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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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dafür gemacht sei, und werde eS schwerlich wieder unternehmen. Der Kaiser
kleidet das religiös ein: quo co ri'est pus is ont<int6 60 <>!e.u qu'it Sö cli-
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mäßigkeit und Schulgerechtheit/ so z. B. verbot er den Soldaten, die sehr
lange Mäntel oder Ueberröcke tragen, die bis auf die Knöchel herabreichen,
die Zipfel derselben in die Säcke zu stecken, was sie gewohnt waren, um be-
- quemer zu marschiren, --

8. August. Morgens war Manöver der ganzen Garde, i>8 Bataillone
und drei Divisionen Cavalerie, zusammen zwischen 40 und !>0,000 Mann.
Der Kaiser ließ die Dragoner absitzen und zu Fuß fechten; dann wurde der
Uebergang eines Flusses forcirt. In der russischen Armee sind gewisse Normal¬
stellungen für die Divisionen, sowol Infanterie als Cavalerie, eingeführt;
diese Stellungen haben Nummern, auch Namen, als: ausgedehnte, gedrängte,
maskirte, Reserveaufstellung, wovon die Details suo looo. Das Manöver
dauerte von Morgens 4 bis 11 Uhr. Die russische Infanterie marschirt sehr
schön, auch wurde in einem Nu diese Masse zusammengezogen, um in RegimentS-
evlonnen zu defiliren d. h. eS waren vier Linien Infanterie, jede aus zwölf
Bataillonen in geschlossenen Massen, dahinter Cavalerie und Artillerie auch
in geschlossenen Colonnen, so daß die ganze Garde in Front etwa 700 Schritte
und in der Tiefe 600 Schritte einnahm! Als der Kaiser diese Masse so vor¬
wärts bewegte, rief er den Fremden zu: Vo^c-x NiZssiuues, oevi c-se trof ron-rr-
quuble, vo^e/. eomms Wut s'kLt torno c-n rin plin ä'ohn. Der Kaiser com-
mandiric selbst und sprach auch selbst die Truppe an, um ihr seine Zufriedenheit
zu bezeigen. Die Antworten der Soldaten sind eingelernt und erfolgen im Chor
immer mit denselben Worten; z. B. Ich bin zufrieden, meine Kinder! Antwort:
Vater, wir werden glücklich sein, es ein ander Mal noch besser zu machen u. tgi.
Diese Anreden, die nach einer Schlacht oder einem ermüdenden Kriegsmarsche
Eindruck machen würden, sind durch die häufige Wiederholung, ganz ohne be--
deutende Veranlassung, lächerlich geworden. Die Soldaten selbst sollen darüber
lachen und den Ausdruck gebrauchen: wenn der Vater sich amüsiren will,
müssen seine Kinder vor ihm tanzen. Der Kaiser aber behandelt das mit dem
größten Ernste, und seine Einbildungskraft, die ungewöhnlich lebhaft sein soll,
spiegelt ihm vielleicht eine gewonnene Schlacht vor. Ein Flügeladjutant des
Kaisers, der junge Rosen, erzählte mir heute, wie der Kaiser seine Adjutanten
braucht während eines solchen Manövers. Er ruft einen auf und sagt: Sehen
Sie dort die starken feindlichen Massen, die den rechten Flügel des General N.
mit Umgehung bedrohen? Nur eine schnell ausgeführte Frontveränderung kann
ihn retten! Führen Sie ihm sogleich die Division X. zu Hilfe, ehe er ecrasirt
wirb! In Prosa übersetz!: Ich setze voraus, daß ein starker Feind den Gene¬
ral N. in der rechten Flanke bedroht; N. soll daher eine Frontveränderung


dafür gemacht sei, und werde eS schwerlich wieder unternehmen. Der Kaiser
kleidet das religiös ein: quo co ri'est pus is ont<int6 60 <>!e.u qu'it Sö cli-
stirißne ä 1a >ö>«>. ceo s<?8 armvos. Er wollte im Felde eine pedantische Regel¬
mäßigkeit und Schulgerechtheit/ so z. B. verbot er den Soldaten, die sehr
lange Mäntel oder Ueberröcke tragen, die bis auf die Knöchel herabreichen,
die Zipfel derselben in die Säcke zu stecken, was sie gewohnt waren, um be-
- quemer zu marschiren, —

8. August. Morgens war Manöver der ganzen Garde, i>8 Bataillone
und drei Divisionen Cavalerie, zusammen zwischen 40 und !>0,000 Mann.
Der Kaiser ließ die Dragoner absitzen und zu Fuß fechten; dann wurde der
Uebergang eines Flusses forcirt. In der russischen Armee sind gewisse Normal¬
stellungen für die Divisionen, sowol Infanterie als Cavalerie, eingeführt;
diese Stellungen haben Nummern, auch Namen, als: ausgedehnte, gedrängte,
maskirte, Reserveaufstellung, wovon die Details suo looo. Das Manöver
dauerte von Morgens 4 bis 11 Uhr. Die russische Infanterie marschirt sehr
schön, auch wurde in einem Nu diese Masse zusammengezogen, um in RegimentS-
evlonnen zu defiliren d. h. eS waren vier Linien Infanterie, jede aus zwölf
Bataillonen in geschlossenen Massen, dahinter Cavalerie und Artillerie auch
in geschlossenen Colonnen, so daß die ganze Garde in Front etwa 700 Schritte
und in der Tiefe 600 Schritte einnahm! Als der Kaiser diese Masse so vor¬
wärts bewegte, rief er den Fremden zu: Vo^c-x NiZssiuues, oevi c-se trof ron-rr-
quuble, vo^e/. eomms Wut s'kLt torno c-n rin plin ä'ohn. Der Kaiser com-
mandiric selbst und sprach auch selbst die Truppe an, um ihr seine Zufriedenheit
zu bezeigen. Die Antworten der Soldaten sind eingelernt und erfolgen im Chor
immer mit denselben Worten; z. B. Ich bin zufrieden, meine Kinder! Antwort:
Vater, wir werden glücklich sein, es ein ander Mal noch besser zu machen u. tgi.
Diese Anreden, die nach einer Schlacht oder einem ermüdenden Kriegsmarsche
Eindruck machen würden, sind durch die häufige Wiederholung, ganz ohne be--
deutende Veranlassung, lächerlich geworden. Die Soldaten selbst sollen darüber
lachen und den Ausdruck gebrauchen: wenn der Vater sich amüsiren will,
müssen seine Kinder vor ihm tanzen. Der Kaiser aber behandelt das mit dem
größten Ernste, und seine Einbildungskraft, die ungewöhnlich lebhaft sein soll,
spiegelt ihm vielleicht eine gewonnene Schlacht vor. Ein Flügeladjutant des
Kaisers, der junge Rosen, erzählte mir heute, wie der Kaiser seine Adjutanten
braucht während eines solchen Manövers. Er ruft einen auf und sagt: Sehen
Sie dort die starken feindlichen Massen, die den rechten Flügel des General N.
mit Umgehung bedrohen? Nur eine schnell ausgeführte Frontveränderung kann
ihn retten! Führen Sie ihm sogleich die Division X. zu Hilfe, ehe er ecrasirt
wirb! In Prosa übersetz!: Ich setze voraus, daß ein starker Feind den Gene¬
ral N. in der rechten Flanke bedroht; N. soll daher eine Frontveränderung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/174>, abgerufen am 23.07.2024.