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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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keit, in diesen Schulen die griechische, lateinische und slawische Sprache zu
lehren. Die wohlthätigen Rathschläge des Ligarides wurden von den Patriar¬
chen Paisius von Alexandrien und MakariuS von Antiochien unterstützt, die
im Jahr 1666 nach Moskau kamen. In Predigten wie in Privatnnterhal-
tungen rühmten sie die Aufklärung, drangen auf die Einführung des Schul¬
unterrichtes und stellten die Vortheile ans Licht, die er dem Staate wie der
Kirche bringen werde. Die Stimme der Wahrheit fand Anklang, und einige
Bürger von Moskau richteten eine Bittschrift an den Zaren um die Erlaubniß,
eine Schule im Kirchspiel des heiligen Johannes Theologus anlegen zu dürfen.
Der Zar willigte ein und die orientalischen Patriarchen mit ihrem moskauer
Kollegen Joasaph ertheilten den Bittstellern im Jahr 1668 die Concession zur
Errichtung einer slawisch-griechisch-lateinischen Schule. In der hierüber aus¬
gefertigten Urkunde bezeugen die Patriarchen ihre Freude über das unternom¬
mene Werk und bedrohen die Gegner der Wissenschaft mit dem Anathem. So
verdankte Nußland den Griechen die ersten Keime der Bildung, wie es ihnen
das Licht des Christenthums verdankte. Allein dies war nur ein'schwacher
Anfang, das erste Saatkorn in einem unermeßlichen Felde, das erst nach
schweren Stürmen reifen sollte. Der Zar Zeodor Alerejewitsch, ein würdiger
Vorgänger Peters des Großen, beschloß, die neue Anstalt zu erweitern und
sie zu einer Akademie zu" erheben. Unter Mitwirkung des Patriarchen entwarf
er ein ausführliches Statut für die künftige Akademie, die er reichlich aus¬
zustatten und auf deren Katheder er gelehrte Griechen zu berufen gedachte;
aber ein früher Tod verhinderte ihn, seinen nützlichen Plan auszuführen. Der
Entwurf wurde geändert, auf einen kleinern Maßstab reducirt; indessen träfe"
zwei ?er von ihm eingeladenen griechischen Professoren, die Brüder Lichuda,
nach Ueberwindung vieler Hindernisse aus Venedig in Moskau ein, um dort
die erste Pflanzstätte der Wissenschaft zu gründen.

Mit der Wirksamkeit dieses Brüderpaars beginnt die Geschichte der sla¬
wisch-griechisch-lateinischen Akademie, welche fast 130 Jahre hindurch in Moskau
ihren Sitz hatte. In ihrer Geschichte sind drei Perioden zu unterscheiden: die
erste, in der das griechische Element vorherrschte und in der die Akademie
selbst die helleno-griechische hieß, umfaßt die Zeit von den'Lichudas bis zu
Palladji Nogowölji (1686--1700); die zweite, von Palladji Nogvwskji bis zum
Metropoliten Platon (1700 -- 1773), zeichnet sich durch das Uebergewicht der
lateinischen Bildung aus, von der auch die Akademie den Namen der slawisch¬
lateinischen annahm;- die dritte schließt die Zeit des-Metropoliten Platon bis
zur Umgestaltung der/Akademie und ihrer Uebersiedlung nach dem. Dreieinig-


östreichische" Feldherrn ihm schwerlich zugänglich waren, wenn sie überhaupt schon damals
D. N. eMirte",

keit, in diesen Schulen die griechische, lateinische und slawische Sprache zu
lehren. Die wohlthätigen Rathschläge des Ligarides wurden von den Patriar¬
chen Paisius von Alexandrien und MakariuS von Antiochien unterstützt, die
im Jahr 1666 nach Moskau kamen. In Predigten wie in Privatnnterhal-
tungen rühmten sie die Aufklärung, drangen auf die Einführung des Schul¬
unterrichtes und stellten die Vortheile ans Licht, die er dem Staate wie der
Kirche bringen werde. Die Stimme der Wahrheit fand Anklang, und einige
Bürger von Moskau richteten eine Bittschrift an den Zaren um die Erlaubniß,
eine Schule im Kirchspiel des heiligen Johannes Theologus anlegen zu dürfen.
Der Zar willigte ein und die orientalischen Patriarchen mit ihrem moskauer
Kollegen Joasaph ertheilten den Bittstellern im Jahr 1668 die Concession zur
Errichtung einer slawisch-griechisch-lateinischen Schule. In der hierüber aus¬
gefertigten Urkunde bezeugen die Patriarchen ihre Freude über das unternom¬
mene Werk und bedrohen die Gegner der Wissenschaft mit dem Anathem. So
verdankte Nußland den Griechen die ersten Keime der Bildung, wie es ihnen
das Licht des Christenthums verdankte. Allein dies war nur ein'schwacher
Anfang, das erste Saatkorn in einem unermeßlichen Felde, das erst nach
schweren Stürmen reifen sollte. Der Zar Zeodor Alerejewitsch, ein würdiger
Vorgänger Peters des Großen, beschloß, die neue Anstalt zu erweitern und
sie zu einer Akademie zu" erheben. Unter Mitwirkung des Patriarchen entwarf
er ein ausführliches Statut für die künftige Akademie, die er reichlich aus¬
zustatten und auf deren Katheder er gelehrte Griechen zu berufen gedachte;
aber ein früher Tod verhinderte ihn, seinen nützlichen Plan auszuführen. Der
Entwurf wurde geändert, auf einen kleinern Maßstab reducirt; indessen träfe»
zwei ?er von ihm eingeladenen griechischen Professoren, die Brüder Lichuda,
nach Ueberwindung vieler Hindernisse aus Venedig in Moskau ein, um dort
die erste Pflanzstätte der Wissenschaft zu gründen.

Mit der Wirksamkeit dieses Brüderpaars beginnt die Geschichte der sla¬
wisch-griechisch-lateinischen Akademie, welche fast 130 Jahre hindurch in Moskau
ihren Sitz hatte. In ihrer Geschichte sind drei Perioden zu unterscheiden: die
erste, in der das griechische Element vorherrschte und in der die Akademie
selbst die helleno-griechische hieß, umfaßt die Zeit von den'Lichudas bis zu
Palladji Nogowölji (1686—1700); die zweite, von Palladji Nogvwskji bis zum
Metropoliten Platon (1700 — 1773), zeichnet sich durch das Uebergewicht der
lateinischen Bildung aus, von der auch die Akademie den Namen der slawisch¬
lateinischen annahm;- die dritte schließt die Zeit des-Metropoliten Platon bis
zur Umgestaltung der/Akademie und ihrer Uebersiedlung nach dem. Dreieinig-


östreichische» Feldherrn ihm schwerlich zugänglich waren, wenn sie überhaupt schon damals
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[0480] keit, in diesen Schulen die griechische, lateinische und slawische Sprache zu lehren. Die wohlthätigen Rathschläge des Ligarides wurden von den Patriar¬ chen Paisius von Alexandrien und MakariuS von Antiochien unterstützt, die im Jahr 1666 nach Moskau kamen. In Predigten wie in Privatnnterhal- tungen rühmten sie die Aufklärung, drangen auf die Einführung des Schul¬ unterrichtes und stellten die Vortheile ans Licht, die er dem Staate wie der Kirche bringen werde. Die Stimme der Wahrheit fand Anklang, und einige Bürger von Moskau richteten eine Bittschrift an den Zaren um die Erlaubniß, eine Schule im Kirchspiel des heiligen Johannes Theologus anlegen zu dürfen. Der Zar willigte ein und die orientalischen Patriarchen mit ihrem moskauer Kollegen Joasaph ertheilten den Bittstellern im Jahr 1668 die Concession zur Errichtung einer slawisch-griechisch-lateinischen Schule. In der hierüber aus¬ gefertigten Urkunde bezeugen die Patriarchen ihre Freude über das unternom¬ mene Werk und bedrohen die Gegner der Wissenschaft mit dem Anathem. So verdankte Nußland den Griechen die ersten Keime der Bildung, wie es ihnen das Licht des Christenthums verdankte. Allein dies war nur ein'schwacher Anfang, das erste Saatkorn in einem unermeßlichen Felde, das erst nach schweren Stürmen reifen sollte. Der Zar Zeodor Alerejewitsch, ein würdiger Vorgänger Peters des Großen, beschloß, die neue Anstalt zu erweitern und sie zu einer Akademie zu" erheben. Unter Mitwirkung des Patriarchen entwarf er ein ausführliches Statut für die künftige Akademie, die er reichlich aus¬ zustatten und auf deren Katheder er gelehrte Griechen zu berufen gedachte; aber ein früher Tod verhinderte ihn, seinen nützlichen Plan auszuführen. Der Entwurf wurde geändert, auf einen kleinern Maßstab reducirt; indessen träfe» zwei ?er von ihm eingeladenen griechischen Professoren, die Brüder Lichuda, nach Ueberwindung vieler Hindernisse aus Venedig in Moskau ein, um dort die erste Pflanzstätte der Wissenschaft zu gründen. Mit der Wirksamkeit dieses Brüderpaars beginnt die Geschichte der sla¬ wisch-griechisch-lateinischen Akademie, welche fast 130 Jahre hindurch in Moskau ihren Sitz hatte. In ihrer Geschichte sind drei Perioden zu unterscheiden: die erste, in der das griechische Element vorherrschte und in der die Akademie selbst die helleno-griechische hieß, umfaßt die Zeit von den'Lichudas bis zu Palladji Nogowölji (1686—1700); die zweite, von Palladji Nogvwskji bis zum Metropoliten Platon (1700 — 1773), zeichnet sich durch das Uebergewicht der lateinischen Bildung aus, von der auch die Akademie den Namen der slawisch¬ lateinischen annahm;- die dritte schließt die Zeit des-Metropoliten Platon bis zur Umgestaltung der/Akademie und ihrer Uebersiedlung nach dem. Dreieinig- östreichische» Feldherrn ihm schwerlich zugänglich waren, wenn sie überhaupt schon damals D. N. eMirte»,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/480>, abgerufen am 21.06.2024.