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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Sie zogen auch den Spruch Christi an: Keiner, der die Hand an den Pflug
legt und zurücksteht, ist tüchtig zum Reiche Gottes. Dies alles mußte drängen
und gebieten, daß ich ein Mönch wurde. Ich will hier nicht reden von vielen
Stricken und Banden, womit ste mein Gewissen banden und verknüpften. Denn
sie sagsen, ich könnte nimmermehr selig werden, wenn ich die von Gott an¬
gebotene Gnade nicht bald annehme und gebrauche. Darauf habe ich, der ich
lieber hätte sterben wollen, als der Gnade Gottes und deS ewigen Lebens ent¬
behren, ihnen alsbald angelobt und zugesagt, daß ich in dreien Tagen wollte
wieder ins Kloster kommen und das Jahr der Probirung anfangen, wie sie eS
im Kloster nennen d. i. ich wollte ein frommer, andächtiger und gottesfürchtiger
Mönch werden.

Im Jahre Christi 1310, den le. Juli um zwei Uhr Nachmittag, bin ich inS
Kloster eingetreten, begleitet von meinem Präceptor und etlichen wenigen meiner
Schulgesetzen und etlichen gar andächtigen Matronen, denen ich zum Theil die
Ursache angezeigt hatte, warum ich mich in den geistlichen Stand begebe. Und so
hab ich meine Begleiter ins Kloster gesegnet, welche alle mir mit Thränen Gottes
Gnade und Segen wünschten. Und also ging ich ins Kloster. Lieber Gott,
du weißt, daß dies alles wahr ist. Ich suchte nicht Müßiggang oder Versor¬
gung des Bauchs, auch nicht den Schein großer Heiligkeit, sondern ich wollte
dir gefallen, dir habe ich dienen wollen.

So tappte ich die Zeit in gar großer Finsterniß. ^




Die deutsche Tagespresse 1856.*)

Als vor etwa zwei Jahren die Bundesnormen zur Verhütung d-eS Miß-'
brauchs der Presse erschienen, da erklärten die beiden Großmächte des Bundes,
dieselben nicht veröffentlichen zu wollen. Sie erkannten sie also nicht als
Maßgebend für sich an. Die Organe ihrer specifischen Politik leugneten auch
nicht, daß es sich blos um verpflichtende Bestimmungen für die kleineren Bun¬
desglieder handeln solle. Hervorgegangen in ihren Grundprincipien aus den
politischen Zuständen des Jahres 1830, oder vielmehr aus der bureaukratischen
Anschauung derselben, erschienen sie' freilich als unmittelbare Producte des
ersten heftigsten Kampfes gegen die Revolution, als directe Ergänzungen der
"rettenden Thaten". Vergebens späht man in ihren Satzungen, ob diese auch
von "Preßfachmännern" aufgestellt sind, nach der leisesten Berücksichtigung der
unterdessen so veränderten Zeitumstände; noch weniger findet sich die so bedeu¬
tende innere Reform der Presse, welche diese durch sich selbst vollzog, in dem



*) Man vergleiche den Nachtrag der Redaction.

Sie zogen auch den Spruch Christi an: Keiner, der die Hand an den Pflug
legt und zurücksteht, ist tüchtig zum Reiche Gottes. Dies alles mußte drängen
und gebieten, daß ich ein Mönch wurde. Ich will hier nicht reden von vielen
Stricken und Banden, womit ste mein Gewissen banden und verknüpften. Denn
sie sagsen, ich könnte nimmermehr selig werden, wenn ich die von Gott an¬
gebotene Gnade nicht bald annehme und gebrauche. Darauf habe ich, der ich
lieber hätte sterben wollen, als der Gnade Gottes und deS ewigen Lebens ent¬
behren, ihnen alsbald angelobt und zugesagt, daß ich in dreien Tagen wollte
wieder ins Kloster kommen und das Jahr der Probirung anfangen, wie sie eS
im Kloster nennen d. i. ich wollte ein frommer, andächtiger und gottesfürchtiger
Mönch werden.

Im Jahre Christi 1310, den le. Juli um zwei Uhr Nachmittag, bin ich inS
Kloster eingetreten, begleitet von meinem Präceptor und etlichen wenigen meiner
Schulgesetzen und etlichen gar andächtigen Matronen, denen ich zum Theil die
Ursache angezeigt hatte, warum ich mich in den geistlichen Stand begebe. Und so
hab ich meine Begleiter ins Kloster gesegnet, welche alle mir mit Thränen Gottes
Gnade und Segen wünschten. Und also ging ich ins Kloster. Lieber Gott,
du weißt, daß dies alles wahr ist. Ich suchte nicht Müßiggang oder Versor¬
gung des Bauchs, auch nicht den Schein großer Heiligkeit, sondern ich wollte
dir gefallen, dir habe ich dienen wollen.

So tappte ich die Zeit in gar großer Finsterniß. ^




Die deutsche Tagespresse 1856.*)

Als vor etwa zwei Jahren die Bundesnormen zur Verhütung d-eS Miß-'
brauchs der Presse erschienen, da erklärten die beiden Großmächte des Bundes,
dieselben nicht veröffentlichen zu wollen. Sie erkannten sie also nicht als
Maßgebend für sich an. Die Organe ihrer specifischen Politik leugneten auch
nicht, daß es sich blos um verpflichtende Bestimmungen für die kleineren Bun¬
desglieder handeln solle. Hervorgegangen in ihren Grundprincipien aus den
politischen Zuständen des Jahres 1830, oder vielmehr aus der bureaukratischen
Anschauung derselben, erschienen sie' freilich als unmittelbare Producte des
ersten heftigsten Kampfes gegen die Revolution, als directe Ergänzungen der
„rettenden Thaten". Vergebens späht man in ihren Satzungen, ob diese auch
von „Preßfachmännern" aufgestellt sind, nach der leisesten Berücksichtigung der
unterdessen so veränderten Zeitumstände; noch weniger findet sich die so bedeu¬
tende innere Reform der Presse, welche diese durch sich selbst vollzog, in dem



*) Man vergleiche den Nachtrag der Redaction.
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[0309] Sie zogen auch den Spruch Christi an: Keiner, der die Hand an den Pflug legt und zurücksteht, ist tüchtig zum Reiche Gottes. Dies alles mußte drängen und gebieten, daß ich ein Mönch wurde. Ich will hier nicht reden von vielen Stricken und Banden, womit ste mein Gewissen banden und verknüpften. Denn sie sagsen, ich könnte nimmermehr selig werden, wenn ich die von Gott an¬ gebotene Gnade nicht bald annehme und gebrauche. Darauf habe ich, der ich lieber hätte sterben wollen, als der Gnade Gottes und deS ewigen Lebens ent¬ behren, ihnen alsbald angelobt und zugesagt, daß ich in dreien Tagen wollte wieder ins Kloster kommen und das Jahr der Probirung anfangen, wie sie eS im Kloster nennen d. i. ich wollte ein frommer, andächtiger und gottesfürchtiger Mönch werden. Im Jahre Christi 1310, den le. Juli um zwei Uhr Nachmittag, bin ich inS Kloster eingetreten, begleitet von meinem Präceptor und etlichen wenigen meiner Schulgesetzen und etlichen gar andächtigen Matronen, denen ich zum Theil die Ursache angezeigt hatte, warum ich mich in den geistlichen Stand begebe. Und so hab ich meine Begleiter ins Kloster gesegnet, welche alle mir mit Thränen Gottes Gnade und Segen wünschten. Und also ging ich ins Kloster. Lieber Gott, du weißt, daß dies alles wahr ist. Ich suchte nicht Müßiggang oder Versor¬ gung des Bauchs, auch nicht den Schein großer Heiligkeit, sondern ich wollte dir gefallen, dir habe ich dienen wollen. So tappte ich die Zeit in gar großer Finsterniß. ^ Die deutsche Tagespresse 1856.*) Als vor etwa zwei Jahren die Bundesnormen zur Verhütung d-eS Miß-' brauchs der Presse erschienen, da erklärten die beiden Großmächte des Bundes, dieselben nicht veröffentlichen zu wollen. Sie erkannten sie also nicht als Maßgebend für sich an. Die Organe ihrer specifischen Politik leugneten auch nicht, daß es sich blos um verpflichtende Bestimmungen für die kleineren Bun¬ desglieder handeln solle. Hervorgegangen in ihren Grundprincipien aus den politischen Zuständen des Jahres 1830, oder vielmehr aus der bureaukratischen Anschauung derselben, erschienen sie' freilich als unmittelbare Producte des ersten heftigsten Kampfes gegen die Revolution, als directe Ergänzungen der „rettenden Thaten". Vergebens späht man in ihren Satzungen, ob diese auch von „Preßfachmännern" aufgestellt sind, nach der leisesten Berücksichtigung der unterdessen so veränderten Zeitumstände; noch weniger findet sich die so bedeu¬ tende innere Reform der Presse, welche diese durch sich selbst vollzog, in dem *) Man vergleiche den Nachtrag der Redaction.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/309>, abgerufen am 22.06.2024.