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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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die Nordamerikaner Herberge genommen hatten. Er brauchte nur einen Blick
hineinzuwerfen, um zu sehen, daß sich seine Hoffnungen nicht getäuscht
hatten, denn die ringsherum liegenden Aerte, Sägen, Flinten, Zinnpsannen,
Kessel, Piken und sonstige Reise- und Bergwerksapparate ließen es außer allem
Zweifel, daß hier eine Gesellschaft go-ldsuchender Californier rastete. Sie selbst
umgaben bald den neuen Ankömmling und es zeigte sich nun, daß es der
Mehrzahl nach Nordamerikaner, jedoch mit einer starken Beimischung von
Deutschen und Jrländern waren. Sie kamen nicht direct aus Californien,
sondern hatten bereits ihr Glück in Australien versucht und sich von dort durch
das neuauftauchende Gerücht von in Peru entdeckten unerschöpflichen Gold¬
gruben verlocken lassen.

Sie waren nur eine einzelne Schar von mehr als 2000 Auswanderern,
welche im Februar von Melbourne und Sidnev nach Callao abgesegelt waren.
Als sie dort ankamen, erfuhren sie freilich, daß sie von den Schiffscapitänen
bitter getäuscht worden waren, deren Habgier das Märchen erfunden hatte,
um bei dem Mangel von Waarenfracht ihre Schiffe mit lebendiger Fracht zu
füllen. Die meisten der Auswandrer lungerten nun unbeschäftigt in Callao
und Lima herum und in der unfreiwilligen Muße erhitzte sich ihre Phantasie
trotz der eben erfahrenen Täuschung bereitwillig an den zahlreichen Sagen
von unerschöpflichen Gvlvlagern im Innern des Landes, die seit der Eroberung
den Haupt- und Grundstock der Volkspoesie in Peru bilden. Die Speculations-
sucht der Einwanderer bemächtigte sich dieser Sagen und alsbald hatten sich
3 bis i besondere Gesellschaften gebildet, deren jede eine als besonders viel¬
versprechend geschilderte Gegend auszubeuten gedachte. Die jetzt in Ayacucho
eingetroffene war von den hochfliegendsten Hoffnungen erfüllt, die einer soliden
Begründung leider nur zu sehr zu entbehren schienen, denn bei näherer Er¬
kundigung zeigte es sich, daß ihre einzigen Gewährsleute eingeborene Peruaner
waren, die nur Spanisch redeten, von welcher Sprache kein einziger der Gold¬
suchenden ein Wort verstand und daß der Uebermittler der so erlangten Aus¬
künfte ein Dolmetscher war, dessen Anstellung aufhörte, sowie die Gesellschaft
auseinanderging uno der daher an dem Zustandekommen einer neuen Erpedition
ein ganz besonderes Interesse hatte. Der einzige Trost war noch, daß, so un¬
bestimmt und phantastisch auch die Angaben über den Reichthum der aufzu¬
findenden Goldgruben lauteten, wenigstens über die Oertlichkeit, wo sie zu
finden sein sollten, kein Zweifel mehr bestand. Dr. E., ein in Peru wohlan¬
gesehener und als Geolog bekannter Mann, dem die Nordamerikaner die ein¬
zige, auf einige Glaubwürdigkeit Anspruch habende Auskunft verdankten, hatte
ihnen eine von ihm selbst entworfene Karte eines Landstrichs mitgegeben, den
er bei seinen vor zehn Jahren im Auftrag der Regierung vorgenommenen
Messungen besonders goldreich befunden hatte. Sie umfaßte das Bergland


die Nordamerikaner Herberge genommen hatten. Er brauchte nur einen Blick
hineinzuwerfen, um zu sehen, daß sich seine Hoffnungen nicht getäuscht
hatten, denn die ringsherum liegenden Aerte, Sägen, Flinten, Zinnpsannen,
Kessel, Piken und sonstige Reise- und Bergwerksapparate ließen es außer allem
Zweifel, daß hier eine Gesellschaft go-ldsuchender Californier rastete. Sie selbst
umgaben bald den neuen Ankömmling und es zeigte sich nun, daß es der
Mehrzahl nach Nordamerikaner, jedoch mit einer starken Beimischung von
Deutschen und Jrländern waren. Sie kamen nicht direct aus Californien,
sondern hatten bereits ihr Glück in Australien versucht und sich von dort durch
das neuauftauchende Gerücht von in Peru entdeckten unerschöpflichen Gold¬
gruben verlocken lassen.

Sie waren nur eine einzelne Schar von mehr als 2000 Auswanderern,
welche im Februar von Melbourne und Sidnev nach Callao abgesegelt waren.
Als sie dort ankamen, erfuhren sie freilich, daß sie von den Schiffscapitänen
bitter getäuscht worden waren, deren Habgier das Märchen erfunden hatte,
um bei dem Mangel von Waarenfracht ihre Schiffe mit lebendiger Fracht zu
füllen. Die meisten der Auswandrer lungerten nun unbeschäftigt in Callao
und Lima herum und in der unfreiwilligen Muße erhitzte sich ihre Phantasie
trotz der eben erfahrenen Täuschung bereitwillig an den zahlreichen Sagen
von unerschöpflichen Gvlvlagern im Innern des Landes, die seit der Eroberung
den Haupt- und Grundstock der Volkspoesie in Peru bilden. Die Speculations-
sucht der Einwanderer bemächtigte sich dieser Sagen und alsbald hatten sich
3 bis i besondere Gesellschaften gebildet, deren jede eine als besonders viel¬
versprechend geschilderte Gegend auszubeuten gedachte. Die jetzt in Ayacucho
eingetroffene war von den hochfliegendsten Hoffnungen erfüllt, die einer soliden
Begründung leider nur zu sehr zu entbehren schienen, denn bei näherer Er¬
kundigung zeigte es sich, daß ihre einzigen Gewährsleute eingeborene Peruaner
waren, die nur Spanisch redeten, von welcher Sprache kein einziger der Gold¬
suchenden ein Wort verstand und daß der Uebermittler der so erlangten Aus¬
künfte ein Dolmetscher war, dessen Anstellung aufhörte, sowie die Gesellschaft
auseinanderging uno der daher an dem Zustandekommen einer neuen Erpedition
ein ganz besonderes Interesse hatte. Der einzige Trost war noch, daß, so un¬
bestimmt und phantastisch auch die Angaben über den Reichthum der aufzu¬
findenden Goldgruben lauteten, wenigstens über die Oertlichkeit, wo sie zu
finden sein sollten, kein Zweifel mehr bestand. Dr. E., ein in Peru wohlan¬
gesehener und als Geolog bekannter Mann, dem die Nordamerikaner die ein¬
zige, auf einige Glaubwürdigkeit Anspruch habende Auskunft verdankten, hatte
ihnen eine von ihm selbst entworfene Karte eines Landstrichs mitgegeben, den
er bei seinen vor zehn Jahren im Auftrag der Regierung vorgenommenen
Messungen besonders goldreich befunden hatte. Sie umfaßte das Bergland


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/510>, abgerufen am 22.12.2024.