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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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sten Sterne. Sir John Herschel hat gesagt, daß die Form dieser Sternhaufen,
wofern sie rund seien, die Existenz eines allgemeinen Bandes von der Art der
Schwerkraft vermuthen lassen würde. Annehmend, daß der kugelförmige Raum
vielleicht mit gleichen, sehr zahlreich und in gleichen Abständen in demselben
zerstreuten Sternen angefüllt sei, die sich gegenseitig anziehen würden, hat er
geschlossen, daß dann jeder Stern eine vollständige Ellipse um den gemein¬
schaftlichen Schwerpunkt in der Mitte beschreiben würde. Hierauf bezieht sich
Whewell und fügt hinzu, daß, wenn unsre Sonne dermaßen in Bruchstücke zer¬
spränge, daß dieselben den von der Erdbahn umgürteten Raum füllten, alle
diese Bruchstücke in einem Jahre sich um das Centrum drehen würden. Da
nun kein Sternhausen ein Symptom zeigt, daß seine Theile sich so rasch be¬
wegen, so schließt er, daß die Sternhaufen, gleich den Nebelflecken" außer¬
ordentlich wenig massiv, also dunstig gleich den Kometenschweifen sein müssen.

Ueber die Doppelsterne wird dasselbe bemerkt, auch sie erscheinen als eine
Art Sterndunst, der über einen beträchtlichen Raum ausgedehnt ist. Herschel
betrachtet dieselben als Sonnen, begleitet von einem Planeten- und Satelliten-
gcfolge und gibt die Bedingungen zur Eristenz ihrer Bewohner an. Whewell
dagegen sagt, daß ihre Sonne vielmehr eine große Sphäre von leuchtender
Materie zu sein scheine, und daß die in diese Atmosphäre geschleuderten Pla¬
neten statt regelmäßige Kreise zu beschreiben vielmehr in spiralförmigen Pfa¬
den sich ihren Weg durch den nebligen Abgrund nach dem Kerne bahnen
mögen.

In Betreff der einzelnen Fixsterne wird mit Recht gesagt, der einzige Be¬
weis, daß sie die Centren planetarischer Systeme seien, bestehe in der Annahme,
daß sie der Sonne in Natur und Eigenschaften gleichen und deshalb dieselben
Obliegenheiten und dasselbe Zubehör haben müßten. Nun sind die Firsterne
aber nicht blos der Sonne, sondern auch den Nebelflecken und den Kometen¬
schweifen ähnlich, und es gibt keinen auffallenden Unterschied zwischen dem
eignen Lichte der Sterne und dem reflectirten Lichte der Planeten. Obschon
ferner die Masse gewisser Sterne ein Drittel der Sonnenmasse ist, so kann
doch ihre Materie eine Kugel gleich dem Jahresumlaufe der Erde ausfüllen,
und so kann diese dunstige Materie gleichsam die Matrir oder der Grundstoff
der Sonne und "er Planeten eines noch in der Bildung begriffenen Sonnen¬
systems sein. Sodann unterliegen die Sterne Veränderungen in ihrer mecha¬
nischen Stellung. Wir sehen, daß verschiedene Sterne verschiedene Farben
annehmen, wie denn der Sirius von Ptolomäus als roth beschrieben wird,
während er uns weiß erscheint, und wir wissen, daß unsre Erde mächtigen Ver¬
änderungen unterworfen gewesen ist, die auf Veränderungen in ihrer Beziehung
zur Sonne deuten. Wenn also kugelförmige Massen von Sternendunst im
Laufe der Zeit sich zu Planetensystemen gestalten können, so wird es dem, was


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sten Sterne. Sir John Herschel hat gesagt, daß die Form dieser Sternhaufen,
wofern sie rund seien, die Existenz eines allgemeinen Bandes von der Art der
Schwerkraft vermuthen lassen würde. Annehmend, daß der kugelförmige Raum
vielleicht mit gleichen, sehr zahlreich und in gleichen Abständen in demselben
zerstreuten Sternen angefüllt sei, die sich gegenseitig anziehen würden, hat er
geschlossen, daß dann jeder Stern eine vollständige Ellipse um den gemein¬
schaftlichen Schwerpunkt in der Mitte beschreiben würde. Hierauf bezieht sich
Whewell und fügt hinzu, daß, wenn unsre Sonne dermaßen in Bruchstücke zer¬
spränge, daß dieselben den von der Erdbahn umgürteten Raum füllten, alle
diese Bruchstücke in einem Jahre sich um das Centrum drehen würden. Da
nun kein Sternhausen ein Symptom zeigt, daß seine Theile sich so rasch be¬
wegen, so schließt er, daß die Sternhaufen, gleich den Nebelflecken» außer¬
ordentlich wenig massiv, also dunstig gleich den Kometenschweifen sein müssen.

Ueber die Doppelsterne wird dasselbe bemerkt, auch sie erscheinen als eine
Art Sterndunst, der über einen beträchtlichen Raum ausgedehnt ist. Herschel
betrachtet dieselben als Sonnen, begleitet von einem Planeten- und Satelliten-
gcfolge und gibt die Bedingungen zur Eristenz ihrer Bewohner an. Whewell
dagegen sagt, daß ihre Sonne vielmehr eine große Sphäre von leuchtender
Materie zu sein scheine, und daß die in diese Atmosphäre geschleuderten Pla¬
neten statt regelmäßige Kreise zu beschreiben vielmehr in spiralförmigen Pfa¬
den sich ihren Weg durch den nebligen Abgrund nach dem Kerne bahnen
mögen.

In Betreff der einzelnen Fixsterne wird mit Recht gesagt, der einzige Be¬
weis, daß sie die Centren planetarischer Systeme seien, bestehe in der Annahme,
daß sie der Sonne in Natur und Eigenschaften gleichen und deshalb dieselben
Obliegenheiten und dasselbe Zubehör haben müßten. Nun sind die Firsterne
aber nicht blos der Sonne, sondern auch den Nebelflecken und den Kometen¬
schweifen ähnlich, und es gibt keinen auffallenden Unterschied zwischen dem
eignen Lichte der Sterne und dem reflectirten Lichte der Planeten. Obschon
ferner die Masse gewisser Sterne ein Drittel der Sonnenmasse ist, so kann
doch ihre Materie eine Kugel gleich dem Jahresumlaufe der Erde ausfüllen,
und so kann diese dunstige Materie gleichsam die Matrir oder der Grundstoff
der Sonne und »er Planeten eines noch in der Bildung begriffenen Sonnen¬
systems sein. Sodann unterliegen die Sterne Veränderungen in ihrer mecha¬
nischen Stellung. Wir sehen, daß verschiedene Sterne verschiedene Farben
annehmen, wie denn der Sirius von Ptolomäus als roth beschrieben wird,
während er uns weiß erscheint, und wir wissen, daß unsre Erde mächtigen Ver¬
änderungen unterworfen gewesen ist, die auf Veränderungen in ihrer Beziehung
zur Sonne deuten. Wenn also kugelförmige Massen von Sternendunst im
Laufe der Zeit sich zu Planetensystemen gestalten können, so wird es dem, was


Grenzboten. I. -I8so. jj,
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[0353] sten Sterne. Sir John Herschel hat gesagt, daß die Form dieser Sternhaufen, wofern sie rund seien, die Existenz eines allgemeinen Bandes von der Art der Schwerkraft vermuthen lassen würde. Annehmend, daß der kugelförmige Raum vielleicht mit gleichen, sehr zahlreich und in gleichen Abständen in demselben zerstreuten Sternen angefüllt sei, die sich gegenseitig anziehen würden, hat er geschlossen, daß dann jeder Stern eine vollständige Ellipse um den gemein¬ schaftlichen Schwerpunkt in der Mitte beschreiben würde. Hierauf bezieht sich Whewell und fügt hinzu, daß, wenn unsre Sonne dermaßen in Bruchstücke zer¬ spränge, daß dieselben den von der Erdbahn umgürteten Raum füllten, alle diese Bruchstücke in einem Jahre sich um das Centrum drehen würden. Da nun kein Sternhausen ein Symptom zeigt, daß seine Theile sich so rasch be¬ wegen, so schließt er, daß die Sternhaufen, gleich den Nebelflecken» außer¬ ordentlich wenig massiv, also dunstig gleich den Kometenschweifen sein müssen. Ueber die Doppelsterne wird dasselbe bemerkt, auch sie erscheinen als eine Art Sterndunst, der über einen beträchtlichen Raum ausgedehnt ist. Herschel betrachtet dieselben als Sonnen, begleitet von einem Planeten- und Satelliten- gcfolge und gibt die Bedingungen zur Eristenz ihrer Bewohner an. Whewell dagegen sagt, daß ihre Sonne vielmehr eine große Sphäre von leuchtender Materie zu sein scheine, und daß die in diese Atmosphäre geschleuderten Pla¬ neten statt regelmäßige Kreise zu beschreiben vielmehr in spiralförmigen Pfa¬ den sich ihren Weg durch den nebligen Abgrund nach dem Kerne bahnen mögen. In Betreff der einzelnen Fixsterne wird mit Recht gesagt, der einzige Be¬ weis, daß sie die Centren planetarischer Systeme seien, bestehe in der Annahme, daß sie der Sonne in Natur und Eigenschaften gleichen und deshalb dieselben Obliegenheiten und dasselbe Zubehör haben müßten. Nun sind die Firsterne aber nicht blos der Sonne, sondern auch den Nebelflecken und den Kometen¬ schweifen ähnlich, und es gibt keinen auffallenden Unterschied zwischen dem eignen Lichte der Sterne und dem reflectirten Lichte der Planeten. Obschon ferner die Masse gewisser Sterne ein Drittel der Sonnenmasse ist, so kann doch ihre Materie eine Kugel gleich dem Jahresumlaufe der Erde ausfüllen, und so kann diese dunstige Materie gleichsam die Matrir oder der Grundstoff der Sonne und »er Planeten eines noch in der Bildung begriffenen Sonnen¬ systems sein. Sodann unterliegen die Sterne Veränderungen in ihrer mecha¬ nischen Stellung. Wir sehen, daß verschiedene Sterne verschiedene Farben annehmen, wie denn der Sirius von Ptolomäus als roth beschrieben wird, während er uns weiß erscheint, und wir wissen, daß unsre Erde mächtigen Ver¬ änderungen unterworfen gewesen ist, die auf Veränderungen in ihrer Beziehung zur Sonne deuten. Wenn also kugelförmige Massen von Sternendunst im Laufe der Zeit sich zu Planetensystemen gestalten können, so wird es dem, was Grenzboten. I. -I8so. jj,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/353>, abgerufen am 23.07.2024.