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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Existenz sicherndes Unterkommen zu suchen. -- Die tiefste Demüthigung aber
blieb dem Katastralbeamten in einem Paragraph? des für ihn entworfenen
Gebührenregulativs aufgespart. Dieser besagt, daß die Finanzlandesdirection
nur in besonders rückfichtswürdigen Fällen dem erkrankten Katastralbeamten
den Fortbezug seiner Gebühren während der Krankheitsdauer der zweiten vier¬
zehn Tage gestatten könne. Nach dieser Zeit jedoch tritt eine Schmälerung auf
zwei Drittel seines Gehaltes ein, dessen Bezug nach Verlauf der nächsten vier¬
zehn Tage, also sechs Wochen nach dem Beginn der Krankheit gänzlich
aufhört.

Bei so bewandten Umständen wird es nicht Wunder nehmen, daß die
Glieder jener bedaurungswürdigen Beamtenkategorie seit Jahren bemüht waren,
die höchste ihnen vorgesetzte Behörde für die Stabilistrung ihrer Körperschaft
zu gewinnen, ein Verlangen, welches um so berücksichtigungswerther erscheint,
als die vollständige Durchführung der Steuerregulirnng noch einen sehr großen
Zeitraum erfordert, da die größere Hälfte unsres Kaiserstaates, die Provinzen
Galizien, Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien und ein Theil von Tirol mit Aus¬
nahme der erstgenannten noch gar nicht in Angriff genommen sind. Die
Evidenzhaltung der bereits in der Katastralvermcssung und Schätzung voll¬
endeten Provinzen erfordert ebenfalls eine bedeutende Anzahl technischer Organe,
die nur der erwähnten Körperschaft entnommen werden können, weshalb die
etwaige Besorgniß, daß man die, nach völliger Beendigung unsres Steuer¬
systems in allen Kronländern disponibel werdenden Kräfte nicht entsprechend
verwenden könne, sich als ungegründet herausstellt. Allein diese Versuche
waren bisher vergeblich.

Wundern aber müssen wir uns, daß unser erleuchtetes Ministerium, dem
allein eine endgiltige Entscheidung in dieser Sache zukommt, derselben noch
keine nähere Würdigung zu Theil werden ließ, um so mehr, da die Früchte
der neuen Steuerregulirung durch den gegenwärtigen um Millionen Gulden
vermehrten Steueretat deutlich genug am Tage liegen. Bei allen Anlässen, wo
es galt, dem allgemeinen Wohl ein Opfer zu bringen, that man der in Rede
stehenden Beamtenschaft die Ehre an, sich nach Kräften hierbei zu betheiligen,
und ihren loyalen Sinn auf möglichst glänzende Weise zu bethätigen wie z. B.
bei Gelegenheit der Subscription aus das bekannte Nationalanlehen. Als aber
im December v. I. die Gnade unsres erhabenen Monarchen in huldvoller Be¬
rücksichtigung der allgemein herrschenden Theuerung den Staatsbeamten aller
Kategorien, (den provisorischen wie den definitiven) einen angemessenen
Theurungszuschuß zu bewilligen geruhte, da waren die Katastralbeamten die
ewzigen, die sich der Allerhöchst gewährten Gnade nicht zu erfreuen hatten,
was wol schwerlich in der Absicht unsres gütigen, für das Wohl aller Stände
gleich besorgten Landesvaters gelegen sein mag.


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Existenz sicherndes Unterkommen zu suchen. — Die tiefste Demüthigung aber
blieb dem Katastralbeamten in einem Paragraph? des für ihn entworfenen
Gebührenregulativs aufgespart. Dieser besagt, daß die Finanzlandesdirection
nur in besonders rückfichtswürdigen Fällen dem erkrankten Katastralbeamten
den Fortbezug seiner Gebühren während der Krankheitsdauer der zweiten vier¬
zehn Tage gestatten könne. Nach dieser Zeit jedoch tritt eine Schmälerung auf
zwei Drittel seines Gehaltes ein, dessen Bezug nach Verlauf der nächsten vier¬
zehn Tage, also sechs Wochen nach dem Beginn der Krankheit gänzlich
aufhört.

Bei so bewandten Umständen wird es nicht Wunder nehmen, daß die
Glieder jener bedaurungswürdigen Beamtenkategorie seit Jahren bemüht waren,
die höchste ihnen vorgesetzte Behörde für die Stabilistrung ihrer Körperschaft
zu gewinnen, ein Verlangen, welches um so berücksichtigungswerther erscheint,
als die vollständige Durchführung der Steuerregulirnng noch einen sehr großen
Zeitraum erfordert, da die größere Hälfte unsres Kaiserstaates, die Provinzen
Galizien, Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien und ein Theil von Tirol mit Aus¬
nahme der erstgenannten noch gar nicht in Angriff genommen sind. Die
Evidenzhaltung der bereits in der Katastralvermcssung und Schätzung voll¬
endeten Provinzen erfordert ebenfalls eine bedeutende Anzahl technischer Organe,
die nur der erwähnten Körperschaft entnommen werden können, weshalb die
etwaige Besorgniß, daß man die, nach völliger Beendigung unsres Steuer¬
systems in allen Kronländern disponibel werdenden Kräfte nicht entsprechend
verwenden könne, sich als ungegründet herausstellt. Allein diese Versuche
waren bisher vergeblich.

Wundern aber müssen wir uns, daß unser erleuchtetes Ministerium, dem
allein eine endgiltige Entscheidung in dieser Sache zukommt, derselben noch
keine nähere Würdigung zu Theil werden ließ, um so mehr, da die Früchte
der neuen Steuerregulirung durch den gegenwärtigen um Millionen Gulden
vermehrten Steueretat deutlich genug am Tage liegen. Bei allen Anlässen, wo
es galt, dem allgemeinen Wohl ein Opfer zu bringen, that man der in Rede
stehenden Beamtenschaft die Ehre an, sich nach Kräften hierbei zu betheiligen,
und ihren loyalen Sinn auf möglichst glänzende Weise zu bethätigen wie z. B.
bei Gelegenheit der Subscription aus das bekannte Nationalanlehen. Als aber
im December v. I. die Gnade unsres erhabenen Monarchen in huldvoller Be¬
rücksichtigung der allgemein herrschenden Theuerung den Staatsbeamten aller
Kategorien, (den provisorischen wie den definitiven) einen angemessenen
Theurungszuschuß zu bewilligen geruhte, da waren die Katastralbeamten die
ewzigen, die sich der Allerhöchst gewährten Gnade nicht zu erfreuen hatten,
was wol schwerlich in der Absicht unsres gütigen, für das Wohl aller Stände
gleich besorgten Landesvaters gelegen sein mag.


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[0259] Existenz sicherndes Unterkommen zu suchen. — Die tiefste Demüthigung aber blieb dem Katastralbeamten in einem Paragraph? des für ihn entworfenen Gebührenregulativs aufgespart. Dieser besagt, daß die Finanzlandesdirection nur in besonders rückfichtswürdigen Fällen dem erkrankten Katastralbeamten den Fortbezug seiner Gebühren während der Krankheitsdauer der zweiten vier¬ zehn Tage gestatten könne. Nach dieser Zeit jedoch tritt eine Schmälerung auf zwei Drittel seines Gehaltes ein, dessen Bezug nach Verlauf der nächsten vier¬ zehn Tage, also sechs Wochen nach dem Beginn der Krankheit gänzlich aufhört. Bei so bewandten Umständen wird es nicht Wunder nehmen, daß die Glieder jener bedaurungswürdigen Beamtenkategorie seit Jahren bemüht waren, die höchste ihnen vorgesetzte Behörde für die Stabilistrung ihrer Körperschaft zu gewinnen, ein Verlangen, welches um so berücksichtigungswerther erscheint, als die vollständige Durchführung der Steuerregulirnng noch einen sehr großen Zeitraum erfordert, da die größere Hälfte unsres Kaiserstaates, die Provinzen Galizien, Ungarn, Siebenbürgen, Kroatien und ein Theil von Tirol mit Aus¬ nahme der erstgenannten noch gar nicht in Angriff genommen sind. Die Evidenzhaltung der bereits in der Katastralvermcssung und Schätzung voll¬ endeten Provinzen erfordert ebenfalls eine bedeutende Anzahl technischer Organe, die nur der erwähnten Körperschaft entnommen werden können, weshalb die etwaige Besorgniß, daß man die, nach völliger Beendigung unsres Steuer¬ systems in allen Kronländern disponibel werdenden Kräfte nicht entsprechend verwenden könne, sich als ungegründet herausstellt. Allein diese Versuche waren bisher vergeblich. Wundern aber müssen wir uns, daß unser erleuchtetes Ministerium, dem allein eine endgiltige Entscheidung in dieser Sache zukommt, derselben noch keine nähere Würdigung zu Theil werden ließ, um so mehr, da die Früchte der neuen Steuerregulirung durch den gegenwärtigen um Millionen Gulden vermehrten Steueretat deutlich genug am Tage liegen. Bei allen Anlässen, wo es galt, dem allgemeinen Wohl ein Opfer zu bringen, that man der in Rede stehenden Beamtenschaft die Ehre an, sich nach Kräften hierbei zu betheiligen, und ihren loyalen Sinn auf möglichst glänzende Weise zu bethätigen wie z. B. bei Gelegenheit der Subscription aus das bekannte Nationalanlehen. Als aber im December v. I. die Gnade unsres erhabenen Monarchen in huldvoller Be¬ rücksichtigung der allgemein herrschenden Theuerung den Staatsbeamten aller Kategorien, (den provisorischen wie den definitiven) einen angemessenen Theurungszuschuß zu bewilligen geruhte, da waren die Katastralbeamten die ewzigen, die sich der Allerhöchst gewährten Gnade nicht zu erfreuen hatten, was wol schwerlich in der Absicht unsres gütigen, für das Wohl aller Stände gleich besorgten Landesvaters gelegen sein mag. 32*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/259>, abgerufen am 21.06.2024.