Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.so artig wäre, auch so zu denken! Und dabei will es uns fast bedünken, als sei Korrespondenzen. Aus Konstantinopel. Wir haben hier seit der Wegnahme des In den neuesten hier eingegangenen deutschen Blättern lese ich mit Befremden, so artig wäre, auch so zu denken! Und dabei will es uns fast bedünken, als sei Korrespondenzen. Aus Konstantinopel. Wir haben hier seit der Wegnahme des In den neuesten hier eingegangenen deutschen Blättern lese ich mit Befremden, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0044" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99964"/> <p xml:id="ID_102" prev="#ID_101"> so artig wäre, auch so zu denken! Und dabei will es uns fast bedünken, als sei<lb/> sogar dieser „abgenützte" Palmerston, von dem deutsche Korrespondenten gar<lb/> nicht mehr sprechen, weil er die Welt nicht mit Unmöglichkeiten überrascht,<lb/> heimlich recht arg gegen unsre Ruhe und Bequemlichkeit verschworen und sei<lb/> mit seinem Freunde über dem Kanäle um gar nichts verlegen, als um das<lb/> beste Mittel, wie unser stoischer Gleichmuth aus dem Gleichgewichte zu ver¬<lb/> rücken sei. Möglich, daß er von der Gewalt der Umstände und Ereignisse, die<lb/> drohend genug geworden, überholt wird; man vergesse aber immerhin nicht,<lb/> daß dann vielleicht nur aufgeht, was er gesäet und vor allem, daß das Gleich¬<lb/> gewicht der Kraft nicht in der Unkraft, sondern eben wieder nur in der Kraft<lb/> liegt. Hätte man recht, daß seine Schwäche seinen Sturz vorbereite, so sei<lb/> man wenigstens consequent, nicht blos ihm, sondern auch sich selbst den<lb/> Spiegel vorzuhalten!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Korrespondenzen.</head><lb/> <div n="2"> <head> Aus Konstantinopel. </head> <p xml:id="ID_103"> Wir haben hier seit der Wegnahme des<lb/> Mamelon keine Nachricht über einen neuen großen Offcnsivschlag gegen die Festung<lb/> erhalten, aber der energische Charakter des Generals Pclissier, über den man hier<lb/> sehr zur Unzeit bemerkt, daß seine Operationsmcthode viele Menschen koste—-denn<lb/> wenn man nun einmal Sebastovol durch den directen Angriff nehmen will, sind<lb/> solche Opfer nicht zu vermeiden — bürgt uns dafür, daß er nicht mehr lange<lb/> werde auf sich warten lassen. Am wahrscheinlichsten ist es, daß die nächste Unter¬<lb/> nehmung der Wegnahme des Malakowthurmes gelten wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_104" next="#ID_105"> In den neuesten hier eingegangenen deutschen Blättern lese ich mit Befremden,<lb/> daß man geneigt ist, die russische Armee in der Krim als wesentlich ans der<lb/> Besatzung von Sebastovol bestehend anzunehmen, eine Annahme, die durchaus<lb/> weder mit den Aussagen der vom Feinde herübergekommenen Ueberläufer, noch mit<lb/> den sonstigen Erkundigungen, die man dnrch Tartaren eingezogen hat, zu verein¬<lb/> baren ist. Es bestätigt sich vielmehr die frühere Schätzung, wonach die Nüssen in<lb/> Tannen etwa über 140,000 Mann zu verfügen haben. Es ist dies der nämliche<lb/> Bestand, den die feindliche Armee bereits um Weihnachten erreicht hatte, und alle<lb/> Anstrengungen des Zaren sind seitdem nur ausreichend gewesen, sie ans ihrem Etat<lb/> zu erhalten; denn die Behauptung ist durchaus falsch, daß die Russen im Laufe<lb/> des Winters und Frühjahrs weniger wie die Verbündeten dnrch Krankheiten ge¬<lb/> litten haben. Sie verloren, nach Nachrichten, über welche hier verlautet, von denen<lb/> ich aber nur vermuthe, daß sie ans Mittheilungen beruhen, welche von Gefangenen<lb/> gemacht wurden, ihre Truppen massenweise nicht allein durch Cholera, sondern be-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0044]
so artig wäre, auch so zu denken! Und dabei will es uns fast bedünken, als sei
sogar dieser „abgenützte" Palmerston, von dem deutsche Korrespondenten gar
nicht mehr sprechen, weil er die Welt nicht mit Unmöglichkeiten überrascht,
heimlich recht arg gegen unsre Ruhe und Bequemlichkeit verschworen und sei
mit seinem Freunde über dem Kanäle um gar nichts verlegen, als um das
beste Mittel, wie unser stoischer Gleichmuth aus dem Gleichgewichte zu ver¬
rücken sei. Möglich, daß er von der Gewalt der Umstände und Ereignisse, die
drohend genug geworden, überholt wird; man vergesse aber immerhin nicht,
daß dann vielleicht nur aufgeht, was er gesäet und vor allem, daß das Gleich¬
gewicht der Kraft nicht in der Unkraft, sondern eben wieder nur in der Kraft
liegt. Hätte man recht, daß seine Schwäche seinen Sturz vorbereite, so sei
man wenigstens consequent, nicht blos ihm, sondern auch sich selbst den
Spiegel vorzuhalten!
Korrespondenzen.
Aus Konstantinopel. Wir haben hier seit der Wegnahme des
Mamelon keine Nachricht über einen neuen großen Offcnsivschlag gegen die Festung
erhalten, aber der energische Charakter des Generals Pclissier, über den man hier
sehr zur Unzeit bemerkt, daß seine Operationsmcthode viele Menschen koste—-denn
wenn man nun einmal Sebastovol durch den directen Angriff nehmen will, sind
solche Opfer nicht zu vermeiden — bürgt uns dafür, daß er nicht mehr lange
werde auf sich warten lassen. Am wahrscheinlichsten ist es, daß die nächste Unter¬
nehmung der Wegnahme des Malakowthurmes gelten wird.
In den neuesten hier eingegangenen deutschen Blättern lese ich mit Befremden,
daß man geneigt ist, die russische Armee in der Krim als wesentlich ans der
Besatzung von Sebastovol bestehend anzunehmen, eine Annahme, die durchaus
weder mit den Aussagen der vom Feinde herübergekommenen Ueberläufer, noch mit
den sonstigen Erkundigungen, die man dnrch Tartaren eingezogen hat, zu verein¬
baren ist. Es bestätigt sich vielmehr die frühere Schätzung, wonach die Nüssen in
Tannen etwa über 140,000 Mann zu verfügen haben. Es ist dies der nämliche
Bestand, den die feindliche Armee bereits um Weihnachten erreicht hatte, und alle
Anstrengungen des Zaren sind seitdem nur ausreichend gewesen, sie ans ihrem Etat
zu erhalten; denn die Behauptung ist durchaus falsch, daß die Russen im Laufe
des Winters und Frühjahrs weniger wie die Verbündeten dnrch Krankheiten ge¬
litten haben. Sie verloren, nach Nachrichten, über welche hier verlautet, von denen
ich aber nur vermuthe, daß sie ans Mittheilungen beruhen, welche von Gefangenen
gemacht wurden, ihre Truppen massenweise nicht allein durch Cholera, sondern be-
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