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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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zum Empfange anblasen. Sobald ich hinaufkam, befahlen Fürstliche Gnaden
mir die Haushaltung. --

Fürstliche Gnaden wollten das Haus verproviantirt haben und befahlen
mir, ich sollte 24 Malter Mehl in Vorrat!) machen lassen, welches denn auch
geschah, und ich kaufte aus Befehl auch acht Malter Salz. Es war ein so
großer Haufe Pilze und Heidelbeeren gebacken, daß es gar nicht zu sagen ist,
große Fässer voll, womit viel Geld verthan ward. Es wurden auch zwölf
Schweine im Schlosse mit lauter Getreide gemästet, denen der Herzog oft
selbst zu fressen gab. -- Alles war auf die Belagerung des Hauses gerichtet.
Es waren auch Fuhrleute zu Modelsdorf,, welche Blei, das zu Breslau ge¬
laden war, nach Leipzig zu führen hatten, das erfuhren Fürstliche Gnaden
und befahlen derowegen sogleich, daß zwei Fuhrleute dies Blei auf den Berg
fahren sollten, welches Blei über 250 Thaler werth war. Es ward aufs Haus
geschafft und blieb allda liegen. Die Kaufleute erfuhren das und klagtens
dem Bischof*), welcher meinen Herrn aufforderte, das Blei sogleich wieder
herauszugeben. Fürstliche Gnaden aber wollten es nicht thun, sondern er¬
boten sich, das Blei einst von ihrem Deputat zu zahlen. Folglich blieb es
unbezahlt. Darüber kamen vie Fuhrleute in große Angelegenheit. -- Darauf
schickte Bischof Martin Commissarien auf den Gröditzberg, Fürstliche Gnaden
behielten die Commissarien zwei Tage bei sich und traclirten sie wohl, aber
ließen sie unverrichteter Sache wieder abziehn.

Unterdeß ließ mich die Frau von Herrnsdorf zu einer Hochzeit bitten,
ohne Zweifel mehr ihrer Tochter zu Gefallen, der ich nicht gram were, und
bei der ich mich auf Liebe einließ. Deshalb bat ich Fürstliche Gnaden um
Urlaub, und daß sie mir drei Rosse leihen möchten, welches Fürstliche Gnaden
auch gern thaten, und weil Fürstliche Gnaden grade ihr Gesinde in grau Tuch
einkleideten, so beförderte ich, daß die, welche mit mir ritten, zu allererst ge¬
kleidet wurden. Unterdeß ließ ich mir auch Schwert und Dolch beschlagen und
putzte mich aufs beste heraus. So ritt ich mit drei Rossen auf Herrnsdorf
zu, wo ich bei der Jungfrau besonders gern gesehen war. Ich half die Braut
nach Herrnsdorf holen, und ließ mich mit meinem Trompeter sehen. Wir
waren die Hochzeit über bis auf den Sonnabend luftig und guter Dinge, und
wenn einer weg wollte, hielt ihn der andere fest. Obgleich ich nun unterdeß
vom Herzog zurückgefordert ward, so blieb ich doch sitzen, deshalb, damit man
nicht merken möchte, daß die Pferde dem Herzog gehörten. Am Sonnabend
aber ritt ich fort, und alö ich unter den Gröditzberg komme, lasse ich den
Trompeter blasen; wie ich aber im Schloß absitze, kommt ein guter Freund
von mir und berichtet mir, daß Fürstliche Gnaden sehr zornig auf mich wären,



*) von Breslau,

zum Empfange anblasen. Sobald ich hinaufkam, befahlen Fürstliche Gnaden
mir die Haushaltung. —

Fürstliche Gnaden wollten das Haus verproviantirt haben und befahlen
mir, ich sollte 24 Malter Mehl in Vorrat!) machen lassen, welches denn auch
geschah, und ich kaufte aus Befehl auch acht Malter Salz. Es war ein so
großer Haufe Pilze und Heidelbeeren gebacken, daß es gar nicht zu sagen ist,
große Fässer voll, womit viel Geld verthan ward. Es wurden auch zwölf
Schweine im Schlosse mit lauter Getreide gemästet, denen der Herzog oft
selbst zu fressen gab. — Alles war auf die Belagerung des Hauses gerichtet.
Es waren auch Fuhrleute zu Modelsdorf,, welche Blei, das zu Breslau ge¬
laden war, nach Leipzig zu führen hatten, das erfuhren Fürstliche Gnaden
und befahlen derowegen sogleich, daß zwei Fuhrleute dies Blei auf den Berg
fahren sollten, welches Blei über 250 Thaler werth war. Es ward aufs Haus
geschafft und blieb allda liegen. Die Kaufleute erfuhren das und klagtens
dem Bischof*), welcher meinen Herrn aufforderte, das Blei sogleich wieder
herauszugeben. Fürstliche Gnaden aber wollten es nicht thun, sondern er¬
boten sich, das Blei einst von ihrem Deputat zu zahlen. Folglich blieb es
unbezahlt. Darüber kamen vie Fuhrleute in große Angelegenheit. — Darauf
schickte Bischof Martin Commissarien auf den Gröditzberg, Fürstliche Gnaden
behielten die Commissarien zwei Tage bei sich und traclirten sie wohl, aber
ließen sie unverrichteter Sache wieder abziehn.

Unterdeß ließ mich die Frau von Herrnsdorf zu einer Hochzeit bitten,
ohne Zweifel mehr ihrer Tochter zu Gefallen, der ich nicht gram were, und
bei der ich mich auf Liebe einließ. Deshalb bat ich Fürstliche Gnaden um
Urlaub, und daß sie mir drei Rosse leihen möchten, welches Fürstliche Gnaden
auch gern thaten, und weil Fürstliche Gnaden grade ihr Gesinde in grau Tuch
einkleideten, so beförderte ich, daß die, welche mit mir ritten, zu allererst ge¬
kleidet wurden. Unterdeß ließ ich mir auch Schwert und Dolch beschlagen und
putzte mich aufs beste heraus. So ritt ich mit drei Rossen auf Herrnsdorf
zu, wo ich bei der Jungfrau besonders gern gesehen war. Ich half die Braut
nach Herrnsdorf holen, und ließ mich mit meinem Trompeter sehen. Wir
waren die Hochzeit über bis auf den Sonnabend luftig und guter Dinge, und
wenn einer weg wollte, hielt ihn der andere fest. Obgleich ich nun unterdeß
vom Herzog zurückgefordert ward, so blieb ich doch sitzen, deshalb, damit man
nicht merken möchte, daß die Pferde dem Herzog gehörten. Am Sonnabend
aber ritt ich fort, und alö ich unter den Gröditzberg komme, lasse ich den
Trompeter blasen; wie ich aber im Schloß absitze, kommt ein guter Freund
von mir und berichtet mir, daß Fürstliche Gnaden sehr zornig auf mich wären,



*) von Breslau,
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[0117] zum Empfange anblasen. Sobald ich hinaufkam, befahlen Fürstliche Gnaden mir die Haushaltung. — Fürstliche Gnaden wollten das Haus verproviantirt haben und befahlen mir, ich sollte 24 Malter Mehl in Vorrat!) machen lassen, welches denn auch geschah, und ich kaufte aus Befehl auch acht Malter Salz. Es war ein so großer Haufe Pilze und Heidelbeeren gebacken, daß es gar nicht zu sagen ist, große Fässer voll, womit viel Geld verthan ward. Es wurden auch zwölf Schweine im Schlosse mit lauter Getreide gemästet, denen der Herzog oft selbst zu fressen gab. — Alles war auf die Belagerung des Hauses gerichtet. Es waren auch Fuhrleute zu Modelsdorf,, welche Blei, das zu Breslau ge¬ laden war, nach Leipzig zu führen hatten, das erfuhren Fürstliche Gnaden und befahlen derowegen sogleich, daß zwei Fuhrleute dies Blei auf den Berg fahren sollten, welches Blei über 250 Thaler werth war. Es ward aufs Haus geschafft und blieb allda liegen. Die Kaufleute erfuhren das und klagtens dem Bischof*), welcher meinen Herrn aufforderte, das Blei sogleich wieder herauszugeben. Fürstliche Gnaden aber wollten es nicht thun, sondern er¬ boten sich, das Blei einst von ihrem Deputat zu zahlen. Folglich blieb es unbezahlt. Darüber kamen vie Fuhrleute in große Angelegenheit. — Darauf schickte Bischof Martin Commissarien auf den Gröditzberg, Fürstliche Gnaden behielten die Commissarien zwei Tage bei sich und traclirten sie wohl, aber ließen sie unverrichteter Sache wieder abziehn. Unterdeß ließ mich die Frau von Herrnsdorf zu einer Hochzeit bitten, ohne Zweifel mehr ihrer Tochter zu Gefallen, der ich nicht gram were, und bei der ich mich auf Liebe einließ. Deshalb bat ich Fürstliche Gnaden um Urlaub, und daß sie mir drei Rosse leihen möchten, welches Fürstliche Gnaden auch gern thaten, und weil Fürstliche Gnaden grade ihr Gesinde in grau Tuch einkleideten, so beförderte ich, daß die, welche mit mir ritten, zu allererst ge¬ kleidet wurden. Unterdeß ließ ich mir auch Schwert und Dolch beschlagen und putzte mich aufs beste heraus. So ritt ich mit drei Rossen auf Herrnsdorf zu, wo ich bei der Jungfrau besonders gern gesehen war. Ich half die Braut nach Herrnsdorf holen, und ließ mich mit meinem Trompeter sehen. Wir waren die Hochzeit über bis auf den Sonnabend luftig und guter Dinge, und wenn einer weg wollte, hielt ihn der andere fest. Obgleich ich nun unterdeß vom Herzog zurückgefordert ward, so blieb ich doch sitzen, deshalb, damit man nicht merken möchte, daß die Pferde dem Herzog gehörten. Am Sonnabend aber ritt ich fort, und alö ich unter den Gröditzberg komme, lasse ich den Trompeter blasen; wie ich aber im Schloß absitze, kommt ein guter Freund von mir und berichtet mir, daß Fürstliche Gnaden sehr zornig auf mich wären, *) von Breslau,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/117>, abgerufen am 23.07.2024.