Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.-- aber das ist uns gewiß: ein Friedrich II. auf dem Kaiserthrone in den letz¬ — aber das ist uns gewiß: ein Friedrich II. auf dem Kaiserthrone in den letz¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0324" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101851"/> <p xml:id="ID_832" prev="#ID_831" next="#ID_833"> — aber das ist uns gewiß: ein Friedrich II. auf dem Kaiserthrone in den letz¬<lb/> ten Jahren, und unsere Feodalchristen wären Schlesien wie die Rheinprovinzen<lb/> wieder los geworden, und hätten auf das alte und wahre Preußen die Ver¬<lb/> wirklichung ihrer alleinseligmachenden Theorien beschränken können." — Wir<lb/> nehmen Act von dieser Erklärung der ehemaligen Centralstelle. — Der Haupttheil<lb/> des Buchs, die Reise nach Bornholm, ist sehr lesbar und unterhaltend geschrieben.<lb/> Kundige haben uns versichert, daß die Beschreibung ein sehr scharfes, richtig<lb/> beobachtendes Auge verräth. Das Jnteressanteste waren uns aber die politischen<lb/> Ercurse. In der Einleitung rühmt sich.der Versasser, gleich nach dem Staats¬<lb/> streich in mehren Broschüren, die damals viel Anstoß erregten, den Bona¬<lb/> partismus vertheidigt zu haben. — Aber wenn die Regierung des Kaiser Na¬<lb/> poleon seit der Zeit sich nützlich gezeigt und viele Anhänger gewonnen hat, so<lb/> reicht das noch nicht aus, um jenes Urtheil über ein historisches Factum<lb/> nachträglich zu legitimiren. — Wichtiger ist die Besprechung des Streits zwi¬<lb/> schen Stahl und Bunsen. Herr Q-uedl nimmt nicht blos den letztern in<lb/> Schutz, sondern er geht weiter. „Für Bunsen und seine Freunde bleibt keine<lb/> Wahl: entweder sie fallen mit ihrer halben'religiösen Freiheit der schärfen<lb/> Dialektik Stahls ein wohlgefälliges Opfer, ohne aufrichtige und starke Sym¬<lb/> pathien der öffentlichen Meinung, oder sie stellen sich auf den Standpunkt der<lb/> ganzen religiösen Freiheit, die von keiner Dialektik zersetzt und auf die Dauer<lb/> einem christlichen Volk nicht vorenthalten werden kann." (S. 327.) Sehr<lb/> bemerkenswerth ist die scharfe Sprache gegen Stahl. Der Verfasser zeigt, daß<lb/> dieser nicht das Recht hat, nach subjectiven Ermessen zu bestimmen, wer ein<lb/> Christ sei und wer nicht; um so weniger, da er die gesammten Gebildeten als<lb/> ungläubig bezeichnet. Er zeigt, daß der weltliche Schutz, den die stahlsche<lb/> Kirche beansprucht, noch bedenklicher ist, als die katholische Hierarchie; er<lb/> zeigt, daß die confessionelle Herrschaft im Staat am Ende gar zu einer allge¬<lb/> meinen Einführung der irvingianischen Sekte führen würde. In Beziehung<lb/> auf diese macht er folgende Bemerkung (S. 321.): ,,Was uns die ganze<lb/> Sache nicht wenig bedenklich macht, das ist grade die politisch- religiöse<lb/> Stellung angesehener Jrvingianer in Preußen, das sind die polizeilichen Be¬<lb/> günstigungen, deren sich diese Sekte dort zu erfreuen hat, obschon wir es, trotz<lb/> der sonstigen Zuverlässigkeit der Personen, von denen wir diese Mittheilung<lb/> haben, doch für nicht wahr zu halten vermögen, daß die Emissäre dieser Sekte<lb/> ein Recht gehabt hätten, sich in Kopenhagen auf die besondere Begünstigung<lb/> zu beziehen, deren sich die Sekte von höchst hervorragenden Personen im<lb/> preußischen Kirchenregimente zu erfreuen hätte." Er macht Stahl darauf auf¬<lb/> merksam, daß er erst in reiferen Jahren von auswärts nach Preußen gekommen<lb/> ist, und die Nation selbst wirklich kennen zu lernen nur eine sehr unvoll¬<lb/> kommene Gelegenheit gehabt hat. Er spricht sich entschieden sür die religiöse</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0324]
— aber das ist uns gewiß: ein Friedrich II. auf dem Kaiserthrone in den letz¬
ten Jahren, und unsere Feodalchristen wären Schlesien wie die Rheinprovinzen
wieder los geworden, und hätten auf das alte und wahre Preußen die Ver¬
wirklichung ihrer alleinseligmachenden Theorien beschränken können." — Wir
nehmen Act von dieser Erklärung der ehemaligen Centralstelle. — Der Haupttheil
des Buchs, die Reise nach Bornholm, ist sehr lesbar und unterhaltend geschrieben.
Kundige haben uns versichert, daß die Beschreibung ein sehr scharfes, richtig
beobachtendes Auge verräth. Das Jnteressanteste waren uns aber die politischen
Ercurse. In der Einleitung rühmt sich.der Versasser, gleich nach dem Staats¬
streich in mehren Broschüren, die damals viel Anstoß erregten, den Bona¬
partismus vertheidigt zu haben. — Aber wenn die Regierung des Kaiser Na¬
poleon seit der Zeit sich nützlich gezeigt und viele Anhänger gewonnen hat, so
reicht das noch nicht aus, um jenes Urtheil über ein historisches Factum
nachträglich zu legitimiren. — Wichtiger ist die Besprechung des Streits zwi¬
schen Stahl und Bunsen. Herr Q-uedl nimmt nicht blos den letztern in
Schutz, sondern er geht weiter. „Für Bunsen und seine Freunde bleibt keine
Wahl: entweder sie fallen mit ihrer halben'religiösen Freiheit der schärfen
Dialektik Stahls ein wohlgefälliges Opfer, ohne aufrichtige und starke Sym¬
pathien der öffentlichen Meinung, oder sie stellen sich auf den Standpunkt der
ganzen religiösen Freiheit, die von keiner Dialektik zersetzt und auf die Dauer
einem christlichen Volk nicht vorenthalten werden kann." (S. 327.) Sehr
bemerkenswerth ist die scharfe Sprache gegen Stahl. Der Verfasser zeigt, daß
dieser nicht das Recht hat, nach subjectiven Ermessen zu bestimmen, wer ein
Christ sei und wer nicht; um so weniger, da er die gesammten Gebildeten als
ungläubig bezeichnet. Er zeigt, daß der weltliche Schutz, den die stahlsche
Kirche beansprucht, noch bedenklicher ist, als die katholische Hierarchie; er
zeigt, daß die confessionelle Herrschaft im Staat am Ende gar zu einer allge¬
meinen Einführung der irvingianischen Sekte führen würde. In Beziehung
auf diese macht er folgende Bemerkung (S. 321.): ,,Was uns die ganze
Sache nicht wenig bedenklich macht, das ist grade die politisch- religiöse
Stellung angesehener Jrvingianer in Preußen, das sind die polizeilichen Be¬
günstigungen, deren sich diese Sekte dort zu erfreuen hat, obschon wir es, trotz
der sonstigen Zuverlässigkeit der Personen, von denen wir diese Mittheilung
haben, doch für nicht wahr zu halten vermögen, daß die Emissäre dieser Sekte
ein Recht gehabt hätten, sich in Kopenhagen auf die besondere Begünstigung
zu beziehen, deren sich die Sekte von höchst hervorragenden Personen im
preußischen Kirchenregimente zu erfreuen hätte." Er macht Stahl darauf auf¬
merksam, daß er erst in reiferen Jahren von auswärts nach Preußen gekommen
ist, und die Nation selbst wirklich kennen zu lernen nur eine sehr unvoll¬
kommene Gelegenheit gehabt hat. Er spricht sich entschieden sür die religiöse
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