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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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aus dem Samen derselben Kapsel oder derselben Pflanze entstanden sind;
8) werden dagegen Bastarde und deren Sämlinge fortdauernd mit dem Blü¬
tenstaub einer und derselben ihrer Stammpflanzen befruchtet, so gehen sie
schrittweise zu deren Form über; 9) als Grund für die Unfruchtbarkeit der
Bastarde hat sich in den meisten Fällen eine unvollständige Entwicklung der
Befruchtungstheile und besonders der Staubkölbchen und des Blütenstaubes
herausgestellt. Diese Gesetze, behauptet nun unser Versasser, seien auch für
die Thierwelt giltig, und dafür scheinen in der That alle Beobachtungen zu
sprechen; er wendet sie aber auch auf die Menschenracen an und theilt uns
darüber nach andern Schriftstellern folgendes mit: "In vielen Fällen ist der
Widerwille zwischen zwei Thierarten so groß, daß eine Begattung völlig un¬
möglich ist; in andern ist dieser zum Theil unterdrückt (so beim Neger und
Weißen) oder er wird durch Gewohnheit oder durch List überwunden. Meist
ist dann der Abkömmling völlig unfruchtbar; in anderen Fällen ist er so schlecht
gebildet, daß er die Periode des Sängers nicht überlebt, wie beim Maul¬
thiere. Bisweilen sind jedoch die Abkömmlinge fortpflanzungsfähig, aber nur
durch Zufluß von reinem Blute eines der Eltern, aus dem sie emspraugen.
In noch andern Fällen vermehren sich die Abkömmlinge unter sich, aber nur
auf zwei oder drei Generationen und zeigen selbst während dieser Zeit keine
Beständigkeit im Charakter. So sagt van Armringe: Wir haben viel Auf¬
merksamkeit hierauf verwandt, haben eine Reihe von Mulattenfamilien unter¬
sucht und uns überzeugt, daß die Kinder selten jene Mittelfarbe zeigen, welche
ihre beiden Eltern als reine Mulatten besitzen. In großen Familien von
Mulatten (von Halbbluteltern) findet man ganz gewöhnlich einige der Kinder
so hellfarbig, als ob eins der Eltern ein Weißer wäre, und einen andern
Theil so schwarz, als wenn "eines ein Neger. Jeder praktische Arzt hat Ge¬
legenheit zu bemerken, wieviel mehr die Mulatten den Skropheln und der
Schwindsucht unterworfen sind, als Weiße oder Neger. Mit dem Aufhören
der Zufuhr von europäischem Blute, sagt Dr. Knor, muß der Mulatte von
allen Schattirungen aufhören zu eristiren; er kann seine Race nicht fortpflan¬
zen. Ferner erklärt der Oberst Smith in seiner Rawl-g,! Instor^ ok man:
Wir bezweifeln sehr, daß es auch nur eine Mulattenfamilie, aus irgendeinem
Stamme entstanden, unter den Tropen gibt, welche durch vier Generationen
sich fortgepflanzt hätte u. f. w."

Wir sind allerdings nicht in der Lage, die Nichtigkeit der zuletzt angeführten
Beobachtungen bestätigen zu können, sie mögen umsomehr einer gewissenhaften
Nachforschung bedürfen, da durch ihre Feststellung die Artverschiedenheit der
Menschenracen unwiderleglich bewiesen sein würde. Aber reicht auch hierzu
Vogts Aufzählung fruchtbarer Bastarde in einer Generation keineswegs aus,
so wendet er sich sogleich mit größerem Erfolge nach andern Seiten. Man


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aus dem Samen derselben Kapsel oder derselben Pflanze entstanden sind;
8) werden dagegen Bastarde und deren Sämlinge fortdauernd mit dem Blü¬
tenstaub einer und derselben ihrer Stammpflanzen befruchtet, so gehen sie
schrittweise zu deren Form über; 9) als Grund für die Unfruchtbarkeit der
Bastarde hat sich in den meisten Fällen eine unvollständige Entwicklung der
Befruchtungstheile und besonders der Staubkölbchen und des Blütenstaubes
herausgestellt. Diese Gesetze, behauptet nun unser Versasser, seien auch für
die Thierwelt giltig, und dafür scheinen in der That alle Beobachtungen zu
sprechen; er wendet sie aber auch auf die Menschenracen an und theilt uns
darüber nach andern Schriftstellern folgendes mit: „In vielen Fällen ist der
Widerwille zwischen zwei Thierarten so groß, daß eine Begattung völlig un¬
möglich ist; in andern ist dieser zum Theil unterdrückt (so beim Neger und
Weißen) oder er wird durch Gewohnheit oder durch List überwunden. Meist
ist dann der Abkömmling völlig unfruchtbar; in anderen Fällen ist er so schlecht
gebildet, daß er die Periode des Sängers nicht überlebt, wie beim Maul¬
thiere. Bisweilen sind jedoch die Abkömmlinge fortpflanzungsfähig, aber nur
durch Zufluß von reinem Blute eines der Eltern, aus dem sie emspraugen.
In noch andern Fällen vermehren sich die Abkömmlinge unter sich, aber nur
auf zwei oder drei Generationen und zeigen selbst während dieser Zeit keine
Beständigkeit im Charakter. So sagt van Armringe: Wir haben viel Auf¬
merksamkeit hierauf verwandt, haben eine Reihe von Mulattenfamilien unter¬
sucht und uns überzeugt, daß die Kinder selten jene Mittelfarbe zeigen, welche
ihre beiden Eltern als reine Mulatten besitzen. In großen Familien von
Mulatten (von Halbbluteltern) findet man ganz gewöhnlich einige der Kinder
so hellfarbig, als ob eins der Eltern ein Weißer wäre, und einen andern
Theil so schwarz, als wenn "eines ein Neger. Jeder praktische Arzt hat Ge¬
legenheit zu bemerken, wieviel mehr die Mulatten den Skropheln und der
Schwindsucht unterworfen sind, als Weiße oder Neger. Mit dem Aufhören
der Zufuhr von europäischem Blute, sagt Dr. Knor, muß der Mulatte von
allen Schattirungen aufhören zu eristiren; er kann seine Race nicht fortpflan¬
zen. Ferner erklärt der Oberst Smith in seiner Rawl-g,! Instor^ ok man:
Wir bezweifeln sehr, daß es auch nur eine Mulattenfamilie, aus irgendeinem
Stamme entstanden, unter den Tropen gibt, welche durch vier Generationen
sich fortgepflanzt hätte u. f. w."

Wir sind allerdings nicht in der Lage, die Nichtigkeit der zuletzt angeführten
Beobachtungen bestätigen zu können, sie mögen umsomehr einer gewissenhaften
Nachforschung bedürfen, da durch ihre Feststellung die Artverschiedenheit der
Menschenracen unwiderleglich bewiesen sein würde. Aber reicht auch hierzu
Vogts Aufzählung fruchtbarer Bastarde in einer Generation keineswegs aus,
so wendet er sich sogleich mit größerem Erfolge nach andern Seiten. Man


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[0107] aus dem Samen derselben Kapsel oder derselben Pflanze entstanden sind; 8) werden dagegen Bastarde und deren Sämlinge fortdauernd mit dem Blü¬ tenstaub einer und derselben ihrer Stammpflanzen befruchtet, so gehen sie schrittweise zu deren Form über; 9) als Grund für die Unfruchtbarkeit der Bastarde hat sich in den meisten Fällen eine unvollständige Entwicklung der Befruchtungstheile und besonders der Staubkölbchen und des Blütenstaubes herausgestellt. Diese Gesetze, behauptet nun unser Versasser, seien auch für die Thierwelt giltig, und dafür scheinen in der That alle Beobachtungen zu sprechen; er wendet sie aber auch auf die Menschenracen an und theilt uns darüber nach andern Schriftstellern folgendes mit: „In vielen Fällen ist der Widerwille zwischen zwei Thierarten so groß, daß eine Begattung völlig un¬ möglich ist; in andern ist dieser zum Theil unterdrückt (so beim Neger und Weißen) oder er wird durch Gewohnheit oder durch List überwunden. Meist ist dann der Abkömmling völlig unfruchtbar; in anderen Fällen ist er so schlecht gebildet, daß er die Periode des Sängers nicht überlebt, wie beim Maul¬ thiere. Bisweilen sind jedoch die Abkömmlinge fortpflanzungsfähig, aber nur durch Zufluß von reinem Blute eines der Eltern, aus dem sie emspraugen. In noch andern Fällen vermehren sich die Abkömmlinge unter sich, aber nur auf zwei oder drei Generationen und zeigen selbst während dieser Zeit keine Beständigkeit im Charakter. So sagt van Armringe: Wir haben viel Auf¬ merksamkeit hierauf verwandt, haben eine Reihe von Mulattenfamilien unter¬ sucht und uns überzeugt, daß die Kinder selten jene Mittelfarbe zeigen, welche ihre beiden Eltern als reine Mulatten besitzen. In großen Familien von Mulatten (von Halbbluteltern) findet man ganz gewöhnlich einige der Kinder so hellfarbig, als ob eins der Eltern ein Weißer wäre, und einen andern Theil so schwarz, als wenn "eines ein Neger. Jeder praktische Arzt hat Ge¬ legenheit zu bemerken, wieviel mehr die Mulatten den Skropheln und der Schwindsucht unterworfen sind, als Weiße oder Neger. Mit dem Aufhören der Zufuhr von europäischem Blute, sagt Dr. Knor, muß der Mulatte von allen Schattirungen aufhören zu eristiren; er kann seine Race nicht fortpflan¬ zen. Ferner erklärt der Oberst Smith in seiner Rawl-g,! Instor^ ok man: Wir bezweifeln sehr, daß es auch nur eine Mulattenfamilie, aus irgendeinem Stamme entstanden, unter den Tropen gibt, welche durch vier Generationen sich fortgepflanzt hätte u. f. w." Wir sind allerdings nicht in der Lage, die Nichtigkeit der zuletzt angeführten Beobachtungen bestätigen zu können, sie mögen umsomehr einer gewissenhaften Nachforschung bedürfen, da durch ihre Feststellung die Artverschiedenheit der Menschenracen unwiderleglich bewiesen sein würde. Aber reicht auch hierzu Vogts Aufzählung fruchtbarer Bastarde in einer Generation keineswegs aus, so wendet er sich sogleich mit größerem Erfolge nach andern Seiten. Man 13*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/107>, abgerufen am 22.07.2024.