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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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bekannt gemacht haben mochte, war gewiß, von den Insassen jenes düstern
Aufenthalts mit Geringschätzung behandelt zu werden.

So war der Hos Jacobs nach der Schilderung eines Römisch-Katholischen.
Gleichwol, wie unangenehm jener Hof für einen Römisch-Katholischen gewesen
sein mag, für einen Protestanten war er unendlich unangenehmer. Denn der
Protestant hatte, als Zugabe zu der ganzen Düsterheit, über die der römische
Katholik klagte, einen Haufen von Kränkungen zu erdulden, von denen der
römische Katholik frei war. Bei jeder Mitbewerbung zwischen einem Pro¬
testanten und einem Römisch-Katholischen wurde der Römisch-Katholische vor¬
gezogen. Bei jedem Streite zwischen einem Protestanten und einem Nömisch-
Katholischen wurde vorausgesetzt, daß der Römisch-Katholische Recht habe.
Während der ehrgeizige Protestant sich umsonst nach Beförderung umsah, wäh¬
rend der genußsüchtige Protestant sich umsonst nach Vergnügen umsah, sah
sich der ernste Protestant umsonst nach geistlicher Belehrung und Tröstung um.
Jacob hätte ohne Zweifel mit Leichtigkeit für jene Mitglieder der englischen
Kirche, welche um seiner Sache willen alles geopfert hatten, Erlaubniß er¬
langen können, in der Stille in irgend einem bescheidenen Betzimmer zusammen¬
zukommen und das Brot und den Wein des heiligen Abendmahls aus den
Händen eines von ihrem eignen Klerus zu empfangen; aber er wünschte nicht,
daß seine Residenz durch solche gottlosen Riten befleckt würde. Or. Dennis
Granville, der lieber die reichste Dechanei, das reichste Archidiakonat und eine
der reichsten Pfründen in England aufgegeben, als die Eide geleistet hatte, gab
tödtlichen Anstoß, indem er um Erlaubniß bat, den. Verbannten von seiner
eignen Gemeinschaft Gebete vorzulesen. Gein Gesuch wurde abgeschlagen und
er wurde von den Kaplanen seines Herrn und ihren Anhängern so gröblich
insultirt, daß er Zenölhigt war, Se. Germains zu verlassen. Damit nicht
irgend ein andrer anglikanischer Lehrer ebenso belästigend sein möge, schrieb
Jacob, seine Agenten in England zu benachrichtigen, daß er wünschte, es
möchte kein protestantischer Theolog zu ihm kommen. In der That auf den
eidweigernden Klerus wurde in seinem'Palaste mindestens ebensoviel gestichelt
und geschmäht, wie in dem seines Neffen. Wenn irgend jemand einen An¬
spruch hatte, zu Se. Germains mit Achtung erwähnt zu werden, so war es
sicherlich Sancroft. Gleichwol hieß es, daß die Frömmler, die dort beisammen
waren, von ihm nie anVers als mit Abneigung und Widerwillen spräche"-
Das Opfer der ersten Stelle in der Kirche, der ersten Stelle in der Peerschast,
des Palastes zu Lambeth und des Palastes zu Croydon, eines ungeheueren
Patronats und eines Einkommens von mehr als 5000 des Jahres wurde nur
für eine dürftige Sühne des großen Verbrechens gehalten, eine bescheidene
Vorstellung gegen die verfassungswidrige Jndulgenzerklärung gethan zu haben-
Es wurde erklärt, daß Sancroft grade ein solcher Verräther und grade ein


bekannt gemacht haben mochte, war gewiß, von den Insassen jenes düstern
Aufenthalts mit Geringschätzung behandelt zu werden.

So war der Hos Jacobs nach der Schilderung eines Römisch-Katholischen.
Gleichwol, wie unangenehm jener Hof für einen Römisch-Katholischen gewesen
sein mag, für einen Protestanten war er unendlich unangenehmer. Denn der
Protestant hatte, als Zugabe zu der ganzen Düsterheit, über die der römische
Katholik klagte, einen Haufen von Kränkungen zu erdulden, von denen der
römische Katholik frei war. Bei jeder Mitbewerbung zwischen einem Pro¬
testanten und einem Römisch-Katholischen wurde der Römisch-Katholische vor¬
gezogen. Bei jedem Streite zwischen einem Protestanten und einem Nömisch-
Katholischen wurde vorausgesetzt, daß der Römisch-Katholische Recht habe.
Während der ehrgeizige Protestant sich umsonst nach Beförderung umsah, wäh¬
rend der genußsüchtige Protestant sich umsonst nach Vergnügen umsah, sah
sich der ernste Protestant umsonst nach geistlicher Belehrung und Tröstung um.
Jacob hätte ohne Zweifel mit Leichtigkeit für jene Mitglieder der englischen
Kirche, welche um seiner Sache willen alles geopfert hatten, Erlaubniß er¬
langen können, in der Stille in irgend einem bescheidenen Betzimmer zusammen¬
zukommen und das Brot und den Wein des heiligen Abendmahls aus den
Händen eines von ihrem eignen Klerus zu empfangen; aber er wünschte nicht,
daß seine Residenz durch solche gottlosen Riten befleckt würde. Or. Dennis
Granville, der lieber die reichste Dechanei, das reichste Archidiakonat und eine
der reichsten Pfründen in England aufgegeben, als die Eide geleistet hatte, gab
tödtlichen Anstoß, indem er um Erlaubniß bat, den. Verbannten von seiner
eignen Gemeinschaft Gebete vorzulesen. Gein Gesuch wurde abgeschlagen und
er wurde von den Kaplanen seines Herrn und ihren Anhängern so gröblich
insultirt, daß er Zenölhigt war, Se. Germains zu verlassen. Damit nicht
irgend ein andrer anglikanischer Lehrer ebenso belästigend sein möge, schrieb
Jacob, seine Agenten in England zu benachrichtigen, daß er wünschte, es
möchte kein protestantischer Theolog zu ihm kommen. In der That auf den
eidweigernden Klerus wurde in seinem'Palaste mindestens ebensoviel gestichelt
und geschmäht, wie in dem seines Neffen. Wenn irgend jemand einen An¬
spruch hatte, zu Se. Germains mit Achtung erwähnt zu werden, so war es
sicherlich Sancroft. Gleichwol hieß es, daß die Frömmler, die dort beisammen
waren, von ihm nie anVers als mit Abneigung und Widerwillen spräche»-
Das Opfer der ersten Stelle in der Kirche, der ersten Stelle in der Peerschast,
des Palastes zu Lambeth und des Palastes zu Croydon, eines ungeheueren
Patronats und eines Einkommens von mehr als 5000 des Jahres wurde nur
für eine dürftige Sühne des großen Verbrechens gehalten, eine bescheidene
Vorstellung gegen die verfassungswidrige Jndulgenzerklärung gethan zu haben-
Es wurde erklärt, daß Sancroft grade ein solcher Verräther und grade ein


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[0264] bekannt gemacht haben mochte, war gewiß, von den Insassen jenes düstern Aufenthalts mit Geringschätzung behandelt zu werden. So war der Hos Jacobs nach der Schilderung eines Römisch-Katholischen. Gleichwol, wie unangenehm jener Hof für einen Römisch-Katholischen gewesen sein mag, für einen Protestanten war er unendlich unangenehmer. Denn der Protestant hatte, als Zugabe zu der ganzen Düsterheit, über die der römische Katholik klagte, einen Haufen von Kränkungen zu erdulden, von denen der römische Katholik frei war. Bei jeder Mitbewerbung zwischen einem Pro¬ testanten und einem Römisch-Katholischen wurde der Römisch-Katholische vor¬ gezogen. Bei jedem Streite zwischen einem Protestanten und einem Nömisch- Katholischen wurde vorausgesetzt, daß der Römisch-Katholische Recht habe. Während der ehrgeizige Protestant sich umsonst nach Beförderung umsah, wäh¬ rend der genußsüchtige Protestant sich umsonst nach Vergnügen umsah, sah sich der ernste Protestant umsonst nach geistlicher Belehrung und Tröstung um. Jacob hätte ohne Zweifel mit Leichtigkeit für jene Mitglieder der englischen Kirche, welche um seiner Sache willen alles geopfert hatten, Erlaubniß er¬ langen können, in der Stille in irgend einem bescheidenen Betzimmer zusammen¬ zukommen und das Brot und den Wein des heiligen Abendmahls aus den Händen eines von ihrem eignen Klerus zu empfangen; aber er wünschte nicht, daß seine Residenz durch solche gottlosen Riten befleckt würde. Or. Dennis Granville, der lieber die reichste Dechanei, das reichste Archidiakonat und eine der reichsten Pfründen in England aufgegeben, als die Eide geleistet hatte, gab tödtlichen Anstoß, indem er um Erlaubniß bat, den. Verbannten von seiner eignen Gemeinschaft Gebete vorzulesen. Gein Gesuch wurde abgeschlagen und er wurde von den Kaplanen seines Herrn und ihren Anhängern so gröblich insultirt, daß er Zenölhigt war, Se. Germains zu verlassen. Damit nicht irgend ein andrer anglikanischer Lehrer ebenso belästigend sein möge, schrieb Jacob, seine Agenten in England zu benachrichtigen, daß er wünschte, es möchte kein protestantischer Theolog zu ihm kommen. In der That auf den eidweigernden Klerus wurde in seinem'Palaste mindestens ebensoviel gestichelt und geschmäht, wie in dem seines Neffen. Wenn irgend jemand einen An¬ spruch hatte, zu Se. Germains mit Achtung erwähnt zu werden, so war es sicherlich Sancroft. Gleichwol hieß es, daß die Frömmler, die dort beisammen waren, von ihm nie anVers als mit Abneigung und Widerwillen spräche»- Das Opfer der ersten Stelle in der Kirche, der ersten Stelle in der Peerschast, des Palastes zu Lambeth und des Palastes zu Croydon, eines ungeheueren Patronats und eines Einkommens von mehr als 5000 des Jahres wurde nur für eine dürftige Sühne des großen Verbrechens gehalten, eine bescheidene Vorstellung gegen die verfassungswidrige Jndulgenzerklärung gethan zu haben- Es wurde erklärt, daß Sancroft grade ein solcher Verräther und grade ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/264>, abgerufen am 21.06.2024.