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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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einen breitern, die allgemeinere culturhistorische Erörterung einen engern Raum
einnimmt, als in den genannten Blättern Mitteldeutschlands und im "Bremer
Sonntagsblatt", obschon dieses im Wesentlichen zum Vorbild genommen zu
sein scheint. Das frankfurter Museum besteht schon seit dem vorigen Jahr;
das neue Jahr hat aber im ganzen Südwesten keinen Zuwachs aus diesem
Gebiete der Tagesliteratur gebracht.

Desto erfreulicher erscheint die Regsamkeit, welche sich auf volkswirth-
schaftlichen Gebiete in den verschiedensten Gegenden Süddeutschlands kundgibt.
Und zwar nicht blos durch Begründung neuer Zeitschriften, sondern auch durch
gewisse Einrichtungen in schon bestehenden politischen Zeitungen. Namentlich
haben mehre ihr bis da rein belletristisches Feuilleton nach dieser ernsteren
und praktischen Richtung hingewendet. Meistens freilich in der Art, daß sie
nicht sowol ausführlichere Erörterungen bestimmter Fragen, sondern möglichst
vollständige Uebersichten aller Vorgänge auf diesen Gebieten geben. Natürlich
fallen damit die einzelnen Nachrichten notizenhaft und trocken aus. Aber sie
lenken doch die Aufmerksamkeit derjenigen Leser, die nicht unmittelbar an den
Eisenbahnen, Telegraphen, Creditinstituten, finanziellen Kammerverhandlungen
u. s. w. betheiligt sind, immer wieder von neuem auf diese Fragen, während
früher derartige Nachrichten zu den consequent überschlagenen gehörten. Diese Wir¬
kung erstreckt sich nicht blos auf die eignen Leser solcher Blätter, sondern auch
auf die Localpresse ihres Bereiches. Seitdem z. B. die beiden größern frank¬
furter Zeitungen eine eigne Rubrik für "volkswirtschaftliche Nachrichten" her¬
stellten (wie sie die Hamburger Nachrichten und andere Zeitungen allerdings
schon lang hatten), war es eine der nächsten Folgen, daß mehre kleine Blätter
ihres Verbreitungsrayons ähnliche Einrichtungen trafen. Ja in Frankfurt selbst
sieht man ein Localblatt (frankfurter Anzeiger) dadurch veranlaßt, in seiner
belletristischen Beilage von Zeit zu Zeit derartige ernstere Fragen zu verfolgen,
Während jene beiden Zeitungen bereits auch zu volkswirthschaftlichen Leitar¬
tikeln übergegangen sind. Dieser volkswirthschaftliche Eifer kommt natürlich
"Ach wieder dem Interesse an solchen Blättern zu statten, welche sich die Na¬
tionalökonomie zur eigentlichen Aufgabe gesetzt haben. Dem im vorigen Jahre
Mit mehr localen Charakter entstandenen "badischen Centralblatt für volks¬
wirthschaftliche Interessen" ist in Heidelberg mit dem neuen Jahre bereits ein
-.Centralblatt für die volkswirthschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen
Deutschlands" unter dem Titel "Germania" gefolgt. So weit dasselbe aus
den bisherigen Nummern beurtheilt werden kann, strebt es mit tüchtigsten
^ifer danach, seinem Programme gerecht zu werden d. h. Vollständigkeit und
wissenschaftliche Gründlichkeit ohne Meinungsausschließlichkeit mit faßlicher
Darstellung und einer durchaus praktischen Richtung zu vereinigen. Es kann
"t der That allmälig zu einem allgemeindeutschen Organ der nationalökono-


einen breitern, die allgemeinere culturhistorische Erörterung einen engern Raum
einnimmt, als in den genannten Blättern Mitteldeutschlands und im „Bremer
Sonntagsblatt", obschon dieses im Wesentlichen zum Vorbild genommen zu
sein scheint. Das frankfurter Museum besteht schon seit dem vorigen Jahr;
das neue Jahr hat aber im ganzen Südwesten keinen Zuwachs aus diesem
Gebiete der Tagesliteratur gebracht.

Desto erfreulicher erscheint die Regsamkeit, welche sich auf volkswirth-
schaftlichen Gebiete in den verschiedensten Gegenden Süddeutschlands kundgibt.
Und zwar nicht blos durch Begründung neuer Zeitschriften, sondern auch durch
gewisse Einrichtungen in schon bestehenden politischen Zeitungen. Namentlich
haben mehre ihr bis da rein belletristisches Feuilleton nach dieser ernsteren
und praktischen Richtung hingewendet. Meistens freilich in der Art, daß sie
nicht sowol ausführlichere Erörterungen bestimmter Fragen, sondern möglichst
vollständige Uebersichten aller Vorgänge auf diesen Gebieten geben. Natürlich
fallen damit die einzelnen Nachrichten notizenhaft und trocken aus. Aber sie
lenken doch die Aufmerksamkeit derjenigen Leser, die nicht unmittelbar an den
Eisenbahnen, Telegraphen, Creditinstituten, finanziellen Kammerverhandlungen
u. s. w. betheiligt sind, immer wieder von neuem auf diese Fragen, während
früher derartige Nachrichten zu den consequent überschlagenen gehörten. Diese Wir¬
kung erstreckt sich nicht blos auf die eignen Leser solcher Blätter, sondern auch
auf die Localpresse ihres Bereiches. Seitdem z. B. die beiden größern frank¬
furter Zeitungen eine eigne Rubrik für „volkswirtschaftliche Nachrichten" her¬
stellten (wie sie die Hamburger Nachrichten und andere Zeitungen allerdings
schon lang hatten), war es eine der nächsten Folgen, daß mehre kleine Blätter
ihres Verbreitungsrayons ähnliche Einrichtungen trafen. Ja in Frankfurt selbst
sieht man ein Localblatt (frankfurter Anzeiger) dadurch veranlaßt, in seiner
belletristischen Beilage von Zeit zu Zeit derartige ernstere Fragen zu verfolgen,
Während jene beiden Zeitungen bereits auch zu volkswirthschaftlichen Leitar¬
tikeln übergegangen sind. Dieser volkswirthschaftliche Eifer kommt natürlich
"Ach wieder dem Interesse an solchen Blättern zu statten, welche sich die Na¬
tionalökonomie zur eigentlichen Aufgabe gesetzt haben. Dem im vorigen Jahre
Mit mehr localen Charakter entstandenen „badischen Centralblatt für volks¬
wirthschaftliche Interessen" ist in Heidelberg mit dem neuen Jahre bereits ein
-.Centralblatt für die volkswirthschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen
Deutschlands" unter dem Titel „Germania" gefolgt. So weit dasselbe aus
den bisherigen Nummern beurtheilt werden kann, strebt es mit tüchtigsten
^ifer danach, seinem Programme gerecht zu werden d. h. Vollständigkeit und
wissenschaftliche Gründlichkeit ohne Meinungsausschließlichkeit mit faßlicher
Darstellung und einer durchaus praktischen Richtung zu vereinigen. Es kann
"t der That allmälig zu einem allgemeindeutschen Organ der nationalökono-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/349>, abgerufen am 22.06.2024.