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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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fast 4 Pence auf die englische Meile für eine Tonne Last, ein Satz, der
mehr als viermal so hoch ist, als derjenige, den jede englische Eisenbahn¬
compagnie mit Freude gewähren wird. Man darf sich daher nicht wundern,
wenn wir wahrend der vier Jahre 1846 bis 49 den Tschetwert Roggen im
Gouvernement Kurland von 117 bis 1107 Kopeken, in Jekatennoslaw von
130 bis 320, in Kowno von 325 bis 833 Kopeken, in Saratow von 98
bis 336, in Wilna von 223 bis 1000, in Woronesch von 137 bis 421
Kopeken im Preise wechseln sehen. Da der Roggen das gewöhnliche Nah¬
rungsmittel des Landvolks bildet, so ist eine Schwankung im Preise desselben
stets von großem Nothstand in der Masse der Bevölkerung begleitet, aber
Weizen, der hauptsächlich zur Ausfuhr oder zur Destillation verwendet wird,
schwankte in denselben Jahren im Preise, in Kurland von 333 bis 1400, in
JekaterinoSlaw von 300 bis 700, in Kasan von 289 bis 636, in Saratow
von 218 bis 309, in Tambow von 243 bis 712 und in Woronesch von 273
bis 640 Kopeken. Es ist ein sehr merkwürdiger Umstand und ein neuer Be¬
weis für die Vorzüge der Handelsfreiheit, daß in denjenigen russischen Gou¬
vernements, die für gewöhnlich hinsichtlich der Lebensmittelzufuhr von andern
abhängen, infolge der bessern Organisation der Verkehrsmittel die Preis¬
schwankungen nicht nur geringer sind, sondern sogar das Getreide nach schlech¬
ten Ernten oft auf dem Markte, wo es verkauft wird, billiger ist, als auf der
Stelle, wo es erzeugt worden. Das kommt natürlich daher, daß aus der regel¬
mäßigen Nachfrage auf ersteren eine entsprechende Regelmäßigkeit der Zufuhr
entsteht und um diese zu ermöglichen die Kaufleute Getreide aufspeichern. So
überstiegen in den obenerwähnten Jahren die Preisschwankungen in Peters¬
burg, Archangel, Jaroslaw, Kaluga, Mohileff und Moskau, die alle ihr Ge¬
treide von ihren Nachbarn beziehen müssen, niemals 30 Procent; und in Mos¬
kau, welches sein Getreide aus Tula erhält, war der Preis manchmal niedri¬
ger als in Tula selbst. Ueberhaupt scheint in Tula, nach einem andern russischen
Statistiker Zablotski, die Preisschwankung größer zu sein, als in allen übrigen
Theilen Rußlands, indem der niedrigste und der höchste Satz in einem kurzen
Zeitraum in einem Verhältniß wie 1:10 steht.

ES ist schwer, sich ganz die Nachtheile zu vergegenwärtigen, unter welchen
ein Land mit so mangelhaften Verkehrsmitteln wie Rußland leidet, wenn es
noch außerdem von der Last eines Krieges, wie der gegenwärtige ist, bedrückt
wird. Um der Noth in Mangeljahren vorzubeugen -- die in Rußland wegen
der häufigen Dürren nichts Seltenes sind -- hat die Regierung dem Nichtvor-
handensein guter Transportmittel dadurch abzuhelfen versucht, daß jede Ge¬
meinde gezwungen ist, Nothmagazine anzulegen -- eine Maßregel, die vielleicht
wegen der gänzlichen Abwesenheit des Privatunternehmungsgeistes, der unter
günstigen Verhältnissen genügende Sicherheit gegen den Eintritt einer Hungers-


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fast 4 Pence auf die englische Meile für eine Tonne Last, ein Satz, der
mehr als viermal so hoch ist, als derjenige, den jede englische Eisenbahn¬
compagnie mit Freude gewähren wird. Man darf sich daher nicht wundern,
wenn wir wahrend der vier Jahre 1846 bis 49 den Tschetwert Roggen im
Gouvernement Kurland von 117 bis 1107 Kopeken, in Jekatennoslaw von
130 bis 320, in Kowno von 325 bis 833 Kopeken, in Saratow von 98
bis 336, in Wilna von 223 bis 1000, in Woronesch von 137 bis 421
Kopeken im Preise wechseln sehen. Da der Roggen das gewöhnliche Nah¬
rungsmittel des Landvolks bildet, so ist eine Schwankung im Preise desselben
stets von großem Nothstand in der Masse der Bevölkerung begleitet, aber
Weizen, der hauptsächlich zur Ausfuhr oder zur Destillation verwendet wird,
schwankte in denselben Jahren im Preise, in Kurland von 333 bis 1400, in
JekaterinoSlaw von 300 bis 700, in Kasan von 289 bis 636, in Saratow
von 218 bis 309, in Tambow von 243 bis 712 und in Woronesch von 273
bis 640 Kopeken. Es ist ein sehr merkwürdiger Umstand und ein neuer Be¬
weis für die Vorzüge der Handelsfreiheit, daß in denjenigen russischen Gou¬
vernements, die für gewöhnlich hinsichtlich der Lebensmittelzufuhr von andern
abhängen, infolge der bessern Organisation der Verkehrsmittel die Preis¬
schwankungen nicht nur geringer sind, sondern sogar das Getreide nach schlech¬
ten Ernten oft auf dem Markte, wo es verkauft wird, billiger ist, als auf der
Stelle, wo es erzeugt worden. Das kommt natürlich daher, daß aus der regel¬
mäßigen Nachfrage auf ersteren eine entsprechende Regelmäßigkeit der Zufuhr
entsteht und um diese zu ermöglichen die Kaufleute Getreide aufspeichern. So
überstiegen in den obenerwähnten Jahren die Preisschwankungen in Peters¬
burg, Archangel, Jaroslaw, Kaluga, Mohileff und Moskau, die alle ihr Ge¬
treide von ihren Nachbarn beziehen müssen, niemals 30 Procent; und in Mos¬
kau, welches sein Getreide aus Tula erhält, war der Preis manchmal niedri¬
ger als in Tula selbst. Ueberhaupt scheint in Tula, nach einem andern russischen
Statistiker Zablotski, die Preisschwankung größer zu sein, als in allen übrigen
Theilen Rußlands, indem der niedrigste und der höchste Satz in einem kurzen
Zeitraum in einem Verhältniß wie 1:10 steht.

ES ist schwer, sich ganz die Nachtheile zu vergegenwärtigen, unter welchen
ein Land mit so mangelhaften Verkehrsmitteln wie Rußland leidet, wenn es
noch außerdem von der Last eines Krieges, wie der gegenwärtige ist, bedrückt
wird. Um der Noth in Mangeljahren vorzubeugen — die in Rußland wegen
der häufigen Dürren nichts Seltenes sind — hat die Regierung dem Nichtvor-
handensein guter Transportmittel dadurch abzuhelfen versucht, daß jede Ge¬
meinde gezwungen ist, Nothmagazine anzulegen — eine Maßregel, die vielleicht
wegen der gänzlichen Abwesenheit des Privatunternehmungsgeistes, der unter
günstigen Verhältnissen genügende Sicherheit gegen den Eintritt einer Hungers-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/475>, abgerufen am 22.12.2024.