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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Mächte in Zukunft auf dem amerikanischen Festland keine Kolonien anlegen
dürften.?

5. ^Daß kein Anspruch Großbritanniens, im Namen oder unter der Auto¬
rität de,r Mvskitoindianer zu handeln, gut begründet sein könne, da dieser
Stamm,' selbst wenn er nie von Spanien unterjocht worden, ein Stamm von
Wilden 'wäre, welche nach der Praxis und den Grundsätzen aller europäischen
Nationen, welche jemals auf dem amerikanischen Festland gelebt, keinen
Rechtsanspruch hätten, auf dem von ihnen bewohnten Gebiet als unabhängige
Staaten zu zählen. Sie hätten auf dieses Gebiet nur einen Anspruch
bloßer Occupirung, indem das Gebiet das Eigenthum seines Entdeckers oder
selbst der Entdecker einer wenn auch noch so entlegenen Gebietsstrecke auf dem¬
selben Kontinent sei. Und nur dieser könne diesen Rechtsanspruch ans Bewohnung
durch the Indianer durch Kauf aufheben in dem Maße, wie die Fortschritte
der Niederlassung der Weißen es nothwendig machten.

Und da endlich Großbritannien durch den Vertrag von 1850 erklärt habe,
Moskitia oder Centralamerika weder M colonisiren, zu befestigen, zu occupiren
noch Herrschaftsrechte über dasselbe zu beanspruchen, sei es dadurch verpflichtet,
sein Schutzrecht über das Volk und das Gebiet der Moskitos aufzugeben und
außerdem Nuatan, eine zu Honduras, einem centralamerikanischen Staate, gehö¬
rige Insel, die aber dennoch neuerdings von Großbritannien colonisirt oder
occupirt worden sei, herauszugeben.

Man muß fast lächeln, wenn man diese Beschwerdegründe näher ansieht
und kann kaum glauben, daß die amerikanische Regierung sie im Ernst vorge¬
bracht hat. Ihr Benehmen ähnelt ausnehmend dem eines Raufboldes, der nach
einem Streit lüstern ist und nur nach den frivolsten Gründen herumsucht, um
eine Herausforderung noch allenfalls zu rechtfertigen. Ueberhaupt sind die
Schritte des amerikanischen Ministeriums in dieser Angelegenheit als ein Noth¬
behelf des Präsidenten Pierce zu betrachten, der durch sein principloses und
schwankendes Benehmen bei allen Parteien in Mißachtung gesunken war und
als .letzte Rettung die eroberungssüchtigen Elemente der demokratischen Partei
zu sich herüberzuziehen suchte. >

Die britische Negierung antwortete auf die Beschwerden Buchanans eben¬
so würdevoll, als versöhnlich. Hinsichtlich des ersten Punktes konnte England
mit Recht behaupten, daß es zwar ein Schutzrecht über Moskitia ausübe, aber
keine Besitzungen daselbst habe und abgesehen von der daraus folgenden voll¬
kommenen Grundlosigkeit der Beschwerde, jede Erklärung oder Vertheidigung
von Schritten verweigern müsse, die es vor fast vierzig Jahren gethan und
die kein Recht oder keine Besitzungen der Vereinigten Staaten beeinträchtigten.
Würden doch die Vereinigten Staaten, wenn England unter ähnlichen Ver¬
hältnissen eine Erklärung von ihrer Regierung verlangte, über ein solches An-


Mächte in Zukunft auf dem amerikanischen Festland keine Kolonien anlegen
dürften.?

5. ^Daß kein Anspruch Großbritanniens, im Namen oder unter der Auto¬
rität de,r Mvskitoindianer zu handeln, gut begründet sein könne, da dieser
Stamm,' selbst wenn er nie von Spanien unterjocht worden, ein Stamm von
Wilden 'wäre, welche nach der Praxis und den Grundsätzen aller europäischen
Nationen, welche jemals auf dem amerikanischen Festland gelebt, keinen
Rechtsanspruch hätten, auf dem von ihnen bewohnten Gebiet als unabhängige
Staaten zu zählen. Sie hätten auf dieses Gebiet nur einen Anspruch
bloßer Occupirung, indem das Gebiet das Eigenthum seines Entdeckers oder
selbst der Entdecker einer wenn auch noch so entlegenen Gebietsstrecke auf dem¬
selben Kontinent sei. Und nur dieser könne diesen Rechtsanspruch ans Bewohnung
durch the Indianer durch Kauf aufheben in dem Maße, wie die Fortschritte
der Niederlassung der Weißen es nothwendig machten.

Und da endlich Großbritannien durch den Vertrag von 1850 erklärt habe,
Moskitia oder Centralamerika weder M colonisiren, zu befestigen, zu occupiren
noch Herrschaftsrechte über dasselbe zu beanspruchen, sei es dadurch verpflichtet,
sein Schutzrecht über das Volk und das Gebiet der Moskitos aufzugeben und
außerdem Nuatan, eine zu Honduras, einem centralamerikanischen Staate, gehö¬
rige Insel, die aber dennoch neuerdings von Großbritannien colonisirt oder
occupirt worden sei, herauszugeben.

Man muß fast lächeln, wenn man diese Beschwerdegründe näher ansieht
und kann kaum glauben, daß die amerikanische Regierung sie im Ernst vorge¬
bracht hat. Ihr Benehmen ähnelt ausnehmend dem eines Raufboldes, der nach
einem Streit lüstern ist und nur nach den frivolsten Gründen herumsucht, um
eine Herausforderung noch allenfalls zu rechtfertigen. Ueberhaupt sind die
Schritte des amerikanischen Ministeriums in dieser Angelegenheit als ein Noth¬
behelf des Präsidenten Pierce zu betrachten, der durch sein principloses und
schwankendes Benehmen bei allen Parteien in Mißachtung gesunken war und
als .letzte Rettung die eroberungssüchtigen Elemente der demokratischen Partei
zu sich herüberzuziehen suchte. >

Die britische Negierung antwortete auf die Beschwerden Buchanans eben¬
so würdevoll, als versöhnlich. Hinsichtlich des ersten Punktes konnte England
mit Recht behaupten, daß es zwar ein Schutzrecht über Moskitia ausübe, aber
keine Besitzungen daselbst habe und abgesehen von der daraus folgenden voll¬
kommenen Grundlosigkeit der Beschwerde, jede Erklärung oder Vertheidigung
von Schritten verweigern müsse, die es vor fast vierzig Jahren gethan und
die kein Recht oder keine Besitzungen der Vereinigten Staaten beeinträchtigten.
Würden doch die Vereinigten Staaten, wenn England unter ähnlichen Ver¬
hältnissen eine Erklärung von ihrer Regierung verlangte, über ein solches An-


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[0394] Mächte in Zukunft auf dem amerikanischen Festland keine Kolonien anlegen dürften.? 5. ^Daß kein Anspruch Großbritanniens, im Namen oder unter der Auto¬ rität de,r Mvskitoindianer zu handeln, gut begründet sein könne, da dieser Stamm,' selbst wenn er nie von Spanien unterjocht worden, ein Stamm von Wilden 'wäre, welche nach der Praxis und den Grundsätzen aller europäischen Nationen, welche jemals auf dem amerikanischen Festland gelebt, keinen Rechtsanspruch hätten, auf dem von ihnen bewohnten Gebiet als unabhängige Staaten zu zählen. Sie hätten auf dieses Gebiet nur einen Anspruch bloßer Occupirung, indem das Gebiet das Eigenthum seines Entdeckers oder selbst der Entdecker einer wenn auch noch so entlegenen Gebietsstrecke auf dem¬ selben Kontinent sei. Und nur dieser könne diesen Rechtsanspruch ans Bewohnung durch the Indianer durch Kauf aufheben in dem Maße, wie die Fortschritte der Niederlassung der Weißen es nothwendig machten. Und da endlich Großbritannien durch den Vertrag von 1850 erklärt habe, Moskitia oder Centralamerika weder M colonisiren, zu befestigen, zu occupiren noch Herrschaftsrechte über dasselbe zu beanspruchen, sei es dadurch verpflichtet, sein Schutzrecht über das Volk und das Gebiet der Moskitos aufzugeben und außerdem Nuatan, eine zu Honduras, einem centralamerikanischen Staate, gehö¬ rige Insel, die aber dennoch neuerdings von Großbritannien colonisirt oder occupirt worden sei, herauszugeben. Man muß fast lächeln, wenn man diese Beschwerdegründe näher ansieht und kann kaum glauben, daß die amerikanische Regierung sie im Ernst vorge¬ bracht hat. Ihr Benehmen ähnelt ausnehmend dem eines Raufboldes, der nach einem Streit lüstern ist und nur nach den frivolsten Gründen herumsucht, um eine Herausforderung noch allenfalls zu rechtfertigen. Ueberhaupt sind die Schritte des amerikanischen Ministeriums in dieser Angelegenheit als ein Noth¬ behelf des Präsidenten Pierce zu betrachten, der durch sein principloses und schwankendes Benehmen bei allen Parteien in Mißachtung gesunken war und als .letzte Rettung die eroberungssüchtigen Elemente der demokratischen Partei zu sich herüberzuziehen suchte. > Die britische Negierung antwortete auf die Beschwerden Buchanans eben¬ so würdevoll, als versöhnlich. Hinsichtlich des ersten Punktes konnte England mit Recht behaupten, daß es zwar ein Schutzrecht über Moskitia ausübe, aber keine Besitzungen daselbst habe und abgesehen von der daraus folgenden voll¬ kommenen Grundlosigkeit der Beschwerde, jede Erklärung oder Vertheidigung von Schritten verweigern müsse, die es vor fast vierzig Jahren gethan und die kein Recht oder keine Besitzungen der Vereinigten Staaten beeinträchtigten. Würden doch die Vereinigten Staaten, wenn England unter ähnlichen Ver¬ hältnissen eine Erklärung von ihrer Regierung verlangte, über ein solches An-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/394>, abgerufen am 21.06.2024.