Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.willig die Doppelherrschast im Reiche deutscher Poesie getheilt den? Hat ihm Doch ich mache dem Maler keinen Vorwurf für Auslassungen, im Gegen¬ Oder haben Goethe, Humboldt, Grimm, fern von aller Theorie, nur die Oder spiegelt sich der begeisternde Hauch, der ihre Werke durchathmet, in Oder ist es die Begeisterung, die sie in andern entzündet haben? Freilich, Aber es ist klar, daß dies alles nicht die Rücksichten sind, die hier zur Man will dort der Wissenschaft zu Leibe, welche die Vernunft zu ihrer' Im Uebrigen fängt man bereits an, die mathematischen Studien auf Schulen Steht es aber fest, welche Wissenschaft man in dAlembert,-Kant, Laplace willig die Doppelherrschast im Reiche deutscher Poesie getheilt den? Hat ihm Doch ich mache dem Maler keinen Vorwurf für Auslassungen, im Gegen¬ Oder haben Goethe, Humboldt, Grimm, fern von aller Theorie, nur die Oder spiegelt sich der begeisternde Hauch, der ihre Werke durchathmet, in Oder ist es die Begeisterung, die sie in andern entzündet haben? Freilich, Aber es ist klar, daß dies alles nicht die Rücksichten sind, die hier zur Man will dort der Wissenschaft zu Leibe, welche die Vernunft zu ihrer' Im Uebrigen fängt man bereits an, die mathematischen Studien auf Schulen Steht es aber fest, welche Wissenschaft man in dAlembert,-Kant, Laplace <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0114" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99500"/> <p xml:id="ID_371" prev="#ID_370"> willig die Doppelherrschast im Reiche deutscher Poesie getheilt den? Hat ihm<lb/> Kant die Blässe des Gedankens angekränkelt? Aber wenn Bilder fühlten, würde<lb/> seine ernste Wange und Stirn die Nöthe des Unwillens gefärbt haben, des<lb/> zürnenden Unwillens, daß er seinen Meister Kant neben sich so hätte behan¬<lb/> deln sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_372"> Doch ich mache dem Maler keinen Vorwurf für Auslassungen, im Gegen¬<lb/> theil für das, was er gegeben hat, möchte ich dankbar sein können. Leider kann<lb/> ich ihm nicht in allem folgen; so sollen denn meine Fragen nur dazu dienen,<lb/> mir seine Vorstellungen klarzumachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_373"> Oder haben Goethe, Humboldt, Grimm, fern von aller Theorie, nur die<lb/> goldnen Früchte vom grünen Baume des Lebens gebrochen? Nein, sie alle<lb/> haben es sich sauer werden lassen; und das ist ihr Verdienst: sie alle haben<lb/> der grauen Theorie gehuldigt; und sie haben auch nich't alle das Glück gehabt,<lb/> in ihren Theorien immer etwas Haltbares zu Tage zu fördern.</p><lb/> <p xml:id="ID_374"> Oder spiegelt sich der begeisternde Hauch, der ihre Werke durchathmet, in<lb/> ihren Gesichtern wieder? Wie, und ihr hättet keine Ahnung von dem andauern¬<lb/> den Enthusiasmus, der tiefen Andacht, welche einen Kepler, einen Newton,<lb/> einen Kant, einen Laplace in ihren großen Werken und Thaten getrieben<lb/> und belebt haben? Das große Buch des gestirnten Himmels autzuschlagen und<lb/> seine vielverschlungene Zeichenschrift zu deuten, beweist denn doch eine ebenso<lb/> hohe Glut des Geistes, als Lautwandlungen nachzugehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_375"> Oder ist es die Begeisterung, die sie in andern entzündet haben? Freilich,<lb/> ihre Schriften sind größtentheils auch Laien verständlich und zugänglich. Daß<lb/> die Laien nicht, daß nur Wissende dem dAlembert, Kant, Laplace in ihren<lb/> mathematischen, philosophischen, astronomischen und physikalischen Specula-<lb/> tionen folgen können, ist das die Schuld dieser Männer, oder ist es die<lb/> Schuld der Laien, die zu träge oder zu einfältig sind, auch Wissende zu<lb/> werden?</p><lb/> <p xml:id="ID_376"> Aber es ist klar, daß dies alles nicht die Rücksichten sind, die hier zur<lb/> Verherrlichung Goethes, Humboldts, Grimms geführt haben. Um sich davon<lb/> zu überzeugen, braucht man nur die erste Seite des Bildes zu betrachten.</p><lb/> <p xml:id="ID_377"> Man will dort der Wissenschaft zu Leibe, welche die Vernunft zu ihrer'<lb/> alleinigen Grundlage nimmt. — — —</p><lb/> <p xml:id="ID_378"> Im Uebrigen fängt man bereits an, die mathematischen Studien auf Schulen<lb/> zum Besten der Geschichte zu beschränken. Die Philosophie schweigt längst.</p><lb/> <p xml:id="ID_379" next="#ID_380"> Steht es aber fest, welche Wissenschaft man in dAlembert,-Kant, Laplace<lb/> verhöhnt, so ist auch deutlich, welche Wissenschaft man in Goethe, Humboldt,<lb/> Grimm verherrlichen will. Aber grade das drängt uns eine Reihe von Be¬<lb/> trachtungen auf. In seiner Literaturgeschichte it, 27z, preist Nilmar „den<lb/> tiefen und feinen historischen Sinn, der seit fünfzig Jahren in der Naturforschung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0114]
willig die Doppelherrschast im Reiche deutscher Poesie getheilt den? Hat ihm
Kant die Blässe des Gedankens angekränkelt? Aber wenn Bilder fühlten, würde
seine ernste Wange und Stirn die Nöthe des Unwillens gefärbt haben, des
zürnenden Unwillens, daß er seinen Meister Kant neben sich so hätte behan¬
deln sehen.
Doch ich mache dem Maler keinen Vorwurf für Auslassungen, im Gegen¬
theil für das, was er gegeben hat, möchte ich dankbar sein können. Leider kann
ich ihm nicht in allem folgen; so sollen denn meine Fragen nur dazu dienen,
mir seine Vorstellungen klarzumachen.
Oder haben Goethe, Humboldt, Grimm, fern von aller Theorie, nur die
goldnen Früchte vom grünen Baume des Lebens gebrochen? Nein, sie alle
haben es sich sauer werden lassen; und das ist ihr Verdienst: sie alle haben
der grauen Theorie gehuldigt; und sie haben auch nich't alle das Glück gehabt,
in ihren Theorien immer etwas Haltbares zu Tage zu fördern.
Oder spiegelt sich der begeisternde Hauch, der ihre Werke durchathmet, in
ihren Gesichtern wieder? Wie, und ihr hättet keine Ahnung von dem andauern¬
den Enthusiasmus, der tiefen Andacht, welche einen Kepler, einen Newton,
einen Kant, einen Laplace in ihren großen Werken und Thaten getrieben
und belebt haben? Das große Buch des gestirnten Himmels autzuschlagen und
seine vielverschlungene Zeichenschrift zu deuten, beweist denn doch eine ebenso
hohe Glut des Geistes, als Lautwandlungen nachzugehen.
Oder ist es die Begeisterung, die sie in andern entzündet haben? Freilich,
ihre Schriften sind größtentheils auch Laien verständlich und zugänglich. Daß
die Laien nicht, daß nur Wissende dem dAlembert, Kant, Laplace in ihren
mathematischen, philosophischen, astronomischen und physikalischen Specula-
tionen folgen können, ist das die Schuld dieser Männer, oder ist es die
Schuld der Laien, die zu träge oder zu einfältig sind, auch Wissende zu
werden?
Aber es ist klar, daß dies alles nicht die Rücksichten sind, die hier zur
Verherrlichung Goethes, Humboldts, Grimms geführt haben. Um sich davon
zu überzeugen, braucht man nur die erste Seite des Bildes zu betrachten.
Man will dort der Wissenschaft zu Leibe, welche die Vernunft zu ihrer'
alleinigen Grundlage nimmt. — — —
Im Uebrigen fängt man bereits an, die mathematischen Studien auf Schulen
zum Besten der Geschichte zu beschränken. Die Philosophie schweigt längst.
Steht es aber fest, welche Wissenschaft man in dAlembert,-Kant, Laplace
verhöhnt, so ist auch deutlich, welche Wissenschaft man in Goethe, Humboldt,
Grimm verherrlichen will. Aber grade das drängt uns eine Reihe von Be¬
trachtungen auf. In seiner Literaturgeschichte it, 27z, preist Nilmar „den
tiefen und feinen historischen Sinn, der seit fünfzig Jahren in der Naturforschung
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |