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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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(die Montaüa) von Paucartambo und namentlich den südöstlichen Theil desselben,
wo zwei den Fluß Marcapata entlang laufende Hügelketten, Baziri und Kamanti,
als besonders der Beachtung werth bezeichnet waren. Soviel stand wenigstens
fest, daß in früheren Zeiten die Indianer in jener Gegend ergiebige Goldwäschen
gehabt hatten und auch noch in neuster Zeit hatten mehrfach Reisende in diesem
Landstriche goldhaltige Geschiebe gefunden. Freilich war dies noch lange kein
Beleg für einen solchen Reichthum, wie ihn Dr. E. geschildert hatte, der oft¬
mals nach heftigen Regengüssen die Flüsse ganz gelb und glänzend von dem
mit dem losgespülten Sande darin schwimmenden Golde gesehen haben wollte
und behauptete, seine von der Oberfläche genommenen Prospekte (Waschproben)
hätten selten weniger als i bis 6 Loth die Pfanne gegeben, während die
Goldschmiede in Cuzco aus seinen mit verschiedenen Schichten des Bodens
gefüllten Satteltaschen nicht weniger als 12 Loth gewonnen hätten. Auch mit
Schilderungen von Quarzblöcken, in denen man deutlich die Goldadern schwim¬
men sah, wußte er die Phantasie zu reizen und doch war Or. E. im Uebrigen
ein glaubenswerther Mann; aber wenn ein Peruaner von den Goldschätzen
seines Landes zu reden anfängt, so geht sicher seine Phantasie mit seinem
Verstände durch. Wie oft hört man den Bewohner des ärmlichsten Ramado
mit flammenden Augen von den unermeßlichen Schätzen erzählen, deren Lager¬
stätte er selbst oder wenigstens sein Vater entdeckt hat; und wenn man dann
verwundert fragt, warum nicht er selbst, der doch gewiß nicht in der Lage ist,
solchen Reichthümern freiwillig zu entsagen, den Schatz längst gehoben habe,
so kommt die gewöhnliche Klage über los Kardaros, die Indianer, die mit
jedem Jahre furchtbarer werben und denen mit Erfolg entgegenzutreten der
energielose Creole Südamerikas längst die Hoffnung verloren hat. Den dazu
nöthigen Muth erwartet er nur von den Nordamerikanern, deren Einwande¬
rung er mit einem aus Beschämung über die eigne Unzulänglichkeit und freu¬
diger Hoffnung auf die nun zu erschließenden Reichthümer gemischten Gefühle
sieht.

Unser deutscher Landsmann fand die aus 21 Personen bestehende Gesell¬
schaft, der er sich sofort anschloß, mit allen zu ihrem Unternehmen nöthigen
Gegenständen wohlauögerüstet und auch ausreichend mit Waffen versehen, denn
alle besaßen fünf- bis sechsläufige Revolvers und Büchsen. Jeder war mit
einem Bowiemesser und viele außerdem noch mit Hirschfängern bewaffnet.

In Ayacucho waren sie grade zur rechten Zeit angekommen. Die Ne-
gierungstruppen hatten die Stadt seit mehren Tagen geräumt und man sah voller
Angst stündlich einer Heimsuchung von den für Castilla aufgestandenen Mo-
rochucos entgegen, die geschworen hatten die Stadt in'Brand zu stecken, wol
weniger der schlechten Gesinnung wegen, als der Beute, die ihnen dabei in
Aussicht stand. Unter solchen Umständen war den rath- und hilflosen Creolen


(die Montaüa) von Paucartambo und namentlich den südöstlichen Theil desselben,
wo zwei den Fluß Marcapata entlang laufende Hügelketten, Baziri und Kamanti,
als besonders der Beachtung werth bezeichnet waren. Soviel stand wenigstens
fest, daß in früheren Zeiten die Indianer in jener Gegend ergiebige Goldwäschen
gehabt hatten und auch noch in neuster Zeit hatten mehrfach Reisende in diesem
Landstriche goldhaltige Geschiebe gefunden. Freilich war dies noch lange kein
Beleg für einen solchen Reichthum, wie ihn Dr. E. geschildert hatte, der oft¬
mals nach heftigen Regengüssen die Flüsse ganz gelb und glänzend von dem
mit dem losgespülten Sande darin schwimmenden Golde gesehen haben wollte
und behauptete, seine von der Oberfläche genommenen Prospekte (Waschproben)
hätten selten weniger als i bis 6 Loth die Pfanne gegeben, während die
Goldschmiede in Cuzco aus seinen mit verschiedenen Schichten des Bodens
gefüllten Satteltaschen nicht weniger als 12 Loth gewonnen hätten. Auch mit
Schilderungen von Quarzblöcken, in denen man deutlich die Goldadern schwim¬
men sah, wußte er die Phantasie zu reizen und doch war Or. E. im Uebrigen
ein glaubenswerther Mann; aber wenn ein Peruaner von den Goldschätzen
seines Landes zu reden anfängt, so geht sicher seine Phantasie mit seinem
Verstände durch. Wie oft hört man den Bewohner des ärmlichsten Ramado
mit flammenden Augen von den unermeßlichen Schätzen erzählen, deren Lager¬
stätte er selbst oder wenigstens sein Vater entdeckt hat; und wenn man dann
verwundert fragt, warum nicht er selbst, der doch gewiß nicht in der Lage ist,
solchen Reichthümern freiwillig zu entsagen, den Schatz längst gehoben habe,
so kommt die gewöhnliche Klage über los Kardaros, die Indianer, die mit
jedem Jahre furchtbarer werben und denen mit Erfolg entgegenzutreten der
energielose Creole Südamerikas längst die Hoffnung verloren hat. Den dazu
nöthigen Muth erwartet er nur von den Nordamerikanern, deren Einwande¬
rung er mit einem aus Beschämung über die eigne Unzulänglichkeit und freu¬
diger Hoffnung auf die nun zu erschließenden Reichthümer gemischten Gefühle
sieht.

Unser deutscher Landsmann fand die aus 21 Personen bestehende Gesell¬
schaft, der er sich sofort anschloß, mit allen zu ihrem Unternehmen nöthigen
Gegenständen wohlauögerüstet und auch ausreichend mit Waffen versehen, denn
alle besaßen fünf- bis sechsläufige Revolvers und Büchsen. Jeder war mit
einem Bowiemesser und viele außerdem noch mit Hirschfängern bewaffnet.

In Ayacucho waren sie grade zur rechten Zeit angekommen. Die Ne-
gierungstruppen hatten die Stadt seit mehren Tagen geräumt und man sah voller
Angst stündlich einer Heimsuchung von den für Castilla aufgestandenen Mo-
rochucos entgegen, die geschworen hatten die Stadt in'Brand zu stecken, wol
weniger der schlechten Gesinnung wegen, als der Beute, die ihnen dabei in
Aussicht stand. Unter solchen Umständen war den rath- und hilflosen Creolen


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[0511] (die Montaüa) von Paucartambo und namentlich den südöstlichen Theil desselben, wo zwei den Fluß Marcapata entlang laufende Hügelketten, Baziri und Kamanti, als besonders der Beachtung werth bezeichnet waren. Soviel stand wenigstens fest, daß in früheren Zeiten die Indianer in jener Gegend ergiebige Goldwäschen gehabt hatten und auch noch in neuster Zeit hatten mehrfach Reisende in diesem Landstriche goldhaltige Geschiebe gefunden. Freilich war dies noch lange kein Beleg für einen solchen Reichthum, wie ihn Dr. E. geschildert hatte, der oft¬ mals nach heftigen Regengüssen die Flüsse ganz gelb und glänzend von dem mit dem losgespülten Sande darin schwimmenden Golde gesehen haben wollte und behauptete, seine von der Oberfläche genommenen Prospekte (Waschproben) hätten selten weniger als i bis 6 Loth die Pfanne gegeben, während die Goldschmiede in Cuzco aus seinen mit verschiedenen Schichten des Bodens gefüllten Satteltaschen nicht weniger als 12 Loth gewonnen hätten. Auch mit Schilderungen von Quarzblöcken, in denen man deutlich die Goldadern schwim¬ men sah, wußte er die Phantasie zu reizen und doch war Or. E. im Uebrigen ein glaubenswerther Mann; aber wenn ein Peruaner von den Goldschätzen seines Landes zu reden anfängt, so geht sicher seine Phantasie mit seinem Verstände durch. Wie oft hört man den Bewohner des ärmlichsten Ramado mit flammenden Augen von den unermeßlichen Schätzen erzählen, deren Lager¬ stätte er selbst oder wenigstens sein Vater entdeckt hat; und wenn man dann verwundert fragt, warum nicht er selbst, der doch gewiß nicht in der Lage ist, solchen Reichthümern freiwillig zu entsagen, den Schatz längst gehoben habe, so kommt die gewöhnliche Klage über los Kardaros, die Indianer, die mit jedem Jahre furchtbarer werben und denen mit Erfolg entgegenzutreten der energielose Creole Südamerikas längst die Hoffnung verloren hat. Den dazu nöthigen Muth erwartet er nur von den Nordamerikanern, deren Einwande¬ rung er mit einem aus Beschämung über die eigne Unzulänglichkeit und freu¬ diger Hoffnung auf die nun zu erschließenden Reichthümer gemischten Gefühle sieht. Unser deutscher Landsmann fand die aus 21 Personen bestehende Gesell¬ schaft, der er sich sofort anschloß, mit allen zu ihrem Unternehmen nöthigen Gegenständen wohlauögerüstet und auch ausreichend mit Waffen versehen, denn alle besaßen fünf- bis sechsläufige Revolvers und Büchsen. Jeder war mit einem Bowiemesser und viele außerdem noch mit Hirschfängern bewaffnet. In Ayacucho waren sie grade zur rechten Zeit angekommen. Die Ne- gierungstruppen hatten die Stadt seit mehren Tagen geräumt und man sah voller Angst stündlich einer Heimsuchung von den für Castilla aufgestandenen Mo- rochucos entgegen, die geschworen hatten die Stadt in'Brand zu stecken, wol weniger der schlechten Gesinnung wegen, als der Beute, die ihnen dabei in Aussicht stand. Unter solchen Umständen war den rath- und hilflosen Creolen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/511>, abgerufen am 22.07.2024.