Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Abgeordnete, um so gut es ohne alle Vorbereitungen gehen wollte, eine mög¬
lichst wohlgesetzte Anrede zu halten, in welche er einfließen ließ, daß sie, die
Amerikaner, als die Söhne freier Länder und aufgewachsen unter geregelten
Institutionen nie mit einer schwachen und despotischen Regierung, wie die
jetzige Linas, sympathisiren könnten, daß sie genug vom Zustande Perus gese¬
hen hätten, um zu wissen, daß bei der allgemeinen Liebe des Volkes für ihn
der Sieg nicht zweifelhaft sein könne, daß aber auch nur, wenn eine kräftige
Hand, wie die seinige, die Zügel der Regierung führe und für das Land die
glücklichen Zeiten seiner ersten Präsidentschaft erneuere, eine Expedition gleich
der in Rede stehenden der Amerikaner, deren Folgen für Peru unermeßlich
sein könnten, zu gedeihen vermöchte. Diese und ähnliche Schmeicheleien
brachten allmälig ein Gespräch zu Stande, in welchem der Präsident zugab,
daß allerdings in der Erploration der Goldminen Paucartambos, sowie über¬
haupt in der Kolonisation der Montana die höchsten Interessen des Staates
berührt würden, daß das Zustandekommen derselben eine Lebensfrage für Peru
sei und daß er von jeher alle dahin zielenden Unternehmungen mit besonderer
Vorliebe betrachtet habe und auch serner stets soviel in seinen Kräften stehe
unterstützen werde. Nur die gegenwärtige Zeit fand er wenig angemessen für
ein solches Unternehmen. Er erkundigte sich auch, ob die Gesellschaft mit dem
nöthigen Capital versehen sei; doch wußte der Abgeordnete die Beantwortung
dieser verfänglichen Frage -- denn das Befreiungsheer litt nicht an Ueber¬
fluß von Geldmitteln-- geschickt zu umgehen und als der Präsident nochmals
auf das ihn zu Ohren gekommene Gerücht von fremden Spionen zurückkam,
bat er ihn eine Commission zu ernennen, welche sich durch den Augenschein
überzeugen sollte, daß die Ausrüstung der Erpedition nur zur Verfolgung fried¬
licher Zwecke geeignet sei. Darauf ging Castilla ein und am Abend erschien
der Polizeipräfect mit einigen Offizieren in dem Corral der Amerikaner und
gab nach Besichtigung der Werkzeuge bereitwillig die Erklärung, daß allerdings
hier nur von einer Bergwerks- und nicht von einer militärischen Expedition
die Rede sein könnte.

Die schöne Aussicht nun bald abreisen zu können, blieb jedoch nicht lange
ungetrübt, denn als am andern Morgen, in der Erwartung die Pässe aus¬
gehändigt zu bekommen, der Abgeordnete sich bei dem Secretär einfand, er¬
klärte ihm dieser, daß der Präsident immer noch bei seinem früheren Beschlusse
beharre. Allerdings sei gestern Abend noch Castilla geneigt gewesen, die
Amerikaner unangefochten ihre Straße ziehen zu lassen, aber seitdem hätten
sich die Verhältnisse geändert. Es waren diese Nacht ein eben aus Lima ein-
geiroffener Engländer und ein schon länger im Lande befindlicher Nordameri¬
kaner verhaftet und der Spionage überführt worden und von der Reisegesell¬
schaft hatte einer im Rausche Streit mit einer Schildwache bekommen, die


Abgeordnete, um so gut es ohne alle Vorbereitungen gehen wollte, eine mög¬
lichst wohlgesetzte Anrede zu halten, in welche er einfließen ließ, daß sie, die
Amerikaner, als die Söhne freier Länder und aufgewachsen unter geregelten
Institutionen nie mit einer schwachen und despotischen Regierung, wie die
jetzige Linas, sympathisiren könnten, daß sie genug vom Zustande Perus gese¬
hen hätten, um zu wissen, daß bei der allgemeinen Liebe des Volkes für ihn
der Sieg nicht zweifelhaft sein könne, daß aber auch nur, wenn eine kräftige
Hand, wie die seinige, die Zügel der Regierung führe und für das Land die
glücklichen Zeiten seiner ersten Präsidentschaft erneuere, eine Expedition gleich
der in Rede stehenden der Amerikaner, deren Folgen für Peru unermeßlich
sein könnten, zu gedeihen vermöchte. Diese und ähnliche Schmeicheleien
brachten allmälig ein Gespräch zu Stande, in welchem der Präsident zugab,
daß allerdings in der Erploration der Goldminen Paucartambos, sowie über¬
haupt in der Kolonisation der Montana die höchsten Interessen des Staates
berührt würden, daß das Zustandekommen derselben eine Lebensfrage für Peru
sei und daß er von jeher alle dahin zielenden Unternehmungen mit besonderer
Vorliebe betrachtet habe und auch serner stets soviel in seinen Kräften stehe
unterstützen werde. Nur die gegenwärtige Zeit fand er wenig angemessen für
ein solches Unternehmen. Er erkundigte sich auch, ob die Gesellschaft mit dem
nöthigen Capital versehen sei; doch wußte der Abgeordnete die Beantwortung
dieser verfänglichen Frage — denn das Befreiungsheer litt nicht an Ueber¬
fluß von Geldmitteln— geschickt zu umgehen und als der Präsident nochmals
auf das ihn zu Ohren gekommene Gerücht von fremden Spionen zurückkam,
bat er ihn eine Commission zu ernennen, welche sich durch den Augenschein
überzeugen sollte, daß die Ausrüstung der Erpedition nur zur Verfolgung fried¬
licher Zwecke geeignet sei. Darauf ging Castilla ein und am Abend erschien
der Polizeipräfect mit einigen Offizieren in dem Corral der Amerikaner und
gab nach Besichtigung der Werkzeuge bereitwillig die Erklärung, daß allerdings
hier nur von einer Bergwerks- und nicht von einer militärischen Expedition
die Rede sein könnte.

Die schöne Aussicht nun bald abreisen zu können, blieb jedoch nicht lange
ungetrübt, denn als am andern Morgen, in der Erwartung die Pässe aus¬
gehändigt zu bekommen, der Abgeordnete sich bei dem Secretär einfand, er¬
klärte ihm dieser, daß der Präsident immer noch bei seinem früheren Beschlusse
beharre. Allerdings sei gestern Abend noch Castilla geneigt gewesen, die
Amerikaner unangefochten ihre Straße ziehen zu lassen, aber seitdem hätten
sich die Verhältnisse geändert. Es waren diese Nacht ein eben aus Lima ein-
geiroffener Engländer und ein schon länger im Lande befindlicher Nordameri¬
kaner verhaftet und der Spionage überführt worden und von der Reisegesell¬
schaft hatte einer im Rausche Streit mit einer Schildwache bekommen, die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0516" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100436"/>
            <p xml:id="ID_1476" prev="#ID_1475"> Abgeordnete, um so gut es ohne alle Vorbereitungen gehen wollte, eine mög¬<lb/>
lichst wohlgesetzte Anrede zu halten, in welche er einfließen ließ, daß sie, die<lb/>
Amerikaner, als die Söhne freier Länder und aufgewachsen unter geregelten<lb/>
Institutionen nie mit einer schwachen und despotischen Regierung, wie die<lb/>
jetzige Linas, sympathisiren könnten, daß sie genug vom Zustande Perus gese¬<lb/>
hen hätten, um zu wissen, daß bei der allgemeinen Liebe des Volkes für ihn<lb/>
der Sieg nicht zweifelhaft sein könne, daß aber auch nur, wenn eine kräftige<lb/>
Hand, wie die seinige, die Zügel der Regierung führe und für das Land die<lb/>
glücklichen Zeiten seiner ersten Präsidentschaft erneuere, eine Expedition gleich<lb/>
der in Rede stehenden der Amerikaner, deren Folgen für Peru unermeßlich<lb/>
sein könnten, zu gedeihen vermöchte. Diese und ähnliche Schmeicheleien<lb/>
brachten allmälig ein Gespräch zu Stande, in welchem der Präsident zugab,<lb/>
daß allerdings in der Erploration der Goldminen Paucartambos, sowie über¬<lb/>
haupt in der Kolonisation der Montana die höchsten Interessen des Staates<lb/>
berührt würden, daß das Zustandekommen derselben eine Lebensfrage für Peru<lb/>
sei und daß er von jeher alle dahin zielenden Unternehmungen mit besonderer<lb/>
Vorliebe betrachtet habe und auch serner stets soviel in seinen Kräften stehe<lb/>
unterstützen werde. Nur die gegenwärtige Zeit fand er wenig angemessen für<lb/>
ein solches Unternehmen. Er erkundigte sich auch, ob die Gesellschaft mit dem<lb/>
nöthigen Capital versehen sei; doch wußte der Abgeordnete die Beantwortung<lb/>
dieser verfänglichen Frage &#x2014; denn das Befreiungsheer litt nicht an Ueber¬<lb/>
fluß von Geldmitteln&#x2014; geschickt zu umgehen und als der Präsident nochmals<lb/>
auf das ihn zu Ohren gekommene Gerücht von fremden Spionen zurückkam,<lb/>
bat er ihn eine Commission zu ernennen, welche sich durch den Augenschein<lb/>
überzeugen sollte, daß die Ausrüstung der Erpedition nur zur Verfolgung fried¬<lb/>
licher Zwecke geeignet sei. Darauf ging Castilla ein und am Abend erschien<lb/>
der Polizeipräfect mit einigen Offizieren in dem Corral der Amerikaner und<lb/>
gab nach Besichtigung der Werkzeuge bereitwillig die Erklärung, daß allerdings<lb/>
hier nur von einer Bergwerks- und nicht von einer militärischen Expedition<lb/>
die Rede sein könnte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1477" next="#ID_1478"> Die schöne Aussicht nun bald abreisen zu können, blieb jedoch nicht lange<lb/>
ungetrübt, denn als am andern Morgen, in der Erwartung die Pässe aus¬<lb/>
gehändigt zu bekommen, der Abgeordnete sich bei dem Secretär einfand, er¬<lb/>
klärte ihm dieser, daß der Präsident immer noch bei seinem früheren Beschlusse<lb/>
beharre. Allerdings sei gestern Abend noch Castilla geneigt gewesen, die<lb/>
Amerikaner unangefochten ihre Straße ziehen zu lassen, aber seitdem hätten<lb/>
sich die Verhältnisse geändert. Es waren diese Nacht ein eben aus Lima ein-<lb/>
geiroffener Engländer und ein schon länger im Lande befindlicher Nordameri¬<lb/>
kaner verhaftet und der Spionage überführt worden und von der Reisegesell¬<lb/>
schaft hatte einer im Rausche Streit mit einer Schildwache bekommen, die</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0516] Abgeordnete, um so gut es ohne alle Vorbereitungen gehen wollte, eine mög¬ lichst wohlgesetzte Anrede zu halten, in welche er einfließen ließ, daß sie, die Amerikaner, als die Söhne freier Länder und aufgewachsen unter geregelten Institutionen nie mit einer schwachen und despotischen Regierung, wie die jetzige Linas, sympathisiren könnten, daß sie genug vom Zustande Perus gese¬ hen hätten, um zu wissen, daß bei der allgemeinen Liebe des Volkes für ihn der Sieg nicht zweifelhaft sein könne, daß aber auch nur, wenn eine kräftige Hand, wie die seinige, die Zügel der Regierung führe und für das Land die glücklichen Zeiten seiner ersten Präsidentschaft erneuere, eine Expedition gleich der in Rede stehenden der Amerikaner, deren Folgen für Peru unermeßlich sein könnten, zu gedeihen vermöchte. Diese und ähnliche Schmeicheleien brachten allmälig ein Gespräch zu Stande, in welchem der Präsident zugab, daß allerdings in der Erploration der Goldminen Paucartambos, sowie über¬ haupt in der Kolonisation der Montana die höchsten Interessen des Staates berührt würden, daß das Zustandekommen derselben eine Lebensfrage für Peru sei und daß er von jeher alle dahin zielenden Unternehmungen mit besonderer Vorliebe betrachtet habe und auch serner stets soviel in seinen Kräften stehe unterstützen werde. Nur die gegenwärtige Zeit fand er wenig angemessen für ein solches Unternehmen. Er erkundigte sich auch, ob die Gesellschaft mit dem nöthigen Capital versehen sei; doch wußte der Abgeordnete die Beantwortung dieser verfänglichen Frage — denn das Befreiungsheer litt nicht an Ueber¬ fluß von Geldmitteln— geschickt zu umgehen und als der Präsident nochmals auf das ihn zu Ohren gekommene Gerücht von fremden Spionen zurückkam, bat er ihn eine Commission zu ernennen, welche sich durch den Augenschein überzeugen sollte, daß die Ausrüstung der Erpedition nur zur Verfolgung fried¬ licher Zwecke geeignet sei. Darauf ging Castilla ein und am Abend erschien der Polizeipräfect mit einigen Offizieren in dem Corral der Amerikaner und gab nach Besichtigung der Werkzeuge bereitwillig die Erklärung, daß allerdings hier nur von einer Bergwerks- und nicht von einer militärischen Expedition die Rede sein könnte. Die schöne Aussicht nun bald abreisen zu können, blieb jedoch nicht lange ungetrübt, denn als am andern Morgen, in der Erwartung die Pässe aus¬ gehändigt zu bekommen, der Abgeordnete sich bei dem Secretär einfand, er¬ klärte ihm dieser, daß der Präsident immer noch bei seinem früheren Beschlusse beharre. Allerdings sei gestern Abend noch Castilla geneigt gewesen, die Amerikaner unangefochten ihre Straße ziehen zu lassen, aber seitdem hätten sich die Verhältnisse geändert. Es waren diese Nacht ein eben aus Lima ein- geiroffener Engländer und ein schon länger im Lande befindlicher Nordameri¬ kaner verhaftet und der Spionage überführt worden und von der Reisegesell¬ schaft hatte einer im Rausche Streit mit einer Schildwache bekommen, die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/516
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/516>, abgerufen am 22.07.2024.