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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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sehende Partei den übrigen Staaten gegenüber zu befolgen gedenkt, betrachten
kann. Er entwickelte zuvörderst die bekannte Monroedoctrin, wonach das
amerikanische Festland nicht wejter von europäischen Mächten colonistrt werden
dürfte und erklärte, daß die Vereinigten Staaten entschlossen wären, diese
Doctrin in aller Strenge aufrecht zu erhalten. Ziemlich offen bot er der Re¬
publik Nikaragua eine Art Protektorat der Union an. Daß sich die Ver¬
einigten Staaten unrechtmäßiger Usurpation schuldig machten, wollte Mr. Bor¬
land nicht zugeben. Bezahlten sie doch ihre Gebietserwerbungen schon seit
einem halben Jahrhundert mit baarem Gelde. Mit Mexico hätten sie zwar
Krieg, geführt und ihm zwei seiner schönsten Provinzen entrissen; hätten sie
ihm aber nicht das ganze Land umsonst nehmen können und hätten sie ihm
nicht für diese beiden Staaten -- nur zwei von einundzwanzig! -- 13 Millionen
silberne Dollars bezahlt? Mit großer Beredtsamkeit setzte darauf der Redner
die Vortheile der Vereinigung mit Nordamerika auseinander und fügte schlie߬
lich hinzu: "Wundert ihr euch, daß, wir unsre Regierung lieben und stolz auf
dieselbe sind? Da wir überzeugt sind, daß sie die beste und freieste Regierung
auf der Welt ist, so kann es gewiß nicht befremden, noch ein Unrecht sein,
daß wir wünschen, auch andere Völker möchten ihre Principien billigen, ihre
Formen sich aneignen und an ihren Vortheilen Theil nehmen. Wird man
uns Vorwürfe machen, daß wir diese Vortheile vornehmlich den uns benach¬
barten Nationen wünschen, die mit uns dieselben Sympathien und Interessen
haben?" Dieselbe Sprache führte sein Nachfolger Mr. Daniel Wheeler: "unsre
Hoffnungen, unsre Schicksale stehen in so genauer Verbindung miteinander, daß
die Interessen der beiden Republiken identisch sind. Unsre wahre Politik ist
Nicht nur zu verkünden, sondern auch gegen die ganze Welt zu behaupten, baß
die amerikanischen Nationen sich selbst regieren können, und daß keine aus¬
wärtige Macht das Recht hat, sich in unsre Angelegenheiten und Interessen
Zu mischen. Die Würde, die Rechte, die Sicherheit, die Ruhe aller verlangen
"S und der Gedanke einer Intervention, oder eines Colonisationsversuchö einer
auswärtigen Macht aus dieser Seite des Oceans ist ganz unzulässig." Be¬
gnügte sich dieser Staatsmann mit der Ausstellung der Monroedoctrin, so
sprachen sich amerikanische Blätter um so deutlicher über die weitern Conseguenzen
aus. Eines derselben, das in vertrauten Beziehungen zu den Negierungökreisen
steht, äußerte in einem Artikel über die im Werke befindlichen Cvlonisations-
versuche durch Nordamerikaner in Mittelamerika: "Die Folgen dieser Coloni-
sation sind einfach und unvermeidlich. Indem die Colonie von San Juan de
Nicaragua oder Greytown ausgeht und durch ihre Ausdehnungskraft um sich
greift, macht sie sich zur Beherrscherin des stillen Oceans; hat sie diese Linie
erst als Operationsbasis, so rückt sie nach Süden wenigstens bis an ven
AlthmuK von Panama vor und vereinigt sich im Norden, mit oder ohne Zu-


sehende Partei den übrigen Staaten gegenüber zu befolgen gedenkt, betrachten
kann. Er entwickelte zuvörderst die bekannte Monroedoctrin, wonach das
amerikanische Festland nicht wejter von europäischen Mächten colonistrt werden
dürfte und erklärte, daß die Vereinigten Staaten entschlossen wären, diese
Doctrin in aller Strenge aufrecht zu erhalten. Ziemlich offen bot er der Re¬
publik Nikaragua eine Art Protektorat der Union an. Daß sich die Ver¬
einigten Staaten unrechtmäßiger Usurpation schuldig machten, wollte Mr. Bor¬
land nicht zugeben. Bezahlten sie doch ihre Gebietserwerbungen schon seit
einem halben Jahrhundert mit baarem Gelde. Mit Mexico hätten sie zwar
Krieg, geführt und ihm zwei seiner schönsten Provinzen entrissen; hätten sie
ihm aber nicht das ganze Land umsonst nehmen können und hätten sie ihm
nicht für diese beiden Staaten — nur zwei von einundzwanzig! — 13 Millionen
silberne Dollars bezahlt? Mit großer Beredtsamkeit setzte darauf der Redner
die Vortheile der Vereinigung mit Nordamerika auseinander und fügte schlie߬
lich hinzu: „Wundert ihr euch, daß, wir unsre Regierung lieben und stolz auf
dieselbe sind? Da wir überzeugt sind, daß sie die beste und freieste Regierung
auf der Welt ist, so kann es gewiß nicht befremden, noch ein Unrecht sein,
daß wir wünschen, auch andere Völker möchten ihre Principien billigen, ihre
Formen sich aneignen und an ihren Vortheilen Theil nehmen. Wird man
uns Vorwürfe machen, daß wir diese Vortheile vornehmlich den uns benach¬
barten Nationen wünschen, die mit uns dieselben Sympathien und Interessen
haben?" Dieselbe Sprache führte sein Nachfolger Mr. Daniel Wheeler: „unsre
Hoffnungen, unsre Schicksale stehen in so genauer Verbindung miteinander, daß
die Interessen der beiden Republiken identisch sind. Unsre wahre Politik ist
Nicht nur zu verkünden, sondern auch gegen die ganze Welt zu behaupten, baß
die amerikanischen Nationen sich selbst regieren können, und daß keine aus¬
wärtige Macht das Recht hat, sich in unsre Angelegenheiten und Interessen
Zu mischen. Die Würde, die Rechte, die Sicherheit, die Ruhe aller verlangen
«S und der Gedanke einer Intervention, oder eines Colonisationsversuchö einer
auswärtigen Macht aus dieser Seite des Oceans ist ganz unzulässig." Be¬
gnügte sich dieser Staatsmann mit der Ausstellung der Monroedoctrin, so
sprachen sich amerikanische Blätter um so deutlicher über die weitern Conseguenzen
aus. Eines derselben, das in vertrauten Beziehungen zu den Negierungökreisen
steht, äußerte in einem Artikel über die im Werke befindlichen Cvlonisations-
versuche durch Nordamerikaner in Mittelamerika: „Die Folgen dieser Coloni-
sation sind einfach und unvermeidlich. Indem die Colonie von San Juan de
Nicaragua oder Greytown ausgeht und durch ihre Ausdehnungskraft um sich
greift, macht sie sich zur Beherrscherin des stillen Oceans; hat sie diese Linie
erst als Operationsbasis, so rückt sie nach Süden wenigstens bis an ven
AlthmuK von Panama vor und vereinigt sich im Norden, mit oder ohne Zu-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/391>, abgerufen am 21.06.2024.