Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.halb der feindlichen Postenlinie befand, daß das Dorf auch von feindlicher Grenzboten. III. -I86S. ' 24
halb der feindlichen Postenlinie befand, daß das Dorf auch von feindlicher Grenzboten. III. -I86S. ' 24
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halb der feindlichen Postenlinie befand, daß das Dorf auch von feindlicher
Infanterie besetzt sei, und daß vor demselben ein nicht zu umgehendes Jnsanterie-
piket stehe, was das Unternehmen sehr gefährlich machte; aber doch gab er es
nicht auf, zumal da ihn seine Leute dringend baten, den Ueberfall zu wagen.
Nachdem er seinen Leuten die Gefährlichkeit ihres Beginnens vorgestellt, nahm
er ihnen das Versprechen ab, sich durchaus nicht einzeln zu zertrennen und
mit größter Schnelligkeit und Pünktlichkeit seine Befehle zu vollziehen, wie
sehr diese ihren Wünschen auch entgegen sein möchten. Keiner durste ein Pistol
laden, und diejenigen, welche geladen hatten, mußten das Pulver von der
Pfanne schütten. Ein Förster aus der Umgegend, der sich sehr ergeben zeigte,
diente als Führer, und unter seiner Leitung ging es vorsichtig weiter, denn'er
hatte Hoffnung gegeben, das Piket, das er schon einmal schlafend gefunden, zu
überrumpeln. Wirklich brachte er, als er einmal vorgeritten war, die Nachricht zu¬
rück, daß das Wachtfeuer nicht brenne und alles im tiefsten Schlafe zu liegen scheine.
..Hieraufsetzte ich getrost meinen Marsch fort," erzählt von Ledebur weiter, „nach¬
dem ich schon vorher den einen meiner Unteroffiziere im Rücken postirt hatte mit
dein strengen Befehl, alles dicht zusammenzuhalten, keinen einzeln hinausreiten zu
lassen und überall auf die strengste Ordnung zu sehen, wenn ich selbst verhin¬
dert werden sollte, meine Aufmerksamkeit darauf zu richten. Kaum aber hatten
Wir die Anhöhe erreicht, so leuchtete mir ein hellausloderndes Feuer entgegen,
und der Förster, außer sich vor Schrecken, rief mir leise zu: „„Herr Jesus, zu¬
rück! Alles ist munter und nun kann aus der ganzen Sache nichts werden!""
Bei dem hellen Schein des Feuers konnte ich das Piket deutlich genug er¬
kennen und mich überzeugen, daß ihrer über zwanzig waren, aber ebenso anch,
daß kein Gegenstand in ihrer Nähe war, der ihnen irgend zum Schutz dienen
konnte, weshalb ich den Entschluß faßte, sogleich daraus loszugehen. Ich bat
den Förster sich so zu halten, daß er außer Gefahr, für mich aber jeden Augen¬
blick g, portes sei, und marschirte dann ruhig und leise weiter. Auf diese Weise
kam ich einer doppelten Fußvedette so nahe, daß ich dieselben nicht eher erkannte,
bis ihr„Lüi vivöl" mir entgegenschallte; in demselben Augenblick aber trat auch
der Mond hinter den Wolken hervor und erhellte die schneebedeckte Gegend so
lehr, daß ich davon großen Nachtheil befürchtete. Indessen prellte ich beim ersten
Anruf sogleich auf die Wedelten ein, die, sobald sie Verdacht schöpften, beide auf
mich abfeuerten und bann so rasch zurückliefen, daß ich im ersten Augenblick fast
irre ward und Cavalerie vor mir zu haben glaubte. Nur mit Mühe holte ich
sie ein, worauf ich beide sogleich niederritt und niederhieb, dann aber mein
Pferd nicht gleich wieder zu halten vermochte, so daß dasselbe wenigstens zehn
Schritt noch mit mir vorprnllte, während ich befürchten mußte, jene würden sich
augenblicklich wieder aufraffen und ihr Heil aufs neue gegen mich versuchen,
umsomehr, als keiner meiner Leute in dem kurzen Moment, wo dies vorging,
Grenzboten. III. -I86S. ' 24
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