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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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im Quartiermeisterstabe des Generalmajors Miloradowitsch, der unter Rosen¬
berg befehligte; er war bei den Gefechten an der Teufels drücke und am urner
Loch zugegen, und bei der Nachhut, als Suwarow den kühnen Zug aus dem
Schächenthal in das Thal der Muotta ausführte. Auch in dem zuletzt ge¬
nannten Thal blieb Rosenbcrgs Abtheilung zurück, um Suwarows Zug durch
das Klönthal gegen Angriffe von Schwyz zu decken, und bestand hier ein
glänzendes Gefecht gegen Massen", bei dem sich Toll so vortheilhaft aus¬
zeichnete, daß er den Se. Annenorden dritter Classe erhielt. Rosenberg folgte
dann Suwarow nach Glarus, von hier auf äußerst beschwerlichen Wegen
nach Jlanz im Rheinthal, dann nach Bregenz am Bodensee; am 30. November
wurde der Rückmarsch nach Böhmen angetreten. Dieser Abschnitt des Werks,
der schon durch die darin geschilderten Unternehmungen SuwarowS ein un¬
verwüstliches Interesse erhält, wirft überraschende Schlaglichter auf die Natur
des damaligen östreichisch-russischen Bündnisses und auf die östreichische Krieg¬
führung, und liefert lehrreiche Details zur Charakteristik hervorragender Per¬
sönlichkeiten, Wevrothers, Korsakows, vor allem Suwarows. Niemand wird
den Brief Suwarows, den Herr von Bernhard! S. 41. mittheilt, ohne Inter¬
esse lesen.

Im Frühjahr 1800 zogen Rvsenbergs Truppen, bei denen sich Toll fort¬
während befand, nach Rußland zurück; die Generalstabsoffiziere wurden bald
nach Petersburg befohlen und hier unter Befehl des Generalmajors Steinheil
wieder mit Zeichnen beschäftigt. Toll wurde noch im Sommer desselben Jahres
zum Major ernannt und mußte 1803 bei den großen Truppenübungen in der
Umgegend von Krasnoja-Scio als Generalquartiermeister der von dem Feld-
marschall Kamensky befehligten Heeresabtheilung fungiren, da mehre ältere
und höher stehende Offiziere offen bekannten, daß sie sich der Aufgabe nicht
gewachsen fühlten; auch für die von dem Fürsten Wolkonsky geleiteten Uebun¬
gen mußte Toll die Dispositionen entwerfen, und wurde dadurch dem Kaiser
Alerander als ein vielversprechender Offizier bekannt. Herr von Bernhard: be¬
nutzt diese Gelegenheit, die Ansichten über Taktik und Strategie, wie sie damals
bei den Führern des russischen Heeres herrschten, mit großer Anschaulichkeit zu
charakterisieren.

Im Jahre 1803 machte Toll den mährischen Feldzug mit, wo er im
Hauptquartier des Grasen Burhöwden angestellt war. Der Verfasser setzt in
Kürze den Feldzugsplan auseinander, motivirt, wie uns scheint, mit Glück
seine abweichende Ansicht über die militärischen Fähigkeiten des General Mack,
bespricht die Maßregeln, durch welche Preußens Beitritt zum russisch-östreichischen
Bündnisse erzwungen werden sollte, und gibt eine anschauliche Schilderung
von den Verhältnissen im Lager der Verbündeten vor der Schlacht von Auster-
litz, wo die größeste Siegesgewißheit herrschte. Von besonderem Interesse und


im Quartiermeisterstabe des Generalmajors Miloradowitsch, der unter Rosen¬
berg befehligte; er war bei den Gefechten an der Teufels drücke und am urner
Loch zugegen, und bei der Nachhut, als Suwarow den kühnen Zug aus dem
Schächenthal in das Thal der Muotta ausführte. Auch in dem zuletzt ge¬
nannten Thal blieb Rosenbcrgs Abtheilung zurück, um Suwarows Zug durch
das Klönthal gegen Angriffe von Schwyz zu decken, und bestand hier ein
glänzendes Gefecht gegen Massen«, bei dem sich Toll so vortheilhaft aus¬
zeichnete, daß er den Se. Annenorden dritter Classe erhielt. Rosenberg folgte
dann Suwarow nach Glarus, von hier auf äußerst beschwerlichen Wegen
nach Jlanz im Rheinthal, dann nach Bregenz am Bodensee; am 30. November
wurde der Rückmarsch nach Böhmen angetreten. Dieser Abschnitt des Werks,
der schon durch die darin geschilderten Unternehmungen SuwarowS ein un¬
verwüstliches Interesse erhält, wirft überraschende Schlaglichter auf die Natur
des damaligen östreichisch-russischen Bündnisses und auf die östreichische Krieg¬
führung, und liefert lehrreiche Details zur Charakteristik hervorragender Per¬
sönlichkeiten, Wevrothers, Korsakows, vor allem Suwarows. Niemand wird
den Brief Suwarows, den Herr von Bernhard! S. 41. mittheilt, ohne Inter¬
esse lesen.

Im Frühjahr 1800 zogen Rvsenbergs Truppen, bei denen sich Toll fort¬
während befand, nach Rußland zurück; die Generalstabsoffiziere wurden bald
nach Petersburg befohlen und hier unter Befehl des Generalmajors Steinheil
wieder mit Zeichnen beschäftigt. Toll wurde noch im Sommer desselben Jahres
zum Major ernannt und mußte 1803 bei den großen Truppenübungen in der
Umgegend von Krasnoja-Scio als Generalquartiermeister der von dem Feld-
marschall Kamensky befehligten Heeresabtheilung fungiren, da mehre ältere
und höher stehende Offiziere offen bekannten, daß sie sich der Aufgabe nicht
gewachsen fühlten; auch für die von dem Fürsten Wolkonsky geleiteten Uebun¬
gen mußte Toll die Dispositionen entwerfen, und wurde dadurch dem Kaiser
Alerander als ein vielversprechender Offizier bekannt. Herr von Bernhard: be¬
nutzt diese Gelegenheit, die Ansichten über Taktik und Strategie, wie sie damals
bei den Führern des russischen Heeres herrschten, mit großer Anschaulichkeit zu
charakterisieren.

Im Jahre 1803 machte Toll den mährischen Feldzug mit, wo er im
Hauptquartier des Grasen Burhöwden angestellt war. Der Verfasser setzt in
Kürze den Feldzugsplan auseinander, motivirt, wie uns scheint, mit Glück
seine abweichende Ansicht über die militärischen Fähigkeiten des General Mack,
bespricht die Maßregeln, durch welche Preußens Beitritt zum russisch-östreichischen
Bündnisse erzwungen werden sollte, und gibt eine anschauliche Schilderung
von den Verhältnissen im Lager der Verbündeten vor der Schlacht von Auster-
litz, wo die größeste Siegesgewißheit herrschte. Von besonderem Interesse und


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[0343] im Quartiermeisterstabe des Generalmajors Miloradowitsch, der unter Rosen¬ berg befehligte; er war bei den Gefechten an der Teufels drücke und am urner Loch zugegen, und bei der Nachhut, als Suwarow den kühnen Zug aus dem Schächenthal in das Thal der Muotta ausführte. Auch in dem zuletzt ge¬ nannten Thal blieb Rosenbcrgs Abtheilung zurück, um Suwarows Zug durch das Klönthal gegen Angriffe von Schwyz zu decken, und bestand hier ein glänzendes Gefecht gegen Massen«, bei dem sich Toll so vortheilhaft aus¬ zeichnete, daß er den Se. Annenorden dritter Classe erhielt. Rosenberg folgte dann Suwarow nach Glarus, von hier auf äußerst beschwerlichen Wegen nach Jlanz im Rheinthal, dann nach Bregenz am Bodensee; am 30. November wurde der Rückmarsch nach Böhmen angetreten. Dieser Abschnitt des Werks, der schon durch die darin geschilderten Unternehmungen SuwarowS ein un¬ verwüstliches Interesse erhält, wirft überraschende Schlaglichter auf die Natur des damaligen östreichisch-russischen Bündnisses und auf die östreichische Krieg¬ führung, und liefert lehrreiche Details zur Charakteristik hervorragender Per¬ sönlichkeiten, Wevrothers, Korsakows, vor allem Suwarows. Niemand wird den Brief Suwarows, den Herr von Bernhard! S. 41. mittheilt, ohne Inter¬ esse lesen. Im Frühjahr 1800 zogen Rvsenbergs Truppen, bei denen sich Toll fort¬ während befand, nach Rußland zurück; die Generalstabsoffiziere wurden bald nach Petersburg befohlen und hier unter Befehl des Generalmajors Steinheil wieder mit Zeichnen beschäftigt. Toll wurde noch im Sommer desselben Jahres zum Major ernannt und mußte 1803 bei den großen Truppenübungen in der Umgegend von Krasnoja-Scio als Generalquartiermeister der von dem Feld- marschall Kamensky befehligten Heeresabtheilung fungiren, da mehre ältere und höher stehende Offiziere offen bekannten, daß sie sich der Aufgabe nicht gewachsen fühlten; auch für die von dem Fürsten Wolkonsky geleiteten Uebun¬ gen mußte Toll die Dispositionen entwerfen, und wurde dadurch dem Kaiser Alerander als ein vielversprechender Offizier bekannt. Herr von Bernhard: be¬ nutzt diese Gelegenheit, die Ansichten über Taktik und Strategie, wie sie damals bei den Führern des russischen Heeres herrschten, mit großer Anschaulichkeit zu charakterisieren. Im Jahre 1803 machte Toll den mährischen Feldzug mit, wo er im Hauptquartier des Grasen Burhöwden angestellt war. Der Verfasser setzt in Kürze den Feldzugsplan auseinander, motivirt, wie uns scheint, mit Glück seine abweichende Ansicht über die militärischen Fähigkeiten des General Mack, bespricht die Maßregeln, durch welche Preußens Beitritt zum russisch-östreichischen Bündnisse erzwungen werden sollte, und gibt eine anschauliche Schilderung von den Verhältnissen im Lager der Verbündeten vor der Schlacht von Auster- litz, wo die größeste Siegesgewißheit herrschte. Von besonderem Interesse und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/343>, abgerufen am 23.07.2024.