Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.Die frommen deutschen Landsknechte. (Nach or. Bartholds: "George von Frundsberg" und kriegswissenschastlichen Quel¬ Das Ritterthum hatte sein Ende erreicht. Nicht im Stande, der dämo¬ Dieses Fußvolk hat den Ruhm deutscher Waffen länger als ein Jahr¬ Als die Form für die neue Miliz einmal gefunden und der Krieg zum Die frommen deutschen Landsknechte. (Nach or. Bartholds: „George von Frundsberg" und kriegswissenschastlichen Quel¬ Das Ritterthum hatte sein Ende erreicht. Nicht im Stande, der dämo¬ Dieses Fußvolk hat den Ruhm deutscher Waffen länger als ein Jahr¬ Als die Form für die neue Miliz einmal gefunden und der Krieg zum <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101927"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Die frommen deutschen Landsknechte.</head><lb/> <p xml:id="ID_1033"> (Nach or. Bartholds: „George von Frundsberg" und kriegswissenschastlichen Quel¬<lb/> len bearbeitet.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1034"> Das Ritterthum hatte sein Ende erreicht. Nicht im Stande, der dämo¬<lb/> nischen Gewalt des Schießpulvers die Wage zu halten, war die Ritterschaft<lb/> allein unfähig geworden, den Glanz der Kaiserkrone und des deutschen Namens<lb/> zu schirmen, nur mit Widerwillen und trotzend aus Selbstherrlichkeit folgte sie<lb/> dem Rufe der Kaiser in gelockerten Lehnsverbande. Als aber Kaiser Maxi¬<lb/> milian I. „der Weißkunig und junge Held voll theurer Gedanken" erschien, um<lb/> Ordnung zu schaffen in Deutschland, welches ein eigenwilliger Adel, der Bür¬<lb/> gerstolz reicher Städte und eine Geistlichkeit, mächtig durch die Herrschaft der<lb/> Gemüther und irdischen Besitz, mehr als tausendfältig gespalten, da bedürfte<lb/> er einer starken, ihm ergebenen Heeresmacht, um seine Erbschaflshändel mit<lb/> Frankreich auszufechten wie den Frieden zu halten im Reich, und welche bei<lb/> Treue und Gehorsam auch stark genug wäre, dem gefurchteren schweizerischen<lb/> Fußvolk und der tapfern französischen Cavalerie entgegenzutreten. In solcher<lb/> Bedrängniß griff er hinein in das Mark seines Volkes, und ordnete kräftiges<lb/> Stadt- und Landvolk unter seine Fahnen, besoldete und waffnete es nach<lb/> schweizer Art, ohne Schild, mit langen Spießen, Hellebarden und Schlacht¬<lb/> schwertern, lehrte eS Glied und Rotte halten, die Spieße ausstrecken; adelige<lb/> und bürgerliche Hauptleute und Weibel führten es gegen den Feind. Lands¬<lb/> knechte nannte man die mannigfaltig bewaffneten, buntgekleideten Hausen,<lb/> Herr es war Volk vom Lande, ein Gegensatz des Gebirges, von wo die<lb/> Schweizer, nicht vom flachen Lande allein, sondern und vorzüglich auch aus<lb/> den rüstigen Handwerksgesellen der Städte. Nicht Lanzknechte send»sie zu<lb/> heißen, da sie im Unterschiede von der ritterbürtigem Lanze den Spieß führten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1035"> Dieses Fußvolk hat den Ruhm deutscher Waffen länger als ein Jahr¬<lb/> hundert durch alle Welt getragen und aufs neue gezeigt, daß für das westliche<lb/> Europa wenigstens nicht der Reiter, sondern der Fußgänger der wahre Krieger<lb/> und Sieger ist. Dem unerschrockenen geschlossenen Haufen gegenüber mußte<lb/> der Ritter in seiner stürmischen Tapferkeit verloren sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1036" next="#ID_1037"> Als die Form für die neue Miliz einmal gefunden und der Krieg zum<lb/> Handwerk geworden, begehrte sie für seinen Dienst wer bezahlen konnte, um<lb/> so mehr, alö neben der Tüchtigkeit auch die Treue des deutschen Kriegsvolkes in<lb/> Ehren stand.'Mag eS auch zu beklagen sein, daß die kriegerischen Gesellen so<lb/> oft für eine fremde Sache bluteten, so war es doch zu natürlich, daß in be¬<lb/> wegten Zeiten der Einzelne den Wechsel politischer Dinge nicht allzeit im Auge<lb/> behalten konnte. In allen Ländern Europas sehen wir die Landsknechte eine</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0400]
Die frommen deutschen Landsknechte.
(Nach or. Bartholds: „George von Frundsberg" und kriegswissenschastlichen Quel¬
len bearbeitet.)
Das Ritterthum hatte sein Ende erreicht. Nicht im Stande, der dämo¬
nischen Gewalt des Schießpulvers die Wage zu halten, war die Ritterschaft
allein unfähig geworden, den Glanz der Kaiserkrone und des deutschen Namens
zu schirmen, nur mit Widerwillen und trotzend aus Selbstherrlichkeit folgte sie
dem Rufe der Kaiser in gelockerten Lehnsverbande. Als aber Kaiser Maxi¬
milian I. „der Weißkunig und junge Held voll theurer Gedanken" erschien, um
Ordnung zu schaffen in Deutschland, welches ein eigenwilliger Adel, der Bür¬
gerstolz reicher Städte und eine Geistlichkeit, mächtig durch die Herrschaft der
Gemüther und irdischen Besitz, mehr als tausendfältig gespalten, da bedürfte
er einer starken, ihm ergebenen Heeresmacht, um seine Erbschaflshändel mit
Frankreich auszufechten wie den Frieden zu halten im Reich, und welche bei
Treue und Gehorsam auch stark genug wäre, dem gefurchteren schweizerischen
Fußvolk und der tapfern französischen Cavalerie entgegenzutreten. In solcher
Bedrängniß griff er hinein in das Mark seines Volkes, und ordnete kräftiges
Stadt- und Landvolk unter seine Fahnen, besoldete und waffnete es nach
schweizer Art, ohne Schild, mit langen Spießen, Hellebarden und Schlacht¬
schwertern, lehrte eS Glied und Rotte halten, die Spieße ausstrecken; adelige
und bürgerliche Hauptleute und Weibel führten es gegen den Feind. Lands¬
knechte nannte man die mannigfaltig bewaffneten, buntgekleideten Hausen,
Herr es war Volk vom Lande, ein Gegensatz des Gebirges, von wo die
Schweizer, nicht vom flachen Lande allein, sondern und vorzüglich auch aus
den rüstigen Handwerksgesellen der Städte. Nicht Lanzknechte send»sie zu
heißen, da sie im Unterschiede von der ritterbürtigem Lanze den Spieß führten.
Dieses Fußvolk hat den Ruhm deutscher Waffen länger als ein Jahr¬
hundert durch alle Welt getragen und aufs neue gezeigt, daß für das westliche
Europa wenigstens nicht der Reiter, sondern der Fußgänger der wahre Krieger
und Sieger ist. Dem unerschrockenen geschlossenen Haufen gegenüber mußte
der Ritter in seiner stürmischen Tapferkeit verloren sein.
Als die Form für die neue Miliz einmal gefunden und der Krieg zum
Handwerk geworden, begehrte sie für seinen Dienst wer bezahlen konnte, um
so mehr, alö neben der Tüchtigkeit auch die Treue des deutschen Kriegsvolkes in
Ehren stand.'Mag eS auch zu beklagen sein, daß die kriegerischen Gesellen so
oft für eine fremde Sache bluteten, so war es doch zu natürlich, daß in be¬
wegten Zeiten der Einzelne den Wechsel politischer Dinge nicht allzeit im Auge
behalten konnte. In allen Ländern Europas sehen wir die Landsknechte eine
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