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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Am Sonnabend waren die Mitwirkenden vollständig beisammen, auch die
Zuhörer kamen meist im Laufe des Tages an und mit dem Schluß der Nach¬
mittagsprobe waren die Hauptvorarbeiten beendigt. Den Abend dieses Tages
bezeichnete für die Düsseldorfer noch eine Kundgebung patriotischer Freude.
Prinz Friedrich, der im Jahr 18-48 seine langjährige Residenz verlassen hatte,
kehrte zum ersten Mal wieder als Gast in Düsseldorf ein. Die Straßen,
welche die ganze Festzeit hindurch mit Maienbäumen, Guirlanden und Flaggen
geschmückt waren, erglänzten in strahlender Illumination und ein Fackelzug hieß
den Prinzen willkommen.

Am Morgen des Pftngstsonntagö war Generalpause. Die durch Arbeit
und Genüsse der vorigen Tage Erschöpften sollten sich erholen, und den von
allen Seiten Herbeigeeilten eine Gelegenheit geboten werden, sich miteinander
zu unterhalten. Als der Platz, wo alles sich vom frühen Morgen an vereini¬
gn: werde, war der Ananasberg bestimmt. Um ganz ungerechtfertigte Vor¬
stellungen von dem tropischen Klima oder dem Lurus der Düsseldorfer zu be¬
seitigen, muß bemerkt werden, daß dort weder Ananas gezogen werden, noch
Ananaspunsch gedräuet wird. Der Ananasberg, der seinen Namen völlig wie
wen" Ä non luoenelo hat, ist ein mäßiger Hügel innerhalb der schönen,
weiten, durch herrliche Bäume und zahllose Nachtigallen ausgezeichneten Park¬
anlagen Düsseldorfs, bei schönem Welter ein anmuthiger Punkt. Dort wurde
früh Kaffee getrunken, der anch etwas weniger schlecht war als er in den
rheinischen Wirthshäusern gewöhnlich ist; natürlich, da die Engländer zum
Frühstück Thee zu trinken gewohnt sind, wird man sich doch nicht für die
Deutschen anstrengen? Daß auch der Maitrank nicht fehlte, versteht sich von
selbst. Denn obgleich dies Getränk jetzt so ziemlich über ganz Deutschland
ausgebreitet sein mag, so ist doch der Rheinländer fast so stolz auf dieses
heimische Product als aus den Rhein, und wird beide mit Wort und That zu
rühmen nicht müde.

Hiller hatte mit seinem Motto "Es muß doch Frühling werden!" Recht
behalten; trotzdem daß am Sonnabend das Wetter sehr bedenkliche Mienen
machte, wurden wir am Sonntag Morgen mit dem schönsten klarsten Psingst-
wetter überrascht. In der heitersten Stimmung zog man dem Sammelplatz zu,
wo Hiller mit anderen Mitgliedern des Comilv auf die liebenswürdigste
Art den Wirth machte, Bekanntschaften vermittelte und der Gesellschaft einen
sehr erwünschten Mittelpunkt bot. Allmälig füllte sich der Raum mit präsum-
tiven großen Musikern, und nun gab es für alle Bekanntschaften zu erneuern
und neue zu machen; allein wie eifrig einer auch sein mochte sich vorzustellen
und vorstellen zu lassen , immer blieben uoch große Unbekannte zurück, und
einige erregten die allgemeine Aufmerksamkeit nur dadurch, daß sie niemand
kannte. Aber auch an allgemein bekannten und berühmten Männern fehlte


Grenzboten. Hi. -I8LL. 2

Am Sonnabend waren die Mitwirkenden vollständig beisammen, auch die
Zuhörer kamen meist im Laufe des Tages an und mit dem Schluß der Nach¬
mittagsprobe waren die Hauptvorarbeiten beendigt. Den Abend dieses Tages
bezeichnete für die Düsseldorfer noch eine Kundgebung patriotischer Freude.
Prinz Friedrich, der im Jahr 18-48 seine langjährige Residenz verlassen hatte,
kehrte zum ersten Mal wieder als Gast in Düsseldorf ein. Die Straßen,
welche die ganze Festzeit hindurch mit Maienbäumen, Guirlanden und Flaggen
geschmückt waren, erglänzten in strahlender Illumination und ein Fackelzug hieß
den Prinzen willkommen.

Am Morgen des Pftngstsonntagö war Generalpause. Die durch Arbeit
und Genüsse der vorigen Tage Erschöpften sollten sich erholen, und den von
allen Seiten Herbeigeeilten eine Gelegenheit geboten werden, sich miteinander
zu unterhalten. Als der Platz, wo alles sich vom frühen Morgen an vereini¬
gn: werde, war der Ananasberg bestimmt. Um ganz ungerechtfertigte Vor¬
stellungen von dem tropischen Klima oder dem Lurus der Düsseldorfer zu be¬
seitigen, muß bemerkt werden, daß dort weder Ananas gezogen werden, noch
Ananaspunsch gedräuet wird. Der Ananasberg, der seinen Namen völlig wie
wen« Ä non luoenelo hat, ist ein mäßiger Hügel innerhalb der schönen,
weiten, durch herrliche Bäume und zahllose Nachtigallen ausgezeichneten Park¬
anlagen Düsseldorfs, bei schönem Welter ein anmuthiger Punkt. Dort wurde
früh Kaffee getrunken, der anch etwas weniger schlecht war als er in den
rheinischen Wirthshäusern gewöhnlich ist; natürlich, da die Engländer zum
Frühstück Thee zu trinken gewohnt sind, wird man sich doch nicht für die
Deutschen anstrengen? Daß auch der Maitrank nicht fehlte, versteht sich von
selbst. Denn obgleich dies Getränk jetzt so ziemlich über ganz Deutschland
ausgebreitet sein mag, so ist doch der Rheinländer fast so stolz auf dieses
heimische Product als aus den Rhein, und wird beide mit Wort und That zu
rühmen nicht müde.

Hiller hatte mit seinem Motto „Es muß doch Frühling werden!" Recht
behalten; trotzdem daß am Sonnabend das Wetter sehr bedenkliche Mienen
machte, wurden wir am Sonntag Morgen mit dem schönsten klarsten Psingst-
wetter überrascht. In der heitersten Stimmung zog man dem Sammelplatz zu,
wo Hiller mit anderen Mitgliedern des Comilv auf die liebenswürdigste
Art den Wirth machte, Bekanntschaften vermittelte und der Gesellschaft einen
sehr erwünschten Mittelpunkt bot. Allmälig füllte sich der Raum mit präsum-
tiven großen Musikern, und nun gab es für alle Bekanntschaften zu erneuern
und neue zu machen; allein wie eifrig einer auch sein mochte sich vorzustellen
und vorstellen zu lassen , immer blieben uoch große Unbekannte zurück, und
einige erregten die allgemeine Aufmerksamkeit nur dadurch, daß sie niemand
kannte. Aber auch an allgemein bekannten und berühmten Männern fehlte


Grenzboten. Hi. -I8LL. 2
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[0017] Am Sonnabend waren die Mitwirkenden vollständig beisammen, auch die Zuhörer kamen meist im Laufe des Tages an und mit dem Schluß der Nach¬ mittagsprobe waren die Hauptvorarbeiten beendigt. Den Abend dieses Tages bezeichnete für die Düsseldorfer noch eine Kundgebung patriotischer Freude. Prinz Friedrich, der im Jahr 18-48 seine langjährige Residenz verlassen hatte, kehrte zum ersten Mal wieder als Gast in Düsseldorf ein. Die Straßen, welche die ganze Festzeit hindurch mit Maienbäumen, Guirlanden und Flaggen geschmückt waren, erglänzten in strahlender Illumination und ein Fackelzug hieß den Prinzen willkommen. Am Morgen des Pftngstsonntagö war Generalpause. Die durch Arbeit und Genüsse der vorigen Tage Erschöpften sollten sich erholen, und den von allen Seiten Herbeigeeilten eine Gelegenheit geboten werden, sich miteinander zu unterhalten. Als der Platz, wo alles sich vom frühen Morgen an vereini¬ gn: werde, war der Ananasberg bestimmt. Um ganz ungerechtfertigte Vor¬ stellungen von dem tropischen Klima oder dem Lurus der Düsseldorfer zu be¬ seitigen, muß bemerkt werden, daß dort weder Ananas gezogen werden, noch Ananaspunsch gedräuet wird. Der Ananasberg, der seinen Namen völlig wie wen« Ä non luoenelo hat, ist ein mäßiger Hügel innerhalb der schönen, weiten, durch herrliche Bäume und zahllose Nachtigallen ausgezeichneten Park¬ anlagen Düsseldorfs, bei schönem Welter ein anmuthiger Punkt. Dort wurde früh Kaffee getrunken, der anch etwas weniger schlecht war als er in den rheinischen Wirthshäusern gewöhnlich ist; natürlich, da die Engländer zum Frühstück Thee zu trinken gewohnt sind, wird man sich doch nicht für die Deutschen anstrengen? Daß auch der Maitrank nicht fehlte, versteht sich von selbst. Denn obgleich dies Getränk jetzt so ziemlich über ganz Deutschland ausgebreitet sein mag, so ist doch der Rheinländer fast so stolz auf dieses heimische Product als aus den Rhein, und wird beide mit Wort und That zu rühmen nicht müde. Hiller hatte mit seinem Motto „Es muß doch Frühling werden!" Recht behalten; trotzdem daß am Sonnabend das Wetter sehr bedenkliche Mienen machte, wurden wir am Sonntag Morgen mit dem schönsten klarsten Psingst- wetter überrascht. In der heitersten Stimmung zog man dem Sammelplatz zu, wo Hiller mit anderen Mitgliedern des Comilv auf die liebenswürdigste Art den Wirth machte, Bekanntschaften vermittelte und der Gesellschaft einen sehr erwünschten Mittelpunkt bot. Allmälig füllte sich der Raum mit präsum- tiven großen Musikern, und nun gab es für alle Bekanntschaften zu erneuern und neue zu machen; allein wie eifrig einer auch sein mochte sich vorzustellen und vorstellen zu lassen , immer blieben uoch große Unbekannte zurück, und einige erregten die allgemeine Aufmerksamkeit nur dadurch, daß sie niemand kannte. Aber auch an allgemein bekannten und berühmten Männern fehlte Grenzboten. Hi. -I8LL. 2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/17>, abgerufen am 22.07.2024.