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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Dann sind die City Squares zu nennen, diese so außerordentlich stillen
Plätze mitten im steinernen Herzen von London. Sie scheinen so still und
verlassen wie Klostergänge, und der Wunsch nach Ruhe ist bei den Bewohnern
so groß, daß sie stets einen in Livree gesteckten Wächter zu dem Zwecke be¬
solden, die Straßenjugend fortzuprügeln und die Leute zu zerstreue", die sich um
Bänkelsänger und Seiltänzer sammeln, welche die Stille dieser Plätze als eine
Goldgrube anzusehen pflegen. Hierher gehören z. B. Devonshire Square, Bridge-
water-, America-, Nelson Square und Warwick Square, von denen indeß die
meisten nichts Anderes als die kahlen Plätze des Festlands sind.

Ferner hat man die außer Mode gekommenen alten Squares, die im
Süden von Orford Street und Holborn lind im Osten von Regent Street
liegen. Wo hier einst vornehme Wohnungen waren, befinden sich jetzt nur
große Häuservierecke voll Hotels, Miethwohnungen, Ausstellungen und Ver-
kaufsgewölbc. Dahin gehören die oft genannten soso- und Leicester Squares
und selbst Cvventgarden. Endlich sind noch die vorstädtischen Squares zu
nennen, z. B. Thurlow Square bei Brompton, Edwards Square bei Ken-
sington, Claremont Square bei Pentonville, und Surrey Square bei der alten
Straße nach Kent.

Im Ganzen befinden sich in London mehr als, hundert Squares, uno
diese stehen bei den Bewohnern der umliegenden Straßen in solcher Gunst,
baß sie als die Hauptquartiere und Brennpunkte der Vornehmheit in der
ganzen Nachbarschaft betrachtet werden, und daß zum Beispiel die anspruch¬
vollern. Gewerbtreibenden von Gowerstreet und dergleichen, seine ihre Adresse als
Gowerstreet Tottenham Court Rvad anzugeben, sie lieber Gowerstreet, Bedforv
Square schreiben. '

- Gleich wie die Plätze haben auch die Straßen ihre bestimmten Classen.
Es gibt Mvdestraßen wie Arlingtonstreet, Se. James und Park Lane, die
Richmond- und die Carlton Terrace u. a.; sodann kommen die ,>respectablen"
Straß.en als z. B. Clarges- und Harleystreet, Gloucester- und Woburu Place
und Keppclstreet! Dann die Oertlichkeiten" wo sich Miethwohnungen der
bessern Art befinden, meist in den vom Strand auslaufenden Gassen. Svdan"
müssen die Straßen und Gäßchen in der Nähe der Bank erwähnt werden, wo
die Häuser so voll Kaufleute und (^ommis sitzen, wie eine Auöwandrerherberge
voll armes Volk. Dann gibt es Straßen, die sich als Hauptsitze eines be¬
stimmten Handwerks charakterisiren: ^ Lonibardstreet, wo die Bankiers ihre Ge¬
schäfte machen, Long Acre, wo die Wagenbauer ihre Werkstätten haben,
Clerkenwell, der Bezirk der Uhrmacher, Hation Garden, der Bezirk für die
italienischen Glasbläser, das Borougl), der für die Hnlfabrikanlen, Bermondsey,
wo die Gerber^ Lambeth, wo die T-öpfer, und Spitalsields, wo die Weber,
Catherine Street, wo die Zettungöhandler, und die New Road, wo die Zink-


Dann sind die City Squares zu nennen, diese so außerordentlich stillen
Plätze mitten im steinernen Herzen von London. Sie scheinen so still und
verlassen wie Klostergänge, und der Wunsch nach Ruhe ist bei den Bewohnern
so groß, daß sie stets einen in Livree gesteckten Wächter zu dem Zwecke be¬
solden, die Straßenjugend fortzuprügeln und die Leute zu zerstreue», die sich um
Bänkelsänger und Seiltänzer sammeln, welche die Stille dieser Plätze als eine
Goldgrube anzusehen pflegen. Hierher gehören z. B. Devonshire Square, Bridge-
water-, America-, Nelson Square und Warwick Square, von denen indeß die
meisten nichts Anderes als die kahlen Plätze des Festlands sind.

Ferner hat man die außer Mode gekommenen alten Squares, die im
Süden von Orford Street und Holborn lind im Osten von Regent Street
liegen. Wo hier einst vornehme Wohnungen waren, befinden sich jetzt nur
große Häuservierecke voll Hotels, Miethwohnungen, Ausstellungen und Ver-
kaufsgewölbc. Dahin gehören die oft genannten soso- und Leicester Squares
und selbst Cvventgarden. Endlich sind noch die vorstädtischen Squares zu
nennen, z. B. Thurlow Square bei Brompton, Edwards Square bei Ken-
sington, Claremont Square bei Pentonville, und Surrey Square bei der alten
Straße nach Kent.

Im Ganzen befinden sich in London mehr als, hundert Squares, uno
diese stehen bei den Bewohnern der umliegenden Straßen in solcher Gunst,
baß sie als die Hauptquartiere und Brennpunkte der Vornehmheit in der
ganzen Nachbarschaft betrachtet werden, und daß zum Beispiel die anspruch¬
vollern. Gewerbtreibenden von Gowerstreet und dergleichen, seine ihre Adresse als
Gowerstreet Tottenham Court Rvad anzugeben, sie lieber Gowerstreet, Bedforv
Square schreiben. '

- Gleich wie die Plätze haben auch die Straßen ihre bestimmten Classen.
Es gibt Mvdestraßen wie Arlingtonstreet, Se. James und Park Lane, die
Richmond- und die Carlton Terrace u. a.; sodann kommen die ,>respectablen"
Straß.en als z. B. Clarges- und Harleystreet, Gloucester- und Woburu Place
und Keppclstreet! Dann die Oertlichkeiten» wo sich Miethwohnungen der
bessern Art befinden, meist in den vom Strand auslaufenden Gassen. Svdan»
müssen die Straßen und Gäßchen in der Nähe der Bank erwähnt werden, wo
die Häuser so voll Kaufleute und (^ommis sitzen, wie eine Auöwandrerherberge
voll armes Volk. Dann gibt es Straßen, die sich als Hauptsitze eines be¬
stimmten Handwerks charakterisiren: ^ Lonibardstreet, wo die Bankiers ihre Ge¬
schäfte machen, Long Acre, wo die Wagenbauer ihre Werkstätten haben,
Clerkenwell, der Bezirk der Uhrmacher, Hation Garden, der Bezirk für die
italienischen Glasbläser, das Borougl), der für die Hnlfabrikanlen, Bermondsey,
wo die Gerber^ Lambeth, wo die T-öpfer, und Spitalsields, wo die Weber,
Catherine Street, wo die Zettungöhandler, und die New Road, wo die Zink-


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[0458] Dann sind die City Squares zu nennen, diese so außerordentlich stillen Plätze mitten im steinernen Herzen von London. Sie scheinen so still und verlassen wie Klostergänge, und der Wunsch nach Ruhe ist bei den Bewohnern so groß, daß sie stets einen in Livree gesteckten Wächter zu dem Zwecke be¬ solden, die Straßenjugend fortzuprügeln und die Leute zu zerstreue», die sich um Bänkelsänger und Seiltänzer sammeln, welche die Stille dieser Plätze als eine Goldgrube anzusehen pflegen. Hierher gehören z. B. Devonshire Square, Bridge- water-, America-, Nelson Square und Warwick Square, von denen indeß die meisten nichts Anderes als die kahlen Plätze des Festlands sind. Ferner hat man die außer Mode gekommenen alten Squares, die im Süden von Orford Street und Holborn lind im Osten von Regent Street liegen. Wo hier einst vornehme Wohnungen waren, befinden sich jetzt nur große Häuservierecke voll Hotels, Miethwohnungen, Ausstellungen und Ver- kaufsgewölbc. Dahin gehören die oft genannten soso- und Leicester Squares und selbst Cvventgarden. Endlich sind noch die vorstädtischen Squares zu nennen, z. B. Thurlow Square bei Brompton, Edwards Square bei Ken- sington, Claremont Square bei Pentonville, und Surrey Square bei der alten Straße nach Kent. Im Ganzen befinden sich in London mehr als, hundert Squares, uno diese stehen bei den Bewohnern der umliegenden Straßen in solcher Gunst, baß sie als die Hauptquartiere und Brennpunkte der Vornehmheit in der ganzen Nachbarschaft betrachtet werden, und daß zum Beispiel die anspruch¬ vollern. Gewerbtreibenden von Gowerstreet und dergleichen, seine ihre Adresse als Gowerstreet Tottenham Court Rvad anzugeben, sie lieber Gowerstreet, Bedforv Square schreiben. ' - Gleich wie die Plätze haben auch die Straßen ihre bestimmten Classen. Es gibt Mvdestraßen wie Arlingtonstreet, Se. James und Park Lane, die Richmond- und die Carlton Terrace u. a.; sodann kommen die ,>respectablen" Straß.en als z. B. Clarges- und Harleystreet, Gloucester- und Woburu Place und Keppclstreet! Dann die Oertlichkeiten» wo sich Miethwohnungen der bessern Art befinden, meist in den vom Strand auslaufenden Gassen. Svdan» müssen die Straßen und Gäßchen in der Nähe der Bank erwähnt werden, wo die Häuser so voll Kaufleute und (^ommis sitzen, wie eine Auöwandrerherberge voll armes Volk. Dann gibt es Straßen, die sich als Hauptsitze eines be¬ stimmten Handwerks charakterisiren: ^ Lonibardstreet, wo die Bankiers ihre Ge¬ schäfte machen, Long Acre, wo die Wagenbauer ihre Werkstätten haben, Clerkenwell, der Bezirk der Uhrmacher, Hation Garden, der Bezirk für die italienischen Glasbläser, das Borougl), der für die Hnlfabrikanlen, Bermondsey, wo die Gerber^ Lambeth, wo die T-öpfer, und Spitalsields, wo die Weber, Catherine Street, wo die Zettungöhandler, und die New Road, wo die Zink-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/458>, abgerufen am 21.06.2024.