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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Und hier kann ich sie wie die Husaren nicht genug loben; sie fanden sich zu
6 bis -10 zusammen, ritten die einzelnen Trupps mit der größten Entschlossen¬
heit über und nahmen einen nach dem andern gefangen. Einige 30 Mann
hatten schnell die Nähe eines kleinen Gehöfts und Gebüsches erreicht, wo sie
entkommen zu können schienen. Alles war auseinander; mir blieb kein Mittel,
sie anzugreifen; ich mußte ein anderes versuchen. Da ich im Getümmel
erkannt hatte, daß es Italiener waren und der Zufall es so besonders
glücklich fügte, daß grade der Oberjäger von Heuthausen, der italienisch sprach,
in meiner Nähe war, nahm ich ihn mit mir, ritt mit eingesteckten Säbel, das
Schnupftuch in der Hand und damit winkend, auf sie los; sie ließen uns
ohne zu schießen herankommen. Nun ließ ich ihnen sagen, sie könnten den
Kosacken nicht entgehen, möchten sich lieber uns ergeben, wir würden sie gut
behandeln; denn wir führten nur Krieg gegen die Franzosen und hätten die
Italiener lieb; warum sie sich für Napoleon opfern wollten? u. f. w. Sie
waren unterdessen in einen Halbkreis um uns herumgetreten; einige schlugen
die Kolben von ihren Gewehren ab, ciAe aber kamen mit uns und ließen sich
ruhig entwaffnen. Kaum war dies geschehen und ich beschäftigt, nur wieder
einen Trupp zu sammeln, so wurde mir gemeldet, es komme noch eine Es¬
cadron von Zwickau herauf. Ich ließ Appel blasen, konnte aber kaum 30 Pferde
nebst dem Lieutenant Eckardt zusammenbringen, mit denen ich entgegenging und
dem in der Straße vorkommenden Feind eine gleiche Front entgegensetzen
konnte. Näher gekommen, erkannte ich einen Offizier an der spitze, den ich
schon im Handgemenge gesehen hatte, überzeugte mich also, daß ich eine bereits
geworfene Truppe vor mir hatte und commandirte Marsch Marsch! Der Feind
nahm die Attake an und es entstand ein ernsthaftes Handgemenge, in welchem
die über 60 Pferde starke Abtheilung, die in der Straße zwischen den Gräben
zusammengedrängt war, geworfen und den Berg hinab bis über die Mulde¬
brücke getrieben wurde, wobei viele stürzten, mehre aber nebst dem sie führen¬
den Offizier gefangen wurden. Nun trug ich dem noch hinzugekommenen
Lieutenant von Katte auf, mit Eckardt die Verfolgung durch die Stadt fortzusetzen.
Ju derselben fanden sie eine außerordentliche Theilnahme; denn als nach been¬
deter Verfolgung die gemachten'Gefangenen auf dem Markte gesammelt wurden,
verbanden Damen den durch einen Hieb im Arm verwundeten Katte. Während
dies geschah, erfolgte die Erplosion der Munitionswagen und veranlaßte den Aus¬
bruch eines allgemeinen Jubels. Ich war nämlich von der Mulvebrücke zurückgeeilt,
den Train zu zerstören, ließ ihn neben der Straße auffahren und fand, daß wir
18 Kanonen, 6Haubitzen, 36 gefüllte Munitionswagen, 4 Vorrathslaffeten, einige
Feldschmieden und andre Wagen, zusammen 72 Fahrzeuge und 398 Pferde hatten."
Die Zahl der Gefangenen betrug 373 Manu, darunter sechs Offiziere, ferner
eine Schöne, die für die Frau eines der italienischen Offiziere galt. Die Fran-


Und hier kann ich sie wie die Husaren nicht genug loben; sie fanden sich zu
6 bis -10 zusammen, ritten die einzelnen Trupps mit der größten Entschlossen¬
heit über und nahmen einen nach dem andern gefangen. Einige 30 Mann
hatten schnell die Nähe eines kleinen Gehöfts und Gebüsches erreicht, wo sie
entkommen zu können schienen. Alles war auseinander; mir blieb kein Mittel,
sie anzugreifen; ich mußte ein anderes versuchen. Da ich im Getümmel
erkannt hatte, daß es Italiener waren und der Zufall es so besonders
glücklich fügte, daß grade der Oberjäger von Heuthausen, der italienisch sprach,
in meiner Nähe war, nahm ich ihn mit mir, ritt mit eingesteckten Säbel, das
Schnupftuch in der Hand und damit winkend, auf sie los; sie ließen uns
ohne zu schießen herankommen. Nun ließ ich ihnen sagen, sie könnten den
Kosacken nicht entgehen, möchten sich lieber uns ergeben, wir würden sie gut
behandeln; denn wir führten nur Krieg gegen die Franzosen und hätten die
Italiener lieb; warum sie sich für Napoleon opfern wollten? u. f. w. Sie
waren unterdessen in einen Halbkreis um uns herumgetreten; einige schlugen
die Kolben von ihren Gewehren ab, ciAe aber kamen mit uns und ließen sich
ruhig entwaffnen. Kaum war dies geschehen und ich beschäftigt, nur wieder
einen Trupp zu sammeln, so wurde mir gemeldet, es komme noch eine Es¬
cadron von Zwickau herauf. Ich ließ Appel blasen, konnte aber kaum 30 Pferde
nebst dem Lieutenant Eckardt zusammenbringen, mit denen ich entgegenging und
dem in der Straße vorkommenden Feind eine gleiche Front entgegensetzen
konnte. Näher gekommen, erkannte ich einen Offizier an der spitze, den ich
schon im Handgemenge gesehen hatte, überzeugte mich also, daß ich eine bereits
geworfene Truppe vor mir hatte und commandirte Marsch Marsch! Der Feind
nahm die Attake an und es entstand ein ernsthaftes Handgemenge, in welchem
die über 60 Pferde starke Abtheilung, die in der Straße zwischen den Gräben
zusammengedrängt war, geworfen und den Berg hinab bis über die Mulde¬
brücke getrieben wurde, wobei viele stürzten, mehre aber nebst dem sie führen¬
den Offizier gefangen wurden. Nun trug ich dem noch hinzugekommenen
Lieutenant von Katte auf, mit Eckardt die Verfolgung durch die Stadt fortzusetzen.
Ju derselben fanden sie eine außerordentliche Theilnahme; denn als nach been¬
deter Verfolgung die gemachten'Gefangenen auf dem Markte gesammelt wurden,
verbanden Damen den durch einen Hieb im Arm verwundeten Katte. Während
dies geschah, erfolgte die Erplosion der Munitionswagen und veranlaßte den Aus¬
bruch eines allgemeinen Jubels. Ich war nämlich von der Mulvebrücke zurückgeeilt,
den Train zu zerstören, ließ ihn neben der Straße auffahren und fand, daß wir
18 Kanonen, 6Haubitzen, 36 gefüllte Munitionswagen, 4 Vorrathslaffeten, einige
Feldschmieden und andre Wagen, zusammen 72 Fahrzeuge und 398 Pferde hatten."
Die Zahl der Gefangenen betrug 373 Manu, darunter sechs Offiziere, ferner
eine Schöne, die für die Frau eines der italienischen Offiziere galt. Die Fran-


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[0238] Und hier kann ich sie wie die Husaren nicht genug loben; sie fanden sich zu 6 bis -10 zusammen, ritten die einzelnen Trupps mit der größten Entschlossen¬ heit über und nahmen einen nach dem andern gefangen. Einige 30 Mann hatten schnell die Nähe eines kleinen Gehöfts und Gebüsches erreicht, wo sie entkommen zu können schienen. Alles war auseinander; mir blieb kein Mittel, sie anzugreifen; ich mußte ein anderes versuchen. Da ich im Getümmel erkannt hatte, daß es Italiener waren und der Zufall es so besonders glücklich fügte, daß grade der Oberjäger von Heuthausen, der italienisch sprach, in meiner Nähe war, nahm ich ihn mit mir, ritt mit eingesteckten Säbel, das Schnupftuch in der Hand und damit winkend, auf sie los; sie ließen uns ohne zu schießen herankommen. Nun ließ ich ihnen sagen, sie könnten den Kosacken nicht entgehen, möchten sich lieber uns ergeben, wir würden sie gut behandeln; denn wir führten nur Krieg gegen die Franzosen und hätten die Italiener lieb; warum sie sich für Napoleon opfern wollten? u. f. w. Sie waren unterdessen in einen Halbkreis um uns herumgetreten; einige schlugen die Kolben von ihren Gewehren ab, ciAe aber kamen mit uns und ließen sich ruhig entwaffnen. Kaum war dies geschehen und ich beschäftigt, nur wieder einen Trupp zu sammeln, so wurde mir gemeldet, es komme noch eine Es¬ cadron von Zwickau herauf. Ich ließ Appel blasen, konnte aber kaum 30 Pferde nebst dem Lieutenant Eckardt zusammenbringen, mit denen ich entgegenging und dem in der Straße vorkommenden Feind eine gleiche Front entgegensetzen konnte. Näher gekommen, erkannte ich einen Offizier an der spitze, den ich schon im Handgemenge gesehen hatte, überzeugte mich also, daß ich eine bereits geworfene Truppe vor mir hatte und commandirte Marsch Marsch! Der Feind nahm die Attake an und es entstand ein ernsthaftes Handgemenge, in welchem die über 60 Pferde starke Abtheilung, die in der Straße zwischen den Gräben zusammengedrängt war, geworfen und den Berg hinab bis über die Mulde¬ brücke getrieben wurde, wobei viele stürzten, mehre aber nebst dem sie führen¬ den Offizier gefangen wurden. Nun trug ich dem noch hinzugekommenen Lieutenant von Katte auf, mit Eckardt die Verfolgung durch die Stadt fortzusetzen. Ju derselben fanden sie eine außerordentliche Theilnahme; denn als nach been¬ deter Verfolgung die gemachten'Gefangenen auf dem Markte gesammelt wurden, verbanden Damen den durch einen Hieb im Arm verwundeten Katte. Während dies geschah, erfolgte die Erplosion der Munitionswagen und veranlaßte den Aus¬ bruch eines allgemeinen Jubels. Ich war nämlich von der Mulvebrücke zurückgeeilt, den Train zu zerstören, ließ ihn neben der Straße auffahren und fand, daß wir 18 Kanonen, 6Haubitzen, 36 gefüllte Munitionswagen, 4 Vorrathslaffeten, einige Feldschmieden und andre Wagen, zusammen 72 Fahrzeuge und 398 Pferde hatten." Die Zahl der Gefangenen betrug 373 Manu, darunter sechs Offiziere, ferner eine Schöne, die für die Frau eines der italienischen Offiziere galt. Die Fran-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/238>, abgerufen am 22.07.2024.