein. --

Der östreichische General Piret war heute an der Marschallstafel mein
Nachbar zur einen Seite, Baron Rosen zur andern. Mehre Adjutanten
sprachen aus, wie sehr sie das ewige Manövriren ermüde. Man ging so
weit zu sagen: O'est bien Ireursux pour I'l^urnpe czne 1'IZmpereur truuve
Musir a ekoi8ir 8of Äiamps 6s bataille si pres as l>6dorse)ourA, et ein'it
s'amuse ä edanxer pour 8a psrscmns six lois par ^our ä'nun'orne, lanatis
in'it pourrait en lairs evavger l'Kuropo. -- Sie klagten: Man weiß hier
nie eine Stunde .vorher, was geschieht; immer sehr .ermüdende Überraschungen.
Für heute Abend erwartete man eine Alarmirung der Cadetten, aber sie unter¬
blieb, nicht weil die Menschen, sondern weil die Pferde müde waren. Damit
doch etwas gethan werde, endigte der Tag mit einem kleinen Feuerwerk: trof
mescMn.

11. August. Wir fuhren nach KraSno-Scio, nahmen dort ein Frühstück
ein und stiegen dann zu Pferde, um mit dem Kaiser a 1a, töte bis spät in
die Nacht an der Spitze der Avantgarde den Feind aufzusuchen. Alles das
wird mit einem serieux betrieben, das sehr komisch ist.

Die Manöver gehen nicht nur über Stock und Stein, sondern auch
über die Saatfelder; aller so verursachte Schaden wird zwar geschätzt und
vergütet, aber: Wer bezahlt die Vergütung? das Land; und dann ist es ein
schlechtes Beispiel in einem noch uncivilisirten Lande, wo von oben herab
Achtung für das Eigenthum, Sparsamkeit und ein esMt eunservateur an den
Tag gelegt werden sollte.

12. August. Fortsetzung der Manöver, Verfolgung des Feindes, Cavale-
rieattaken auf Carres :c.

1i. August. Großes Manöver und große Schlacht, wobei aber Regen¬
wetter eintrat; wir blieben in der Traufe stehen. Da sich alle dies; Manö¬
ver gleichen, will ich dabei nicht verweilen. Ich galoppirte überall herum,
um die verschiedenen Dispositionen zu sehen, wobei man mir manchmal zurief:
lib bien, Oolonel, est-ve que vous n'en ave/ pas enccire asses ach manoen^
Vi'ö8? Auf allen Gesichtern war der Ueberdruß zu lesen.

Der Kaiser blieb bis in die Nacht in einem Platzregen stehen, um daS
Resultat einer Bewegung abzuwarten, die er nicht sehen konnte. Erst als er
die Meldung erhielt: eine gewisse Colonne sei auf gewisser Höhe angekommen,
und demzufolge habe der Feind sich zurückgezogen, rief er selbstzufrieden aus:
>^ in'zö attenclais, voila 1s resultat yue Zö voulais obtsnir; I'alksürs est xaxnee,
retournvus an quartier Aeneral.


machen; die Division L. soll ihn verstärken. — Ueberhaupt habe ich auch in
anderer, Beziehung sagen gehört, daß die Einbildungskraft dem Kaiser oft
Dinge vorspiegelt, die nicht bestehen; das soll ein Erbstück vom Kaiser
Paul sein. —

Der östreichische General Piret war heute an der Marschallstafel mein
Nachbar zur einen Seite, Baron Rosen zur andern. Mehre Adjutanten
sprachen aus, wie sehr sie das ewige Manövriren ermüde. Man ging so
weit zu sagen: O'est bien Ireursux pour I'l^urnpe czne 1'IZmpereur truuve
Musir a ekoi8ir 8of Äiamps 6s bataille si pres as l>6dorse)ourA, et ein'it
s'amuse ä edanxer pour 8a psrscmns six lois par ^our ä'nun'orne, lanatis
in'it pourrait en lairs evavger l'Kuropo. — Sie klagten: Man weiß hier
nie eine Stunde .vorher, was geschieht; immer sehr .ermüdende Überraschungen.
Für heute Abend erwartete man eine Alarmirung der Cadetten, aber sie unter¬
blieb, nicht weil die Menschen, sondern weil die Pferde müde waren. Damit
doch etwas gethan werde, endigte der Tag mit einem kleinen Feuerwerk: trof
mescMn.

11. August. Wir fuhren nach KraSno-Scio, nahmen dort ein Frühstück
ein und stiegen dann zu Pferde, um mit dem Kaiser a 1a, töte bis spät in
die Nacht an der Spitze der Avantgarde den Feind aufzusuchen. Alles das
wird mit einem serieux betrieben, das sehr komisch ist.

Die Manöver gehen nicht nur über Stock und Stein, sondern auch
über die Saatfelder; aller so verursachte Schaden wird zwar geschätzt und
vergütet, aber: Wer bezahlt die Vergütung? das Land; und dann ist es ein
schlechtes Beispiel in einem noch uncivilisirten Lande, wo von oben herab
Achtung für das Eigenthum, Sparsamkeit und ein esMt eunservateur an den
Tag gelegt werden sollte.

12. August. Fortsetzung der Manöver, Verfolgung des Feindes, Cavale-
rieattaken auf Carres :c.

1i. August. Großes Manöver und große Schlacht, wobei aber Regen¬
wetter eintrat; wir blieben in der Traufe stehen. Da sich alle dies; Manö¬
ver gleichen, will ich dabei nicht verweilen. Ich galoppirte überall herum,
um die verschiedenen Dispositionen zu sehen, wobei man mir manchmal zurief:
lib bien, Oolonel, est-ve que vous n'en ave/ pas enccire asses ach manoen^
Vi'ö8? Auf allen Gesichtern war der Ueberdruß zu lesen.

Der Kaiser blieb bis in die Nacht in einem Platzregen stehen, um daS
Resultat einer Bewegung abzuwarten, die er nicht sehen konnte. Erst als er
die Meldung erhielt: eine gewisse Colonne sei auf gewisser Höhe angekommen,
und demzufolge habe der Feind sich zurückgezogen, rief er selbstzufrieden aus:
>^ in'zö attenclais, voila 1s resultat yue Zö voulais obtsnir; I'alksürs est xaxnee,
retournvus an quartier Aeneral.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/175>, abgerufen am 23.07.2024.