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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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ganz weiß, theils ganz gelb; andere sind gefleckt, bald zweifarbig, bald drei¬
farbig. Sollten nun alle Nationen von einem Paare herstammen, so müßten
sämmtliche Farbennuancen aus einem Grundtone sich herleiten lassen. Wäre
aber wirklich das Schwarz des Negers ein verbranntes Weiß vom Europäer
(welches letztere aber in der That durch Mangel des Farbstoffes bedingt wird),
und läge das Gelbe des Mongolen in der Mitte, so würde doch die kupser¬
rothe Farbe des Amerikaners nicht in diese Skala passen. Man würde mit
Recht fragen können, warum sind die Neuholländer und Papuas schwarz ge¬
worden, während doch die der Linie nähern Bewohner der Freundschaftsinseln
gelbbraun blieben; man würde serner beantworten müssen, warum in Amerika
alle Nationen von der Baffinsbai bis zum Feuerlande eine rothbraune Farbe
annehmen, während auf der östlichen Halbkugel bald weiße, bald gelbe, bald
braune, bald schwarze Nationen oft ganz dicht nebeneinanderwvhnen." Wir
würden es hervorheben, daß noch viel weniger die physischen Verschiedenheiten
der Racen aus klimatischen Einflüssen erklärt werden können, wüßten wir nicht,
daß allen Beobachtungen zum Trotz von manchen Seiten noch gleiche Bildungs¬
fähigkeit aller Nationen behauptet wird.

Der Mensch hat also weder Neigung Varietäten zu bilden, noch aus
seinen Racen in eine gemeinsame Urform zurückzukehren; die anatomischen Ver¬
schiedenheiten der letztern dagegen sind zwar in Hautfarbe, und Schädelbau
erheblich genug, um zur Aufstellung verschiedener Arten von Menschen zu be¬
rechtigen, nicht aber, um diese unwiderleglich festzustellen. Aber die anatomischen
Charaktere treffen zusammen nicht allein mit gleicher Sprachbildung (soviel man
weiß) sondern auch mit gleicher geographischer Verbreitung. Wenn demnach
z. B. die amerikanischen Rothhäute durch anatomische Charaktere und Sprach¬
bildung zu einer Art sich zusammenschließen und überdies nur in Amerika
vorkommen, wohin sie anderswoher auf keine begreifliche Weise gelangen konn¬
ten, so wird die Wahrscheinlichkeit, daß sie auch dort entstanden sind, zur
Gewißheit.

Aus allen Gründen ist es also wol nicht zu verwundern, wenn die Natur¬
forscher, wie Wagner selbst sag , immer mehr zu der Ansicht gelangen, daß die
Menschen von einem Paare nicht abstammen können, ja es ist leicht möglich,
daß unter den deutschen Naturforschern der einzige ist, der noch daran
glaubt. --

Nach Erörterung des Mitgetheilten geht Vogt zur Besprechung der bib¬
lischen Ueberlieferung über. Der biblische Adam, sagt er, sei, soviel seine
schwankende Chronologie zu schließen erlaube, nur so alt, wie der erste König
Gesammtägyptens, Menes, mit dem die regelmäßigen Register der Nilmonarch eil
ihren Anfang nähmen; aber darauf käme es weniger an, weil von der Bibel
in Noah ein zweiter Stammvater gegeben sei Wir wollen ihm in seinem


ganz weiß, theils ganz gelb; andere sind gefleckt, bald zweifarbig, bald drei¬
farbig. Sollten nun alle Nationen von einem Paare herstammen, so müßten
sämmtliche Farbennuancen aus einem Grundtone sich herleiten lassen. Wäre
aber wirklich das Schwarz des Negers ein verbranntes Weiß vom Europäer
(welches letztere aber in der That durch Mangel des Farbstoffes bedingt wird),
und läge das Gelbe des Mongolen in der Mitte, so würde doch die kupser¬
rothe Farbe des Amerikaners nicht in diese Skala passen. Man würde mit
Recht fragen können, warum sind die Neuholländer und Papuas schwarz ge¬
worden, während doch die der Linie nähern Bewohner der Freundschaftsinseln
gelbbraun blieben; man würde serner beantworten müssen, warum in Amerika
alle Nationen von der Baffinsbai bis zum Feuerlande eine rothbraune Farbe
annehmen, während auf der östlichen Halbkugel bald weiße, bald gelbe, bald
braune, bald schwarze Nationen oft ganz dicht nebeneinanderwvhnen." Wir
würden es hervorheben, daß noch viel weniger die physischen Verschiedenheiten
der Racen aus klimatischen Einflüssen erklärt werden können, wüßten wir nicht,
daß allen Beobachtungen zum Trotz von manchen Seiten noch gleiche Bildungs¬
fähigkeit aller Nationen behauptet wird.

Der Mensch hat also weder Neigung Varietäten zu bilden, noch aus
seinen Racen in eine gemeinsame Urform zurückzukehren; die anatomischen Ver¬
schiedenheiten der letztern dagegen sind zwar in Hautfarbe, und Schädelbau
erheblich genug, um zur Aufstellung verschiedener Arten von Menschen zu be¬
rechtigen, nicht aber, um diese unwiderleglich festzustellen. Aber die anatomischen
Charaktere treffen zusammen nicht allein mit gleicher Sprachbildung (soviel man
weiß) sondern auch mit gleicher geographischer Verbreitung. Wenn demnach
z. B. die amerikanischen Rothhäute durch anatomische Charaktere und Sprach¬
bildung zu einer Art sich zusammenschließen und überdies nur in Amerika
vorkommen, wohin sie anderswoher auf keine begreifliche Weise gelangen konn¬
ten, so wird die Wahrscheinlichkeit, daß sie auch dort entstanden sind, zur
Gewißheit.

Aus allen Gründen ist es also wol nicht zu verwundern, wenn die Natur¬
forscher, wie Wagner selbst sag , immer mehr zu der Ansicht gelangen, daß die
Menschen von einem Paare nicht abstammen können, ja es ist leicht möglich,
daß unter den deutschen Naturforschern der einzige ist, der noch daran
glaubt. —

Nach Erörterung des Mitgetheilten geht Vogt zur Besprechung der bib¬
lischen Ueberlieferung über. Der biblische Adam, sagt er, sei, soviel seine
schwankende Chronologie zu schließen erlaube, nur so alt, wie der erste König
Gesammtägyptens, Menes, mit dem die regelmäßigen Register der Nilmonarch eil
ihren Anfang nähmen; aber darauf käme es weniger an, weil von der Bibel
in Noah ein zweiter Stammvater gegeben sei Wir wollen ihm in seinem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/109>, abgerufen am 01.10.2024.