Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.zu stellen, bleibt daS Abschiedsgedicht Byrons, in welchem er sich vor seiner
Indessen wollen wir von dieser unzeitigen Anspielung absehen und über zu stellen, bleibt daS Abschiedsgedicht Byrons, in welchem er sich vor seiner
Indessen wollen wir von dieser unzeitigen Anspielung absehen und über <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0277" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101804"/> <p xml:id="ID_707" prev="#ID_706"> zu stellen, bleibt daS Abschiedsgedicht Byrons, in welchem er sich vor seiner<lb/> Gattin weinend in den Staub'wirft, ein schwer zu erklärender Umstand. Elise<lb/> Schmidt hätte dieses Gedicht gradezu ignoriren können; statt dessen schildert<lb/> sie in einer der Schlußscenen den Dichter, wie er es schreibt. „Hier auf dem<lb/> Grabe, allwo die Weide singt im Morgenschein, will ich mein letztversöhnend<lb/> Wort Dir schreiben." Nun hatte nach der Ueberzeugung der Dichterin die<lb/> Lady nicht blos vollständig Unrecht, sondern sie fühlte auch, daß sie Unrecht<lb/> habe, und betrachtet die Scheidung gewissermaßen als eine Strafe für sich<lb/> selbst. Es ist also nicht recht zu begreifen, wie Byron dazu kommt, an diese<lb/> Frau unter anderm folgendermaßen zu schreiben:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_12" type="poem"> <l> /til ksulls neieliüNsilZ l,dem Imowost,<lb/> ^11 maclnvss non« c.in Juno;<lb/> ^II Iwpgz, ^vIlLI'L'lZr lion gOviit,<lb/> "Wittivr, >vit>i L Il c>. o Ao.<lb/> üvery secum;; Iintli hehr sinken;<lb/> ?riclö, which not u worlcl ooultl how,<lb/> Ku^V8 to illos - UlKL loi'k!!>K«iU, —<lb/> lüvori soul lorsiilivs mo >>ovo.<lb/> und i8 clona — »II >voi-c1« into —<lb/> ^Voids l"ron no al'iz pumpt- 8iiII;<lb/> IZui lion^U,« >vo e.ninol brutto<lb/> I^nrae ibeii' >vn^ vvitlwut III« >öl>I, —</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_708" next="#ID_709"> Indessen wollen wir von dieser unzeitigen Anspielung absehen und über<lb/> den Thatbestand lediglich, wie ihn uns das Drama zeigt, ein Urtheil.zu fällen<lb/> suchen. — Byron spricht einmal den Gedanken der Dichterin aus: „Auf<lb/> diesem kleinen Raume sind Englands beste Menschen zusammengetrieben, Mer^<lb/> schen, deren Dasein dem Schöpfer eine Freude war! — Aber wie? — O<lb/> sehet die drei jammervollen Gestalten! Der eine in Verzweiflung, die andere<lb/> in todtähnlicher Ohnmacht und der dritte in den Trunk getrieben — durch<lb/> den Hohn der Welt! Welt! Welt! Belohnst du so deine Genies?" —Die Welt<lb/> scheint uns diese Anklage nicht ganz zu verdienen. Wenn der Lustspieldichter<lb/> Sheridan nicht so viel Anklang findet, als sein Talent verdient, so scheint uns<lb/> das noch kein hinreichender Grund zu sein, sich alle Tage betrunken in der<lb/> Gosse zu wälzen^ obgleich Byron später bemerkt: „Londons wenige Weise<lb/> 'Nüssen sich in Wein betrinken, um sich vor Gram über seine Thorheit nicht<lb/> todt zu weinen!" Es .scheint uns auch nicht hinreichend motivirt, wenn<lb/> eine junge Schauspielerin durch eine Kabale ausgezischt und von einer eifer¬<lb/> süchtigen Frau mit Schmähungen überhäuft wird, daß sie darüber den Verstand<lb/> Verliert. Die Hauptsache bleibt Lord Byron selbst. Gegen seine Rechtfertigung<lb/> hätten wir dreierlei einzuwenden: Einmal muß der Dichter neben seinem<lb/> poetischen Talent auch noch ein Mann sein. Ein Mann soll sich nicht leicht?</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0277]
zu stellen, bleibt daS Abschiedsgedicht Byrons, in welchem er sich vor seiner
Gattin weinend in den Staub'wirft, ein schwer zu erklärender Umstand. Elise
Schmidt hätte dieses Gedicht gradezu ignoriren können; statt dessen schildert
sie in einer der Schlußscenen den Dichter, wie er es schreibt. „Hier auf dem
Grabe, allwo die Weide singt im Morgenschein, will ich mein letztversöhnend
Wort Dir schreiben." Nun hatte nach der Ueberzeugung der Dichterin die
Lady nicht blos vollständig Unrecht, sondern sie fühlte auch, daß sie Unrecht
habe, und betrachtet die Scheidung gewissermaßen als eine Strafe für sich
selbst. Es ist also nicht recht zu begreifen, wie Byron dazu kommt, an diese
Frau unter anderm folgendermaßen zu schreiben:
/til ksulls neieliüNsilZ l,dem Imowost,
^11 maclnvss non« c.in Juno;
^II Iwpgz, ^vIlLI'L'lZr lion gOviit,
"Wittivr, >vit>i L Il c>. o Ao.
üvery secum;; Iintli hehr sinken;
?riclö, which not u worlcl ooultl how,
Ku^V8 to illos - UlKL loi'k!!>K«iU, —
lüvori soul lorsiilivs mo >>ovo.
und i8 clona — »II >voi-c1« into —
^Voids l"ron no al'iz pumpt- 8iiII;
IZui lion^U,« >vo e.ninol brutto
I^nrae ibeii' >vn^ vvitlwut III« >öl>I, —
Indessen wollen wir von dieser unzeitigen Anspielung absehen und über
den Thatbestand lediglich, wie ihn uns das Drama zeigt, ein Urtheil.zu fällen
suchen. — Byron spricht einmal den Gedanken der Dichterin aus: „Auf
diesem kleinen Raume sind Englands beste Menschen zusammengetrieben, Mer^
schen, deren Dasein dem Schöpfer eine Freude war! — Aber wie? — O
sehet die drei jammervollen Gestalten! Der eine in Verzweiflung, die andere
in todtähnlicher Ohnmacht und der dritte in den Trunk getrieben — durch
den Hohn der Welt! Welt! Welt! Belohnst du so deine Genies?" —Die Welt
scheint uns diese Anklage nicht ganz zu verdienen. Wenn der Lustspieldichter
Sheridan nicht so viel Anklang findet, als sein Talent verdient, so scheint uns
das noch kein hinreichender Grund zu sein, sich alle Tage betrunken in der
Gosse zu wälzen^ obgleich Byron später bemerkt: „Londons wenige Weise
'Nüssen sich in Wein betrinken, um sich vor Gram über seine Thorheit nicht
todt zu weinen!" Es .scheint uns auch nicht hinreichend motivirt, wenn
eine junge Schauspielerin durch eine Kabale ausgezischt und von einer eifer¬
süchtigen Frau mit Schmähungen überhäuft wird, daß sie darüber den Verstand
Verliert. Die Hauptsache bleibt Lord Byron selbst. Gegen seine Rechtfertigung
hätten wir dreierlei einzuwenden: Einmal muß der Dichter neben seinem
poetischen Talent auch noch ein Mann sein. Ein Mann soll sich nicht leicht?
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