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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Stimmung der dazwischen liegenden Staaten, mit dem Süden der Vereinigten
Staaten und wandelt alles in einen integrirenden Theil der großen Union
um." Diese Theorie suchte man zuvörderst dadurch zu verwirklichen, daß man
die mittelamerikanischen und die nordamerikanischen Vereinigten Staaten durch
gemeinsame materielle Interessen in nähere Berührung miteinander brachte.,
18S3 begab sich ein ehemaliger Gesandter der Vereinigten Staaten in Central-
amerika, Mr. Squier, nach Honduras und unterhandelte mit der Negierung
dieser Republik im Namen einer Actiengesellschaft über die ausschließliche Con¬
cession für eine die beiden Meere" verbindende Eisenbahn, welche in Omoci
anfangen und in der Fonsecabucht ausmünden sollte. Er erlangte nicht nur
die Concession, sondern es wurde ihm auch der ganze zum Bau der Eisen¬
bahn nothwendige Grund und Boden und die Insel Zacate in der Fonsecabucht
abgetreten. Das Unternehmen war unter die Garantie der Regierung der Ver¬
einigten Staaten gestellt, welche als Protectorin auftrat. Letzterer sollte eine
Küstenstrecke am karaibischen Meere abgetreten werden, welche zu dem Land¬
strich gehörte, den England für den König der Mvskitoindianer beanspruchte.
Der Republik Honduras scheint sehr viel an dem Abschluß dieses Unternehmens
gelegen gewesen zu sein, denn der Präsident General Cabanaö drang in die
Nationalversammlung, den Vertrag bald möglichst zu ratiftciren, da es vom
größten Vortheil für den Handel, den Ackerbau, den Reichthum und die
Civilisation des Landes sei. Gleichzeitig schickte er einen außerordentlichen
Bevollmächtigten nach Washington, welcher angeblich mit nichts Geringerem
beauftragt war, als die Einverleibung der Republik Honduras in die Vereinigten
Staaten zu vermitteln. So weit war man allerdings noch nicht, denn der Ge¬
sandte begnügte sich zu wünschen, daß "die Vorsehung die beiden Völker durch
das unauflösliche Band des Interesses und gemeinsamen Gedeihens vereinigen
möge." Dies war jedoch nicht der erste Colonisationsversuch, denn schon 4 839
hatte der König der Moskitos ein Stück seines Königreichs an zwei Ameri¬
kaner, Sheppard und Haley, verkauft, die es 1843 wieder an einen Bürger
des Staats Virginien unter der Bedingung abtraten, daß dieser eine ameri¬
kanische Actiengesellschaft zur Colonisation des Landes und zur Ausbeutung der
Bergwerke begründe. Wir wissen nicht, ob außer der oben erwähnten Garantie¬
übernahme diese verschiedenen Unternehmungen von der amerikanischen Negierung
sonst noch begünstigt wurden, aber wenn dieser auch keine Verletzung des
Völkerrechts zuzuschreiben' ist, so stehen jedenfalls die Privatpersonen, welche in
Mittelamerika Kolonien anzulegen versuchten, nicht mehr aus dem Boden der
mit England abgeschlossenen Verträge. Außerdem ist es mit den Privatunter¬
nehmungen amerikanischer Bürger in fremden Staaten eine eigne Hände.
Anfangs wol wirthschaften sie auf eigne Hand, aber unversehens nimmt
sich die Staatenregierung ihrer an und aus dem Privatunternehmen wird


Stimmung der dazwischen liegenden Staaten, mit dem Süden der Vereinigten
Staaten und wandelt alles in einen integrirenden Theil der großen Union
um." Diese Theorie suchte man zuvörderst dadurch zu verwirklichen, daß man
die mittelamerikanischen und die nordamerikanischen Vereinigten Staaten durch
gemeinsame materielle Interessen in nähere Berührung miteinander brachte.,
18S3 begab sich ein ehemaliger Gesandter der Vereinigten Staaten in Central-
amerika, Mr. Squier, nach Honduras und unterhandelte mit der Negierung
dieser Republik im Namen einer Actiengesellschaft über die ausschließliche Con¬
cession für eine die beiden Meere» verbindende Eisenbahn, welche in Omoci
anfangen und in der Fonsecabucht ausmünden sollte. Er erlangte nicht nur
die Concession, sondern es wurde ihm auch der ganze zum Bau der Eisen¬
bahn nothwendige Grund und Boden und die Insel Zacate in der Fonsecabucht
abgetreten. Das Unternehmen war unter die Garantie der Regierung der Ver¬
einigten Staaten gestellt, welche als Protectorin auftrat. Letzterer sollte eine
Küstenstrecke am karaibischen Meere abgetreten werden, welche zu dem Land¬
strich gehörte, den England für den König der Mvskitoindianer beanspruchte.
Der Republik Honduras scheint sehr viel an dem Abschluß dieses Unternehmens
gelegen gewesen zu sein, denn der Präsident General Cabanaö drang in die
Nationalversammlung, den Vertrag bald möglichst zu ratiftciren, da es vom
größten Vortheil für den Handel, den Ackerbau, den Reichthum und die
Civilisation des Landes sei. Gleichzeitig schickte er einen außerordentlichen
Bevollmächtigten nach Washington, welcher angeblich mit nichts Geringerem
beauftragt war, als die Einverleibung der Republik Honduras in die Vereinigten
Staaten zu vermitteln. So weit war man allerdings noch nicht, denn der Ge¬
sandte begnügte sich zu wünschen, daß „die Vorsehung die beiden Völker durch
das unauflösliche Band des Interesses und gemeinsamen Gedeihens vereinigen
möge." Dies war jedoch nicht der erste Colonisationsversuch, denn schon 4 839
hatte der König der Moskitos ein Stück seines Königreichs an zwei Ameri¬
kaner, Sheppard und Haley, verkauft, die es 1843 wieder an einen Bürger
des Staats Virginien unter der Bedingung abtraten, daß dieser eine ameri¬
kanische Actiengesellschaft zur Colonisation des Landes und zur Ausbeutung der
Bergwerke begründe. Wir wissen nicht, ob außer der oben erwähnten Garantie¬
übernahme diese verschiedenen Unternehmungen von der amerikanischen Negierung
sonst noch begünstigt wurden, aber wenn dieser auch keine Verletzung des
Völkerrechts zuzuschreiben' ist, so stehen jedenfalls die Privatpersonen, welche in
Mittelamerika Kolonien anzulegen versuchten, nicht mehr aus dem Boden der
mit England abgeschlossenen Verträge. Außerdem ist es mit den Privatunter¬
nehmungen amerikanischer Bürger in fremden Staaten eine eigne Hände.
Anfangs wol wirthschaften sie auf eigne Hand, aber unversehens nimmt
sich die Staatenregierung ihrer an und aus dem Privatunternehmen wird


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[0392] Stimmung der dazwischen liegenden Staaten, mit dem Süden der Vereinigten Staaten und wandelt alles in einen integrirenden Theil der großen Union um." Diese Theorie suchte man zuvörderst dadurch zu verwirklichen, daß man die mittelamerikanischen und die nordamerikanischen Vereinigten Staaten durch gemeinsame materielle Interessen in nähere Berührung miteinander brachte., 18S3 begab sich ein ehemaliger Gesandter der Vereinigten Staaten in Central- amerika, Mr. Squier, nach Honduras und unterhandelte mit der Negierung dieser Republik im Namen einer Actiengesellschaft über die ausschließliche Con¬ cession für eine die beiden Meere» verbindende Eisenbahn, welche in Omoci anfangen und in der Fonsecabucht ausmünden sollte. Er erlangte nicht nur die Concession, sondern es wurde ihm auch der ganze zum Bau der Eisen¬ bahn nothwendige Grund und Boden und die Insel Zacate in der Fonsecabucht abgetreten. Das Unternehmen war unter die Garantie der Regierung der Ver¬ einigten Staaten gestellt, welche als Protectorin auftrat. Letzterer sollte eine Küstenstrecke am karaibischen Meere abgetreten werden, welche zu dem Land¬ strich gehörte, den England für den König der Mvskitoindianer beanspruchte. Der Republik Honduras scheint sehr viel an dem Abschluß dieses Unternehmens gelegen gewesen zu sein, denn der Präsident General Cabanaö drang in die Nationalversammlung, den Vertrag bald möglichst zu ratiftciren, da es vom größten Vortheil für den Handel, den Ackerbau, den Reichthum und die Civilisation des Landes sei. Gleichzeitig schickte er einen außerordentlichen Bevollmächtigten nach Washington, welcher angeblich mit nichts Geringerem beauftragt war, als die Einverleibung der Republik Honduras in die Vereinigten Staaten zu vermitteln. So weit war man allerdings noch nicht, denn der Ge¬ sandte begnügte sich zu wünschen, daß „die Vorsehung die beiden Völker durch das unauflösliche Band des Interesses und gemeinsamen Gedeihens vereinigen möge." Dies war jedoch nicht der erste Colonisationsversuch, denn schon 4 839 hatte der König der Moskitos ein Stück seines Königreichs an zwei Ameri¬ kaner, Sheppard und Haley, verkauft, die es 1843 wieder an einen Bürger des Staats Virginien unter der Bedingung abtraten, daß dieser eine ameri¬ kanische Actiengesellschaft zur Colonisation des Landes und zur Ausbeutung der Bergwerke begründe. Wir wissen nicht, ob außer der oben erwähnten Garantie¬ übernahme diese verschiedenen Unternehmungen von der amerikanischen Negierung sonst noch begünstigt wurden, aber wenn dieser auch keine Verletzung des Völkerrechts zuzuschreiben' ist, so stehen jedenfalls die Privatpersonen, welche in Mittelamerika Kolonien anzulegen versuchten, nicht mehr aus dem Boden der mit England abgeschlossenen Verträge. Außerdem ist es mit den Privatunter¬ nehmungen amerikanischer Bürger in fremden Staaten eine eigne Hände. Anfangs wol wirthschaften sie auf eigne Hand, aber unversehens nimmt sich die Staatenregierung ihrer an und aus dem Privatunternehmen wird

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/392>, abgerufen am 21.06.2024.