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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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erste Kloster dieser Art wurde zu Se, Stephan in Augsburg errichtet, um dem¬
selben das dortige katholische Gymnasium zu übergeben. Der zum Abt er¬
nannte Barnabas Huber besuchte das Jesuitencollegium zu Freiburg, um die
dortige Erziehung?- und Unterrichtsweise kennen zu lernen. Eigentlich ,'wünschte
diese Partei die Jesuiten selbst nach Baiern zu ziehen. Im Jahre 1837 begann daS
Ministerium des Herrn von Abel und demselben zur Seite stand die Univer¬
sität München, an welcher Görres, RingeiS, Phillips und die Theologen
Wiedemann Döllinger und Windischmann angestellt waren. Die vorzüglichsten
Organe der ultramontanen Partei wurden die Literaturzeitung für katholische
Religionslehrer, -18-10 von Felder in Landshut begonnen und fortgesetzt von
Mestiaux und von Kerz; der Katholik, erscheinend seit -18-19 zuerst in Mainz,
dann in Straßburg; der Allgemeine Religions- und Kirchenfreund, seit -1828
von Benkert zu Würzburg herausgegeben. Daneben wirkten Wallfahrten,
Brüderschaften, Wunder. Alexander, Prinz von Hohenlohe-Schillingsfürst,
Vicariatsrath in Bamberg fing bei einem Besuche in Würzburg -I82-I an
als Wunderthciter auszutreten. Als gegen Ende des Jahres -1830 in Frank¬
reich die Erzählung in Umlauf gesetzt wurde, daß die Mutter Gottes einer
betenden Nonne erschienen sei und derselben befohlen habe, eine Medaille mit ihrem
Bildnisse machen zu lassen, indem, wer diese Medaille trage, sich des besondern
Schutzes der heiligen Jungfrau zu erfreuen haben werde, wurde diese Medaille
mit Genehmigung des Erzbischofs von Paris geprägt und von vielen getragen.
Bald kamen zahlreiche Erzählungen von Wundern in Umlauf, welche dieselbe
gewirkt haben sollte. Auch nach Baiern verbreitete sich diese Medaille, und
wurde von dem Klerus sehr empfohlen. Vom -18. August 18-ii an sechs
Wochen hindurch wurde von dem Bischöfe Arnoldi zu Trier in der Domkirche
der Rock Christi zur Verehrung ausgestellt. In dieser Zeit strömten Hundert¬
tausende nach Trier; aber unter dem -I. October 18/ti erließ der suspendirte
schlesische Priester Johannes Ronge ein offenes Schreiben an den Bischof
Arnoldi über die Nockverehrung, welches bald von allen Zeitungen wiederholt
wurde. Als das breslauer Domcapitel, da der bischöfliche Stuhl grade er¬
ledigt war, Ronge ercommunicirte, traten breslauer Katholiken freiwillig aus
der katholischen Kirche aus und bildeten unter den Ercommunicirten eine deutsch-
kaiholische Gemeinde, welches Beispiel an vielen Orten Nachahmung fand. Die
neue Kirche hielt Ostern -I8is in Leipzig ihre erste allgemeine Kirchen-
Versammlung und stellte ein Glaubensbekenntniß aus, worin das geistliche
hierarchische Priesterthum, mit dem hierarchischen Priesterthume der geistliche
Stand, mit dem geistlichen Stande die Kirche und mir der Kirche die christ¬
liche Religion negirt wurde.

In dem protestantischen Deutschland trat bei der Jubelfeier der Refor¬
mation -18-17 hinter Luther, den deutschen Volksmann, Luther der Glaubens-


erste Kloster dieser Art wurde zu Se, Stephan in Augsburg errichtet, um dem¬
selben das dortige katholische Gymnasium zu übergeben. Der zum Abt er¬
nannte Barnabas Huber besuchte das Jesuitencollegium zu Freiburg, um die
dortige Erziehung?- und Unterrichtsweise kennen zu lernen. Eigentlich ,'wünschte
diese Partei die Jesuiten selbst nach Baiern zu ziehen. Im Jahre 1837 begann daS
Ministerium des Herrn von Abel und demselben zur Seite stand die Univer¬
sität München, an welcher Görres, RingeiS, Phillips und die Theologen
Wiedemann Döllinger und Windischmann angestellt waren. Die vorzüglichsten
Organe der ultramontanen Partei wurden die Literaturzeitung für katholische
Religionslehrer, -18-10 von Felder in Landshut begonnen und fortgesetzt von
Mestiaux und von Kerz; der Katholik, erscheinend seit -18-19 zuerst in Mainz,
dann in Straßburg; der Allgemeine Religions- und Kirchenfreund, seit -1828
von Benkert zu Würzburg herausgegeben. Daneben wirkten Wallfahrten,
Brüderschaften, Wunder. Alexander, Prinz von Hohenlohe-Schillingsfürst,
Vicariatsrath in Bamberg fing bei einem Besuche in Würzburg -I82-I an
als Wunderthciter auszutreten. Als gegen Ende des Jahres -1830 in Frank¬
reich die Erzählung in Umlauf gesetzt wurde, daß die Mutter Gottes einer
betenden Nonne erschienen sei und derselben befohlen habe, eine Medaille mit ihrem
Bildnisse machen zu lassen, indem, wer diese Medaille trage, sich des besondern
Schutzes der heiligen Jungfrau zu erfreuen haben werde, wurde diese Medaille
mit Genehmigung des Erzbischofs von Paris geprägt und von vielen getragen.
Bald kamen zahlreiche Erzählungen von Wundern in Umlauf, welche dieselbe
gewirkt haben sollte. Auch nach Baiern verbreitete sich diese Medaille, und
wurde von dem Klerus sehr empfohlen. Vom -18. August 18-ii an sechs
Wochen hindurch wurde von dem Bischöfe Arnoldi zu Trier in der Domkirche
der Rock Christi zur Verehrung ausgestellt. In dieser Zeit strömten Hundert¬
tausende nach Trier; aber unter dem -I. October 18/ti erließ der suspendirte
schlesische Priester Johannes Ronge ein offenes Schreiben an den Bischof
Arnoldi über die Nockverehrung, welches bald von allen Zeitungen wiederholt
wurde. Als das breslauer Domcapitel, da der bischöfliche Stuhl grade er¬
ledigt war, Ronge ercommunicirte, traten breslauer Katholiken freiwillig aus
der katholischen Kirche aus und bildeten unter den Ercommunicirten eine deutsch-
kaiholische Gemeinde, welches Beispiel an vielen Orten Nachahmung fand. Die
neue Kirche hielt Ostern -I8is in Leipzig ihre erste allgemeine Kirchen-
Versammlung und stellte ein Glaubensbekenntniß aus, worin das geistliche
hierarchische Priesterthum, mit dem hierarchischen Priesterthume der geistliche
Stand, mit dem geistlichen Stande die Kirche und mir der Kirche die christ¬
liche Religion negirt wurde.

In dem protestantischen Deutschland trat bei der Jubelfeier der Refor¬
mation -18-17 hinter Luther, den deutschen Volksmann, Luther der Glaubens-


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[0059] erste Kloster dieser Art wurde zu Se, Stephan in Augsburg errichtet, um dem¬ selben das dortige katholische Gymnasium zu übergeben. Der zum Abt er¬ nannte Barnabas Huber besuchte das Jesuitencollegium zu Freiburg, um die dortige Erziehung?- und Unterrichtsweise kennen zu lernen. Eigentlich ,'wünschte diese Partei die Jesuiten selbst nach Baiern zu ziehen. Im Jahre 1837 begann daS Ministerium des Herrn von Abel und demselben zur Seite stand die Univer¬ sität München, an welcher Görres, RingeiS, Phillips und die Theologen Wiedemann Döllinger und Windischmann angestellt waren. Die vorzüglichsten Organe der ultramontanen Partei wurden die Literaturzeitung für katholische Religionslehrer, -18-10 von Felder in Landshut begonnen und fortgesetzt von Mestiaux und von Kerz; der Katholik, erscheinend seit -18-19 zuerst in Mainz, dann in Straßburg; der Allgemeine Religions- und Kirchenfreund, seit -1828 von Benkert zu Würzburg herausgegeben. Daneben wirkten Wallfahrten, Brüderschaften, Wunder. Alexander, Prinz von Hohenlohe-Schillingsfürst, Vicariatsrath in Bamberg fing bei einem Besuche in Würzburg -I82-I an als Wunderthciter auszutreten. Als gegen Ende des Jahres -1830 in Frank¬ reich die Erzählung in Umlauf gesetzt wurde, daß die Mutter Gottes einer betenden Nonne erschienen sei und derselben befohlen habe, eine Medaille mit ihrem Bildnisse machen zu lassen, indem, wer diese Medaille trage, sich des besondern Schutzes der heiligen Jungfrau zu erfreuen haben werde, wurde diese Medaille mit Genehmigung des Erzbischofs von Paris geprägt und von vielen getragen. Bald kamen zahlreiche Erzählungen von Wundern in Umlauf, welche dieselbe gewirkt haben sollte. Auch nach Baiern verbreitete sich diese Medaille, und wurde von dem Klerus sehr empfohlen. Vom -18. August 18-ii an sechs Wochen hindurch wurde von dem Bischöfe Arnoldi zu Trier in der Domkirche der Rock Christi zur Verehrung ausgestellt. In dieser Zeit strömten Hundert¬ tausende nach Trier; aber unter dem -I. October 18/ti erließ der suspendirte schlesische Priester Johannes Ronge ein offenes Schreiben an den Bischof Arnoldi über die Nockverehrung, welches bald von allen Zeitungen wiederholt wurde. Als das breslauer Domcapitel, da der bischöfliche Stuhl grade er¬ ledigt war, Ronge ercommunicirte, traten breslauer Katholiken freiwillig aus der katholischen Kirche aus und bildeten unter den Ercommunicirten eine deutsch- kaiholische Gemeinde, welches Beispiel an vielen Orten Nachahmung fand. Die neue Kirche hielt Ostern -I8is in Leipzig ihre erste allgemeine Kirchen- Versammlung und stellte ein Glaubensbekenntniß aus, worin das geistliche hierarchische Priesterthum, mit dem hierarchischen Priesterthume der geistliche Stand, mit dem geistlichen Stande die Kirche und mir der Kirche die christ¬ liche Religion negirt wurde. In dem protestantischen Deutschland trat bei der Jubelfeier der Refor¬ mation -18-17 hinter Luther, den deutschen Volksmann, Luther der Glaubens-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/59>, abgerufen am 25.07.2024.