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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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könne nicht, und wenn er gleich wollte, so wäre doch diese Concession eine
Nullität und nicht kräftig. Denn er hat uns angezeigt, daß klar in des
Papsts Brief stehe, daß die gewiß theilhaftig würden der reichmilden Jndul-
gentien und Schätze der Kirche und der Verdienste Christi, cM ponixsient
manum achutriosm, die mit der Hand hülfen, das ist, die da Geld gäben.
Und das sagten sie mir alles mit deutschen Worten, denn es war keiner unter
ihnen, der mit einem drei lateinische Worte recht hätte reden können.

Dagegen aber habe ich aufs neue gebeten und habe aus dem angeschla¬
genen Brief des Papstes bewiesen, daß der heilige Vater, der Papst, befohlen,
man solle den Armen solche Briefe umsonst, um Gottes Willen geben und
sonderlich weil dabei geschrieben wäre: sei inancZatum Dammi papas proprwm,
d. i. auf des Herrn Papst eignen Befehl.

Da gehen sie wieder hinein und bitten den stolzen, hochmüthigen Mönch,
er möchte mir doch meine Bitte gewähren und mich mit dem Ablaß von sich
lassen, denn ich wäre ein sinnreicher und beredter Jüngling und werth, daß
man auf mich etwas Sonderliches vor andern wendete. Aber sie kommen
wieder heraus und bringen wieder die Antwort et<z manu auxllmti'los, von der
helfenden Hand, die allein fähig wäre, zum heiligen Ablaß. Ich aber bleibe
fest und sage, daß sie mir Armen Unrecht thäten, den beide, Gott und der
Papst, nicht ausschließen wollten von der Gnade, den verwürfen sie um etlicher
weniger Pfennige willen, die ich nicht hätte. Da entsteht ein Streit, ich sollte
doch etwas Geringes geben, damit es an der hilfreichen Hand nicht mangelte,
ich sollte nur einen Groschen geben; ich sagt, ich hab ihn nicht, ich bin arm.
Zuletzt kam es darauf, ich sollte nur sechs Pfennige geben, da antwortete ich wieder,
ich hätte auch nicht einen einzigen Pfennig. Sie redeten mir zu und sprachen
miteinander. Endlich hörte ich, daß sie wegen zwei Dingen in Sorge waren, erst¬
lich man sollte mich in keinem Fall ohne Ablaßbrief weggehen lassen, denn dies
könne ein von andern angelegter Plan sein und möchte hernach ein böses Spiel
daraus entstehen, dieweil in des Papstes Brief klar stünde, den Armen solle man
es umsonst geben. Ferner aber, man müßte dennoch etwas von mir nehmen, da¬
mit nicht die andern hörten, die Ablaßbriefe würden umsonst ausgegeben und
käme hernach der ganze Haus der Schüler und Bettler gelaufen und wollte eS
ein jeglicher umsonst haben. Darum hätten sie nicht sorgen brauchen, denn
die armen Bettler suchten mehr^daS liebe Brot, um den Hunger zu ver¬
treiben.

Nachdem sie ihren Rath gehalten haben, kommen sie wieder zu mir und
gibt mir einer sechs Pfennige, daß ich sie dem Commissario geben sollte. Durch
diesen Beitrag würde ich auch ein Ausdauer der Kirche Se. Peters zu Rom,
item ein Erwürger des Türken und würde noch theilhaftig der Gnade ChrisN
und der Jndulgentien. Aber da sagt ich frei aus Anregung deS Geistes: wenn ich


könne nicht, und wenn er gleich wollte, so wäre doch diese Concession eine
Nullität und nicht kräftig. Denn er hat uns angezeigt, daß klar in des
Papsts Brief stehe, daß die gewiß theilhaftig würden der reichmilden Jndul-
gentien und Schätze der Kirche und der Verdienste Christi, cM ponixsient
manum achutriosm, die mit der Hand hülfen, das ist, die da Geld gäben.
Und das sagten sie mir alles mit deutschen Worten, denn es war keiner unter
ihnen, der mit einem drei lateinische Worte recht hätte reden können.

Dagegen aber habe ich aufs neue gebeten und habe aus dem angeschla¬
genen Brief des Papstes bewiesen, daß der heilige Vater, der Papst, befohlen,
man solle den Armen solche Briefe umsonst, um Gottes Willen geben und
sonderlich weil dabei geschrieben wäre: sei inancZatum Dammi papas proprwm,
d. i. auf des Herrn Papst eignen Befehl.

Da gehen sie wieder hinein und bitten den stolzen, hochmüthigen Mönch,
er möchte mir doch meine Bitte gewähren und mich mit dem Ablaß von sich
lassen, denn ich wäre ein sinnreicher und beredter Jüngling und werth, daß
man auf mich etwas Sonderliches vor andern wendete. Aber sie kommen
wieder heraus und bringen wieder die Antwort et<z manu auxllmti'los, von der
helfenden Hand, die allein fähig wäre, zum heiligen Ablaß. Ich aber bleibe
fest und sage, daß sie mir Armen Unrecht thäten, den beide, Gott und der
Papst, nicht ausschließen wollten von der Gnade, den verwürfen sie um etlicher
weniger Pfennige willen, die ich nicht hätte. Da entsteht ein Streit, ich sollte
doch etwas Geringes geben, damit es an der hilfreichen Hand nicht mangelte,
ich sollte nur einen Groschen geben; ich sagt, ich hab ihn nicht, ich bin arm.
Zuletzt kam es darauf, ich sollte nur sechs Pfennige geben, da antwortete ich wieder,
ich hätte auch nicht einen einzigen Pfennig. Sie redeten mir zu und sprachen
miteinander. Endlich hörte ich, daß sie wegen zwei Dingen in Sorge waren, erst¬
lich man sollte mich in keinem Fall ohne Ablaßbrief weggehen lassen, denn dies
könne ein von andern angelegter Plan sein und möchte hernach ein böses Spiel
daraus entstehen, dieweil in des Papstes Brief klar stünde, den Armen solle man
es umsonst geben. Ferner aber, man müßte dennoch etwas von mir nehmen, da¬
mit nicht die andern hörten, die Ablaßbriefe würden umsonst ausgegeben und
käme hernach der ganze Haus der Schüler und Bettler gelaufen und wollte eS
ein jeglicher umsonst haben. Darum hätten sie nicht sorgen brauchen, denn
die armen Bettler suchten mehr^daS liebe Brot, um den Hunger zu ver¬
treiben.

Nachdem sie ihren Rath gehalten haben, kommen sie wieder zu mir und
gibt mir einer sechs Pfennige, daß ich sie dem Commissario geben sollte. Durch
diesen Beitrag würde ich auch ein Ausdauer der Kirche Se. Peters zu Rom,
item ein Erwürger des Türken und würde noch theilhaftig der Gnade ChrisN
und der Jndulgentien. Aber da sagt ich frei aus Anregung deS Geistes: wenn ich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/306>, abgerufen am 22.06.2024.