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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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es nicht, und wer die Bedeutung eines solchen Festes nach Namen abmißt,
der konnte zufrieden sein. Ein Verzeichnis) der Celebritäten zu geben, ist un-
thunlich; "wer fasset ihre Zahl?" Um nur einige Spitzen zu streifen: es fan¬
den sich Kritiker zusammen von Chorley aus London bis Hanslick aus
Wien, Pianisten von Se. Heller aus Paris bis Stein aus Neval,
Componisten von G ouvy bis Ver hülfe, Kapellmeister von Franz Lachner
bis Franz Liszt, Musikdirektoren aber gab es beinahe noch mehr als Ge^
Heimräthe in Berlin. In munteren Gesprächen trieb sich alles miteinander
herum, einzelne Gruppen bildeten sich und lösten sich auf, stehend, sitzend,
gehend, je nach Bedürfniß; wer allmälig die Runde machte und hörte, wie
die verschiedensten Ansichten und Gesichtspunkte, Sympathien und Antipathien
sich aussprachen, mochte wol denken, daß Oberon und Tilania wieder goldene
Hochzeit hielten.

Nachdem der Vormittag so mit Flaniren verthan war, zerstreute sich die
Gesellschaft, um sich am Mittagsmahl zu stärken. Um 6 Uhr sollte das Con¬
cert beginnen; als die Zeit herannahete, wiesen die immer dichter gedrängten
Züge festlich geputzter Menschen auch dem Fremden den Weg nach dem Geis-
terseher Local am Ende der Schadowstraße. Dort, in einem hübschen großen
Garten ist der für die Aufführungen bestimmte große Saal an pas Wirth¬
schaftsgebäude angebaut. Er ist leicht aus Holz aufgeführt und weder von
Außen noch von Innen ist für die Decorirung desselben etwas gethan; man
hat ihn nur als ein Mittel zum Zweck behandelt, das für sich nichts zu be¬
deuten hat. Der Zuhörerraum bietet auf Bänken, die sich mehr durch Ein¬
fachheit als Bequemlichkeit auszeichnen, über 2000 Sitzplätze, und da sich un¬
gewöhnlich viel Zuhörer angemeldet hatten, war noch eine Tribune gebaut
worden, welche einige hundert Menschen faßte; am dritten Tage waren auch
noch Billets zu Stehplätzen ausgegeben worden. Der Charakter einer allge¬
meinen Festlichkeit wurde dadurch noch sehr erhöhet, daß gegen ein geringes
Eintrittsgeld auch der Garten dem Publicum geöffnet war. Bei günstiger,
ruhiger Witterung kann man in einem Theil des Gartens der Musik fast ganz
folgen; viele konnten sich den Genuß des Zuhörens verschaffen, andere ließen
sich am Sehen genügen. Es war sehr zweckmäßig, daß man das Concert
dnrch eine beinahe einstündige Pause unterbrach,- so daß die Zuhörer in Ruhe
sich in den Garten begeben und dort erholen und erfrischen konnten. Man
kann sich denken, wie belebt es dort war und doch war der Garten von der
Menschenmenge nicht unbequem überfüllt. Ueberhaupt waren die äußeren Ein¬
richtungen fast alle sehr gut und bequem, und man konnte wol merken, daß
schon eine gewisse Routine durch die wiederholten Musikfeste erlangt sei; nur
das wäre zu wünschen, daß künftig durch Vermehrung der Ausgänge nicht nur


es nicht, und wer die Bedeutung eines solchen Festes nach Namen abmißt,
der konnte zufrieden sein. Ein Verzeichnis) der Celebritäten zu geben, ist un-
thunlich; „wer fasset ihre Zahl?" Um nur einige Spitzen zu streifen: es fan¬
den sich Kritiker zusammen von Chorley aus London bis Hanslick aus
Wien, Pianisten von Se. Heller aus Paris bis Stein aus Neval,
Componisten von G ouvy bis Ver hülfe, Kapellmeister von Franz Lachner
bis Franz Liszt, Musikdirektoren aber gab es beinahe noch mehr als Ge^
Heimräthe in Berlin. In munteren Gesprächen trieb sich alles miteinander
herum, einzelne Gruppen bildeten sich und lösten sich auf, stehend, sitzend,
gehend, je nach Bedürfniß; wer allmälig die Runde machte und hörte, wie
die verschiedensten Ansichten und Gesichtspunkte, Sympathien und Antipathien
sich aussprachen, mochte wol denken, daß Oberon und Tilania wieder goldene
Hochzeit hielten.

Nachdem der Vormittag so mit Flaniren verthan war, zerstreute sich die
Gesellschaft, um sich am Mittagsmahl zu stärken. Um 6 Uhr sollte das Con¬
cert beginnen; als die Zeit herannahete, wiesen die immer dichter gedrängten
Züge festlich geputzter Menschen auch dem Fremden den Weg nach dem Geis-
terseher Local am Ende der Schadowstraße. Dort, in einem hübschen großen
Garten ist der für die Aufführungen bestimmte große Saal an pas Wirth¬
schaftsgebäude angebaut. Er ist leicht aus Holz aufgeführt und weder von
Außen noch von Innen ist für die Decorirung desselben etwas gethan; man
hat ihn nur als ein Mittel zum Zweck behandelt, das für sich nichts zu be¬
deuten hat. Der Zuhörerraum bietet auf Bänken, die sich mehr durch Ein¬
fachheit als Bequemlichkeit auszeichnen, über 2000 Sitzplätze, und da sich un¬
gewöhnlich viel Zuhörer angemeldet hatten, war noch eine Tribune gebaut
worden, welche einige hundert Menschen faßte; am dritten Tage waren auch
noch Billets zu Stehplätzen ausgegeben worden. Der Charakter einer allge¬
meinen Festlichkeit wurde dadurch noch sehr erhöhet, daß gegen ein geringes
Eintrittsgeld auch der Garten dem Publicum geöffnet war. Bei günstiger,
ruhiger Witterung kann man in einem Theil des Gartens der Musik fast ganz
folgen; viele konnten sich den Genuß des Zuhörens verschaffen, andere ließen
sich am Sehen genügen. Es war sehr zweckmäßig, daß man das Concert
dnrch eine beinahe einstündige Pause unterbrach,- so daß die Zuhörer in Ruhe
sich in den Garten begeben und dort erholen und erfrischen konnten. Man
kann sich denken, wie belebt es dort war und doch war der Garten von der
Menschenmenge nicht unbequem überfüllt. Ueberhaupt waren die äußeren Ein¬
richtungen fast alle sehr gut und bequem, und man konnte wol merken, daß
schon eine gewisse Routine durch die wiederholten Musikfeste erlangt sei; nur
das wäre zu wünschen, daß künftig durch Vermehrung der Ausgänge nicht nur


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/18>, abgerufen am 22.12.2024.