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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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ich sollte zwölf reißige Rosse fertig machen, und den Junkern ansagen, daß
sie alle anreiten sollten, jedoch sollte ich ihnen nicht vermelden, wohinaus
Fürstliche Gnaden wollten.

Obwol ich nun ferner bat, Fürstliche Gnaden sollten eS nicht thun, denn
sie würden sich um Land und Leute bringen, und ich wollte deswegen abmah¬
nen, so war doch bei Seiner Fürstlichen Gnaden nichts durchzusetzen, sondern
er zog fort und befahl mir, unterdeß nicht von dem Hause Haman zu weichen,
bis er mich abriefe. Wenn aber Seine Fürstliche Gnaden das Haus Gröditz-
berg in der Nacht einnehmen würden, wollten Sie sogleich einen reitenden
Boten zurückschicken, und nenn ich einen Schuß höre, sollte ich ihn sogleich
einlassin, und sollte dem Befehl gehorchen, den er brächte. Es zieht also mein
Herr von Haman den 18. August um 2 Uhr nach dem Gröditzverg zu. Als
Fürstliche Gnaden nun unter dem Berge ins Holz kamen, halten Sie zwei
Reiter hinaufgeschickt, als wenn sie das Haus besehen wollten; diese sollten
Kundschaft einziehen, wer droben sei, und wenn sie fänden, daß mein Herr
nachrücken könnte, so sollten sie einen Schuß thun. Da sie nicht mehr als
zwei Mannspersonen oben fanden, haben sie den Schuß abgefeuert. Schnell
rückten Seine Fürstliche Gnaden hinauf, nahmen das Schloß ein und
schickten mir zur dritten Stunde in der Nacht nach Abkommen einen rei¬
tenden Boten. Wie nun der Schuß vor dem Thore zu Haman losging,
erschrak ich höchlich, -- und sagte deshalb zu denen, die bei'mir in der Kammer
lagen: dieser Schuß bringt meinen Herrn um Land und Leute. Sie verstanden
das eben nicht und argwöhnten, mein Herr hätte den Herzog Friedrich ent¬
führt. Ich befahl alsbald, daß die Pforte am Schlosse geöffnet würde. Da
ließen Fürstliche Gnaden mir durch Ulrich Rausch vermelden, Sie hätten
den Gröditzbcrg inne, gedächten auch nicht wieder herunter zu ziehen, sondern
ich sollte alsbald meines Herrn übrige Rosse und Gesinde nebst den andern
Sachen auf den Berg schicken.

Zwei Tage darauf lassen sich zwei polnische Herrn, Johann und Georg
Nasserschafsky ansagen, um Fürstliche Gnaden zu Haman zu besuchen, was
ich dem Herzog bald zu wissen that und anfrug, wie ich mich verhalten sollte.
Darauf gaben Fürstliche Gnaden mir zur Antwort, ich sollte sie zu Haman
ein paar Tage tractiren und aufhalten, und schickte mir sechs Thaler mit zur
Zehrung. Da nun die polnischen Herren Is Rosse hatten, so gingen die
sechs Thaler bei der ersten Mahlzeit für Wein auf, ich mußte also mit Borgen
und Sorgen sehen, wie ich die Herren, welche bis zum vierten Tage still
lagen, bewirthen konnte. Darauf schrieb mir der Herr, ich sollte sie auf den
- Gröditzberg bringen, auch selbst mitkommen. Dort hatte der Herzog bereits
eine Guardia von zwanzig Knechten mit langen, Röhren und war ein Kriegs¬
mann geworden, ließ durch sechs Trompeter und Kesseltrommeln die Herren


ich sollte zwölf reißige Rosse fertig machen, und den Junkern ansagen, daß
sie alle anreiten sollten, jedoch sollte ich ihnen nicht vermelden, wohinaus
Fürstliche Gnaden wollten.

Obwol ich nun ferner bat, Fürstliche Gnaden sollten eS nicht thun, denn
sie würden sich um Land und Leute bringen, und ich wollte deswegen abmah¬
nen, so war doch bei Seiner Fürstlichen Gnaden nichts durchzusetzen, sondern
er zog fort und befahl mir, unterdeß nicht von dem Hause Haman zu weichen,
bis er mich abriefe. Wenn aber Seine Fürstliche Gnaden das Haus Gröditz-
berg in der Nacht einnehmen würden, wollten Sie sogleich einen reitenden
Boten zurückschicken, und nenn ich einen Schuß höre, sollte ich ihn sogleich
einlassin, und sollte dem Befehl gehorchen, den er brächte. Es zieht also mein
Herr von Haman den 18. August um 2 Uhr nach dem Gröditzverg zu. Als
Fürstliche Gnaden nun unter dem Berge ins Holz kamen, halten Sie zwei
Reiter hinaufgeschickt, als wenn sie das Haus besehen wollten; diese sollten
Kundschaft einziehen, wer droben sei, und wenn sie fänden, daß mein Herr
nachrücken könnte, so sollten sie einen Schuß thun. Da sie nicht mehr als
zwei Mannspersonen oben fanden, haben sie den Schuß abgefeuert. Schnell
rückten Seine Fürstliche Gnaden hinauf, nahmen das Schloß ein und
schickten mir zur dritten Stunde in der Nacht nach Abkommen einen rei¬
tenden Boten. Wie nun der Schuß vor dem Thore zu Haman losging,
erschrak ich höchlich, — und sagte deshalb zu denen, die bei'mir in der Kammer
lagen: dieser Schuß bringt meinen Herrn um Land und Leute. Sie verstanden
das eben nicht und argwöhnten, mein Herr hätte den Herzog Friedrich ent¬
führt. Ich befahl alsbald, daß die Pforte am Schlosse geöffnet würde. Da
ließen Fürstliche Gnaden mir durch Ulrich Rausch vermelden, Sie hätten
den Gröditzbcrg inne, gedächten auch nicht wieder herunter zu ziehen, sondern
ich sollte alsbald meines Herrn übrige Rosse und Gesinde nebst den andern
Sachen auf den Berg schicken.

Zwei Tage darauf lassen sich zwei polnische Herrn, Johann und Georg
Nasserschafsky ansagen, um Fürstliche Gnaden zu Haman zu besuchen, was
ich dem Herzog bald zu wissen that und anfrug, wie ich mich verhalten sollte.
Darauf gaben Fürstliche Gnaden mir zur Antwort, ich sollte sie zu Haman
ein paar Tage tractiren und aufhalten, und schickte mir sechs Thaler mit zur
Zehrung. Da nun die polnischen Herren Is Rosse hatten, so gingen die
sechs Thaler bei der ersten Mahlzeit für Wein auf, ich mußte also mit Borgen
und Sorgen sehen, wie ich die Herren, welche bis zum vierten Tage still
lagen, bewirthen konnte. Darauf schrieb mir der Herr, ich sollte sie auf den
- Gröditzberg bringen, auch selbst mitkommen. Dort hatte der Herzog bereits
eine Guardia von zwanzig Knechten mit langen, Röhren und war ein Kriegs¬
mann geworden, ließ durch sechs Trompeter und Kesseltrommeln die Herren


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[0116] ich sollte zwölf reißige Rosse fertig machen, und den Junkern ansagen, daß sie alle anreiten sollten, jedoch sollte ich ihnen nicht vermelden, wohinaus Fürstliche Gnaden wollten. Obwol ich nun ferner bat, Fürstliche Gnaden sollten eS nicht thun, denn sie würden sich um Land und Leute bringen, und ich wollte deswegen abmah¬ nen, so war doch bei Seiner Fürstlichen Gnaden nichts durchzusetzen, sondern er zog fort und befahl mir, unterdeß nicht von dem Hause Haman zu weichen, bis er mich abriefe. Wenn aber Seine Fürstliche Gnaden das Haus Gröditz- berg in der Nacht einnehmen würden, wollten Sie sogleich einen reitenden Boten zurückschicken, und nenn ich einen Schuß höre, sollte ich ihn sogleich einlassin, und sollte dem Befehl gehorchen, den er brächte. Es zieht also mein Herr von Haman den 18. August um 2 Uhr nach dem Gröditzverg zu. Als Fürstliche Gnaden nun unter dem Berge ins Holz kamen, halten Sie zwei Reiter hinaufgeschickt, als wenn sie das Haus besehen wollten; diese sollten Kundschaft einziehen, wer droben sei, und wenn sie fänden, daß mein Herr nachrücken könnte, so sollten sie einen Schuß thun. Da sie nicht mehr als zwei Mannspersonen oben fanden, haben sie den Schuß abgefeuert. Schnell rückten Seine Fürstliche Gnaden hinauf, nahmen das Schloß ein und schickten mir zur dritten Stunde in der Nacht nach Abkommen einen rei¬ tenden Boten. Wie nun der Schuß vor dem Thore zu Haman losging, erschrak ich höchlich, — und sagte deshalb zu denen, die bei'mir in der Kammer lagen: dieser Schuß bringt meinen Herrn um Land und Leute. Sie verstanden das eben nicht und argwöhnten, mein Herr hätte den Herzog Friedrich ent¬ führt. Ich befahl alsbald, daß die Pforte am Schlosse geöffnet würde. Da ließen Fürstliche Gnaden mir durch Ulrich Rausch vermelden, Sie hätten den Gröditzbcrg inne, gedächten auch nicht wieder herunter zu ziehen, sondern ich sollte alsbald meines Herrn übrige Rosse und Gesinde nebst den andern Sachen auf den Berg schicken. Zwei Tage darauf lassen sich zwei polnische Herrn, Johann und Georg Nasserschafsky ansagen, um Fürstliche Gnaden zu Haman zu besuchen, was ich dem Herzog bald zu wissen that und anfrug, wie ich mich verhalten sollte. Darauf gaben Fürstliche Gnaden mir zur Antwort, ich sollte sie zu Haman ein paar Tage tractiren und aufhalten, und schickte mir sechs Thaler mit zur Zehrung. Da nun die polnischen Herren Is Rosse hatten, so gingen die sechs Thaler bei der ersten Mahlzeit für Wein auf, ich mußte also mit Borgen und Sorgen sehen, wie ich die Herren, welche bis zum vierten Tage still lagen, bewirthen konnte. Darauf schrieb mir der Herr, ich sollte sie auf den - Gröditzberg bringen, auch selbst mitkommen. Dort hatte der Herzog bereits eine Guardia von zwanzig Knechten mit langen, Röhren und war ein Kriegs¬ mann geworden, ließ durch sechs Trompeter und Kesseltrommeln die Herren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/116>, abgerufen am 23.07.2024.