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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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wurden, den Armen in England und Wales die Reise nach dem neuen Jeru¬
salem in den Felsengebirgen zu ermöglichen.

Mit ihren Nachbarn, den Utahs und andern Stämmen des Gebirgs ver¬
tragen sich die Mormonen gegenwärtig ziemlich gut. Zu Anfang allerdings
war dem nicht so. Der Punkt, wo sie sich zuerst ansiedelten, liegt auf den
"Kriegsgründeu" der Schlangengräbcr und der Alat) - Indianer, also auf
neutralem oder niemand zugehörigen Boden. Als die Kolonisten sich aber all-
mälig mehrten und jsich nach Süden und Norden auszubreiten genöthigt
waren, kamen sie auf Stellen, welche die Rothhäute als ihr Eigenthum betrachten,
und wo sie infolge dessen allein jagen und fischen zu dürfen glaubten. Sie
klagten, daß die Eindringlinge ihnen ihre Winterlagerplätze wegnahmen und
ihnen das Wild verscheuchten, von . dem sie als Jägervolk beinahe allein
lebten.

Sie waren dabei im besten Rechte, vermochten es aber nicht geltendzu¬
machen. Die Schoschones drohten mit gewaltsamer Vertreibung der Räuber
ihres Landbesitzes, überlegten sichs aber eines Bessern und hielten Frieden.
Nicht so die Utahs. Im'Winter -18/,0 begannen sie mit allerlei Neckereien,
erschossen den Mormonen mehre Stücke Vieh und waren so unklug, sich dessen
noch zu rühmen. Sie drangen ferner in einzeln gelegene Farmhäuser, um
die Frauen zu schrecken und die Lebensmittel zu rauben, und zwangen endlich
die Kolonisten in diesem Thale, sich in ein kleines Fort zurückzuziehen.

Im Hauptquartier der Sekte versuchte man erst gütliche Mittel und als
diese bei den Rothhäuten nichts fruchteten, wurde der Krieg beschlossen. Zu
der waffenfähigen Mannschaft des Utahlhales stießen zwei Compagnien der
. Legion von Zion, und sofort wurde zu einem Angriffe auf die Indianer ver-
schritten. Diese hatten sich in den ausgetrockneten Kanälen des Timpanoga-
flusseS aufgestellt, wo sie von den Cottonwoobbüschen und Weidenstümpfen,
die dort wuchsen, gedeckt waren. Nichtsdestoweniger wurden sie nach einem
dreitägigen Scharmützel, bei welchem die Angreifer sich des Abends immer
in ihr Fort zurückzogen, durch die weittragenden Büchsen, sowie Durch die
Kanone, welche die Mormonen bei sich hatten, aus ihrem Verstecke aufgejagt
und in die Flucht geschlagen. Die Mormonen hatten bei diesem Treffen- einen
Todten und mehre Verwundete. Ihre Gegner aber verloren, da grade die
Masern unter ihnen grassirten, während ihres Rückzugs nach den kalten
Schluchten des höhern Berglandes sehr viele Leute und unter andern auch
den "Alten Riesenhirsch", einen Häuptling, der geraume Zeit der Schrecken
des Utahthales gewesen war.

Ein Theil der Geschlagenen rettete sich durch die Flucht aus den Tafel¬
berg. Man vermochte sie durch Zureden, herabzukommen und sich zu ergeben.
Sie wurden die Nacht über sorgfältig bewacht, und als der Morgen kam, wurde


wurden, den Armen in England und Wales die Reise nach dem neuen Jeru¬
salem in den Felsengebirgen zu ermöglichen.

Mit ihren Nachbarn, den Utahs und andern Stämmen des Gebirgs ver¬
tragen sich die Mormonen gegenwärtig ziemlich gut. Zu Anfang allerdings
war dem nicht so. Der Punkt, wo sie sich zuerst ansiedelten, liegt auf den
„Kriegsgründeu" der Schlangengräbcr und der Alat) - Indianer, also auf
neutralem oder niemand zugehörigen Boden. Als die Kolonisten sich aber all-
mälig mehrten und jsich nach Süden und Norden auszubreiten genöthigt
waren, kamen sie auf Stellen, welche die Rothhäute als ihr Eigenthum betrachten,
und wo sie infolge dessen allein jagen und fischen zu dürfen glaubten. Sie
klagten, daß die Eindringlinge ihnen ihre Winterlagerplätze wegnahmen und
ihnen das Wild verscheuchten, von . dem sie als Jägervolk beinahe allein
lebten.

Sie waren dabei im besten Rechte, vermochten es aber nicht geltendzu¬
machen. Die Schoschones drohten mit gewaltsamer Vertreibung der Räuber
ihres Landbesitzes, überlegten sichs aber eines Bessern und hielten Frieden.
Nicht so die Utahs. Im'Winter -18/,0 begannen sie mit allerlei Neckereien,
erschossen den Mormonen mehre Stücke Vieh und waren so unklug, sich dessen
noch zu rühmen. Sie drangen ferner in einzeln gelegene Farmhäuser, um
die Frauen zu schrecken und die Lebensmittel zu rauben, und zwangen endlich
die Kolonisten in diesem Thale, sich in ein kleines Fort zurückzuziehen.

Im Hauptquartier der Sekte versuchte man erst gütliche Mittel und als
diese bei den Rothhäuten nichts fruchteten, wurde der Krieg beschlossen. Zu
der waffenfähigen Mannschaft des Utahlhales stießen zwei Compagnien der
. Legion von Zion, und sofort wurde zu einem Angriffe auf die Indianer ver-
schritten. Diese hatten sich in den ausgetrockneten Kanälen des Timpanoga-
flusseS aufgestellt, wo sie von den Cottonwoobbüschen und Weidenstümpfen,
die dort wuchsen, gedeckt waren. Nichtsdestoweniger wurden sie nach einem
dreitägigen Scharmützel, bei welchem die Angreifer sich des Abends immer
in ihr Fort zurückzogen, durch die weittragenden Büchsen, sowie Durch die
Kanone, welche die Mormonen bei sich hatten, aus ihrem Verstecke aufgejagt
und in die Flucht geschlagen. Die Mormonen hatten bei diesem Treffen- einen
Todten und mehre Verwundete. Ihre Gegner aber verloren, da grade die
Masern unter ihnen grassirten, während ihres Rückzugs nach den kalten
Schluchten des höhern Berglandes sehr viele Leute und unter andern auch
den „Alten Riesenhirsch", einen Häuptling, der geraume Zeit der Schrecken
des Utahthales gewesen war.

Ein Theil der Geschlagenen rettete sich durch die Flucht aus den Tafel¬
berg. Man vermochte sie durch Zureden, herabzukommen und sich zu ergeben.
Sie wurden die Nacht über sorgfältig bewacht, und als der Morgen kam, wurde


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[0032] wurden, den Armen in England und Wales die Reise nach dem neuen Jeru¬ salem in den Felsengebirgen zu ermöglichen. Mit ihren Nachbarn, den Utahs und andern Stämmen des Gebirgs ver¬ tragen sich die Mormonen gegenwärtig ziemlich gut. Zu Anfang allerdings war dem nicht so. Der Punkt, wo sie sich zuerst ansiedelten, liegt auf den „Kriegsgründeu" der Schlangengräbcr und der Alat) - Indianer, also auf neutralem oder niemand zugehörigen Boden. Als die Kolonisten sich aber all- mälig mehrten und jsich nach Süden und Norden auszubreiten genöthigt waren, kamen sie auf Stellen, welche die Rothhäute als ihr Eigenthum betrachten, und wo sie infolge dessen allein jagen und fischen zu dürfen glaubten. Sie klagten, daß die Eindringlinge ihnen ihre Winterlagerplätze wegnahmen und ihnen das Wild verscheuchten, von . dem sie als Jägervolk beinahe allein lebten. Sie waren dabei im besten Rechte, vermochten es aber nicht geltendzu¬ machen. Die Schoschones drohten mit gewaltsamer Vertreibung der Räuber ihres Landbesitzes, überlegten sichs aber eines Bessern und hielten Frieden. Nicht so die Utahs. Im'Winter -18/,0 begannen sie mit allerlei Neckereien, erschossen den Mormonen mehre Stücke Vieh und waren so unklug, sich dessen noch zu rühmen. Sie drangen ferner in einzeln gelegene Farmhäuser, um die Frauen zu schrecken und die Lebensmittel zu rauben, und zwangen endlich die Kolonisten in diesem Thale, sich in ein kleines Fort zurückzuziehen. Im Hauptquartier der Sekte versuchte man erst gütliche Mittel und als diese bei den Rothhäuten nichts fruchteten, wurde der Krieg beschlossen. Zu der waffenfähigen Mannschaft des Utahlhales stießen zwei Compagnien der . Legion von Zion, und sofort wurde zu einem Angriffe auf die Indianer ver- schritten. Diese hatten sich in den ausgetrockneten Kanälen des Timpanoga- flusseS aufgestellt, wo sie von den Cottonwoobbüschen und Weidenstümpfen, die dort wuchsen, gedeckt waren. Nichtsdestoweniger wurden sie nach einem dreitägigen Scharmützel, bei welchem die Angreifer sich des Abends immer in ihr Fort zurückzogen, durch die weittragenden Büchsen, sowie Durch die Kanone, welche die Mormonen bei sich hatten, aus ihrem Verstecke aufgejagt und in die Flucht geschlagen. Die Mormonen hatten bei diesem Treffen- einen Todten und mehre Verwundete. Ihre Gegner aber verloren, da grade die Masern unter ihnen grassirten, während ihres Rückzugs nach den kalten Schluchten des höhern Berglandes sehr viele Leute und unter andern auch den „Alten Riesenhirsch", einen Häuptling, der geraume Zeit der Schrecken des Utahthales gewesen war. Ein Theil der Geschlagenen rettete sich durch die Flucht aus den Tafel¬ berg. Man vermochte sie durch Zureden, herabzukommen und sich zu ergeben. Sie wurden die Nacht über sorgfältig bewacht, und als der Morgen kam, wurde

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/32>, abgerufen am 01.07.2024.